Nach § 24 Abs. 3 S. 1 TabakerzV sind Hersteller und Importeure von elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern verpflichtet, sechs Monate vor dem Inverkehrbringen der Waren die in § 24 Abs. 1, 2 TabakerzV näher konkretisierten Angaben gegenüber der zuständigen Behörde zu machen.
Das Landgericht Hamburg erkennt darin eine doppelte Mitteilungspflicht. Nach seinem Urteil vom 01.06.2018 trifft den Importeur eine eigenständige Mitteilungspflicht, welche nicht durch entsprechende Mitteilungen des Herstellers erfüllt werden kann.
Die Pflichten gemäß § 24 Abs. 1-3 TabakerzV i.V.m. § 23 Abs. 1, 2 TabakerzG stellen dabei Marktverhaltensregelungen dar, deren Verletzung wettbewerbswidrig ist und Unterlassungsansprüche begründet (LG Hamburg, Urteil v. 01.06.2018, Az. 416 HKO 39/18).
1. Das neue Tabakerzeugnisgesetz
Das Gesetz über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse (TabakerzG) ist im Mai 2016 in Kraft getreten. Mit dem neuen Tabakerzeugnisgesetz hat der deutsche Gesetzgeber die EU-Tabak-Richtlinie (RL 2014/14/EU) zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen umgesetzt.
Der Anwendungsbereich des Gesetzes wurde von reinen Tabakerzeugnissen auf verwandte Erzeugnisse, z.B. elektronische Zigaretten, Nachfüllbehälter und pflanzliche Raucherzeugnisse erweitert.
2. Wartefrist vor Inverkehrbringen (Stillhaltepflicht)
In Umsetzung der EU-Tabak-Richtlinie (RL 2014/04/EU) legen sowohl das TabakerzG, als auch die TabakerzV für elektronische Zigaretten besondere Hinweis-, Informations- und Mitteilungspflichten fest, vgl. §§ 13 ff., 23 TabakerzG, §§ 24 TabakerzV.
Diese Regelungen dienen dazu, elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter zu regulieren, um ein hohes Maß an Schutz der öffentlichen Gesundheit sicherzustellen und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten.
Für die in § 24 Abs. 1, 2 TabakerzV normierten Mitteilungs- und Erklärungspflichten sieht § 24 Abs. 3 S. 1 TabakerzV vor, dass die Mitteilung in elektronischer Form sechs Monate vor dem Inverkehrbringen des jeweiligen Produkts erfolgen muss.
3. Welche Angaben sind mitteilungspflichtig?
Diese Mitteilungspflicht betrifft unter anderem:
- den Namen, die Anschrift und die elektronischen Kontaktdaten des Herstellers, Importeurs oder einer vom Hersteller oder Importeur zu bestimmenden, in der Europäischen Union ansässigen verantwortlichen juristischen oder natürlichen Person;
- alle in der elektronischen Zigarette oder im Nachfüllbehälter enthaltenen Inhaltsstoffe und ausgebrachten Emissionen;
- Informationen über die Nikotindosis und -aufnahme bei Konsum unter normalen oder vernünftigerweise vorhersehbaren Bedingungen;
- eine Beschreibung der Bestandteile der elektronischen Zigarette oder des Nachfüllbehälters, einschließlich vorhandener Öffnungs- und Nachfüllmechanismen;
- eine Beschreibung des Herstellungsverfahrens.
4. Wer ist mitteilungspflichtig?
a) Doppelte Mitteilungspflicht
Das Urteil des Landgerichtes Hamburg stellt heraus, dass die Mitteilungspflicht sowohl den Importeur als auch den Hersteller treffe. Sie besteht nach Ansicht des LG Hamburg hinsichtlich der beiden Adressaten jeweils selbständig nebeneinander. D.h., dass beispielsweise den Importeur von elektronischen Zigaretten eine eigenständige Mitteilungspflicht trifft, deren Verletzung er nicht mit einer etwaigen Mitteilung durch den Hersteller oder einen Dritten rechtfertigen kann.
Diese doppelte Mitteilungspflicht solle eine laufende Aufsichts- und Kontrollpflicht der Marktüberwachungsbehörden gewährleisten. Eine einmalige Registrierung sei in diesem Sinne nicht ausreichend. Denn das Produkt solle insgesamt am Markt beobachtet und die eingehenden Informationen hierzu anhand einer breiten Datenbasis verglichen und analysiert werden. Zu diesem Zweck bedürfe es der eigenständigen Mitteilung sowohl durch den Hersteller als auch durch den Importeur.
b) Importeur-Eigenschaft
Die Antragsgegnerin im Verfahren vor dem Landgericht Hamburg bezog die E-Zigarette unmittelbar vom chinesischen Hersteller und galt daher als Importeur im Sinne von § 24 Abs. 1 TabakerzV i.V.m. §§ 23 Abs. 1, 1 Abs. 1 TabakerzG i.V.m. Art. 2 Nr. 39 EU-Tabak-Richtlinie (RL 2040/40/EU).
Somit traf die Antragsgegnerin die eigenständige Mitteilungspflicht, so dass sie sich nicht mit Erfolg auf eine etwaige Mitteilung durch den Hersteller oder einen Dritten berufen konnte. Eine vom chinesischen Hersteller vorgenommene Meldung, auf die sie im Verfahren verwies, wäre selbst dann nicht ausreichend, wenn die Antragsgegnerin sie zur Überzeugung des Gerichts belegen könnte.
c) Eigene Rechtsauffassung
Die vom Landgericht Hamburg postulierte doppelte Mitteilungspflicht schießt weit über das gesetzgeberische Ziel hinaus und dürfte unzutreffend sein. Unserer Rechtsauffassung nach dürften Importeure auf der sicheren Seite sein, wenn sie sich selbst um eine rechtzeitige und ordnungsgemäße Mitteilung kümmern. Das Landgericht Hamburg ist diesbezüglich jedoch, wie gesagt, offensichtlich anderer Meinung. Besonders ärgerlich ist, dass es sich dabei um für den Fall nicht streitentscheidende Ausführungen handelt, die alle Marktbeteiligten weit über die Parteien des Rechtsstreits hinaus unnötig verunsichern dürften. Vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht hätte die Entscheidung in ihrer konkreten Gestalt höchstwahrscheinlich keinen Bestand gehabt. Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg ist aber nun einmal in der Welt.
5. Wie kommt man einer Mitteilungsverpflichtung nach?
Die Erfüllung der Mitteilungspflichten erfolgt nach einschlägigen Informationen des BVL über das Online-Portal der Europäischen Kommission, das EU-CEG (EU-Common Entry Gate).
Für Unternehmen mit einer kleinen IT-Infrastruktur wird ein kostenloses Anwendungsprogramm von der Europäischen Kommission zum Herunterladen bereitgestellt. Alternativ können xml-Dateien über ein Web-Interface in das System geladen werden. Hierzu ist die Einrichtung eines Nutzerkontos bei dem EU-Authentifizierungssystem ECAS erforderlich. Unter Angabe der ECAS-Kennung kann bei der Europäischen Kommission eine Übermittlerkennnummer beantragt werden, die bei jeder Übermittlung bzw. Korrespondenz verwendet wird und aus der die Hersteller oder Importeure die Produktkennnummer für ihre Waren ableiten.
Für Unternehmen mit umfassender IT-Infrastruktur besteht die Möglichkeit einer automatischen Datenübermittlung aus firmeneigenen Datenbanksystemen.
6. Praxishinweis: Haftungsrisiken auch für Händler?
Da Verstöße gegen § 24 Abs. 1-3 TabakerzV i.V.m. § 23 Abs. 1, 2 TabakerzG bußgeldbewährt sind und darüber hinaus die Unterlassungspflicht nach §§ 3, 3a, 8 UWG begründen, somit nicht nur durch Behörden, sondern auch durch jeden Mitbewerber oder spezialisierte Verbände moniert und rechtlich verfolgt werden können, sollten die dort geregelten Mitteilungs- und Erklärungspflichten wie auch die sechsmonatige Wartefrist (Stillhaltepflicht) von Herstellern und Importeuren ernst genommen und eingehalten werden.
Unserer Auffassung nach gilt dies entsprechend auch für Händler, die – anders als im Verfahren vor dem Landgerichts Hamburg – im Einzelfall nicht als Importeure qualifiziert werden können. Auch sie können für den Vertrieb von elektronischen Zigaretten bzw. Nachfüllbehältern, deren Importeure und Hersteller die hier behandelten Pflichten nach § 24 Abs. 1, 2 TabakerzV nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllt haben, bzw. bei denen die Wartefrist nach § 24 Abs. 3 S. 1 TabakerzV noch nicht abgelaufen ist, wettbewerbsrechtlich in Anspruch genommen und belangt werden.