Die Ruhe war trügerisch. Der Heise Verlag berichtet heute von einer neuerlichen Abmahnwelle. Das amerikanische Unternehmen Order Online USA, Inc., vertreten durch die Kanzlei Bode & Partner, mahnt offenbar aktuell Online-Händler ab, die die so genannte Button Lösung noch nicht richtig umgesetzt haben.
Abmahnungen wegen Nichteinhaltung der “Buttonlösung”
Obwohl man sich im Internet an vielen Stellen – unter anderem auch auf unseren Seiten – seit längerem über die gesetzlichen Vorgaben und deren Umsetzung informieren konnte, scheint es nach wie vor zahlreiche Händler zu geben, die diesbezüglich noch keine Änderungen vorgenommen haben. Da die Nichteinhaltung von verbraucherschützenden Vorschriften grundsätzlich auch einen Wettbewerbsverstoß darstellt, dürften die ausgesprochenen Abmahnungen – vorausgesetzt die Order Online USA, Inc. steht auch tatsächlich mit dem jeweils Abgemahnten in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis – materiell durchaus ihre Berechtigung haben.
1000 Abmahnungen=Rechtsmissbrauch?
Der Heise Verlag stellt jedoch unter Berufung auf entsprechende Veröffentlichungen von Rechtsanwaltskanzleien die Vermutung auf, dass es sich bei dem Vorgehen um eine rechtsmissbräuchliche Massenabmahnung handeln könnte. Es sollen hunderte wenn nicht sogar über tausend Abmahnungen ausgesprochen worden sein. Als Indizien für eine solche Massenabmahnung werden in den Berichten fehlerhafte Nummerierungen, eingescannte Unterschriften auf den beigefügten Dokumenten und ein “Schnellzahler-Rabatt”, nach dem die Abgemahnten anstatt einer Zahlung von genannt. Anlässlich der genannten Facebook Abmahnung hatten wir bereits 17 Indizien zusammengestellt, an denen man eine Massenabmahnung erkennen kann.
Die Anzahl alleine ist kein Indiz
Wir hatten aber auch darauf hingewiesen – und dieser Hinweis gilt auch für den vorliegenden Fall -, dass alleine die Anzahl der ausgesprochenen Abmahnungen alleine noch kein Indiz für einen Rechtsmissbrauch darstellt. Die Gerichte weisen immer wieder völlig zu Recht darauf hin, dass massenhafte Rechtsverletzungen grundsätzlich auch ein massenhaftes Vorgehen dagegen erfordern (Stichwort: Filesharing). Alles andere wäre ja auch schlicht grotesk. Denn das würde bedeuten, dass in Rechtspositionen nur zahlreich genügt eingegriffen werden müsste, um dem Berechtigten ein Vorgehen dagegen verweigern zu können. Auch (Flüchtigkeits-)fehler im Anschreiben begründen einen Rechtsmissbrauch noch nicht.
Ist die Order Online USA, Inc. ein “führendes” Unternehmen?
Interessant am vorliegenden Fall ist allerdings, dass die Rechtsanwaltskollegen eine eigene Internetseite eingerichtet haben, auf der sie explizit darauf hinweisen, dass sie das amerikanische Unternehmen Order Online USA, Inc. diesbezüglich vertreten und von dem sie behaupten, dass dies eines der führenden amerikanischen Shoppingunternehmen sei. Eine Googlesuche konnte diese Behauptung zunächst nicht bestätigen, da die Suchergebnisse auf den ersten Seiten hauptsächlich Meldungen über die ausgesprochenen Abmahnungen wiedergegeben.
Eine Überprüfung der Eintragung im Handelsregister des Staates Wyoming ergibt, dass das “führende” amerikanische Unternehmen erst Ende Januar 2013 in Wyoming gegründet wurde. Da Wyoming anders als die meisten anderen amerikanischen Staaten keine Informationen über Geschäftsführer oder Gesellschafter preisgibt, ist dem Register leider nicht viel mehr zu entnehmen. Ob der Bundesstaat Wyoming gerade wegen dieser spärlichen Informationspolitik für die Gründung der Gesellschaft ausgewählt worden ist, können wir natürlich nicht beurteilen.
Abmahnung jedenfalls merkwürdig
Abgesehen von der Frage, ob das Vorgehen tatsächlich rechtsmissbräuchlich ist, hat es natürlich ein “Geschmäckle”, dass eine 2-Mann Kanzlei, die sich nach den eigenen Angaben auf der Internetseite bisher nur am Rande mit dem gewerblichen Rechtsschutz befasst hat, für eine gerade erst gegründete, US-amerikanische Unternehmung, von der weder Gesellschafter noch Geschäftsführer bekannt sind und die auch sonst bisher nicht großartig in Erscheinung getreten ist, Abmahnungen in einer so hohen Zahl ausspricht, dass das diesbezügliche Kostenrisiko allein mehrere 100.000 € beträgt. Letzteres könnte tatsächlich ein Indiz für rechtsmissbräuchliches Verhalten darstellen, nämlich dann, wenn das eingegangene Kostenrisiko in keinem vernünftigem Verhältnis mehr zur wirtschaftlichen Betätigung des Abmahnenden Unternehmens steht.
Oft meinen gerade fachfremde Kollegen, dass mit Abmahnungen das “schnelle Geld” zu machen sei. Das ist nicht nur für die Betroffenen ärgerlich, sondern auch für alle anderen redlich und seriös arbeitenden Rechtsanwälte, deren Ruf in der Öffentlichkeit wegen einzelner “schwarzer Schafe” leidet.
Sollten auch Sie von einer solchen Abmahnung betroffen sein, können Sie sich gerne bei uns melden. Oft gibt es elegante Wege, massenhaft ausgesprochene Abmahnungen bereits wegen ihrer handwerklichen Fehler “unschädlich” machen. Daneben kann man den – dann hoffentlich kostenlosen – Hinweis auf eine suboptimale Gestaltung des eigenen Shops zum Anlass nehmen, etwaige Fehler zu beheben. (la)