Abschiedsgedanken zur Anwaltsstation im Referendariat

Vielen Dank zurück, Frau Ruland!Meine Zeit in der Anwaltsstage ist jetzt vorbei. Die nächsten Wochen heißt es umschalten. Die Examensklausuren kommen und die Vorbereitung darauf wird viel abverlangen. Die volle Konzentration darauf ist geboten. Mein persönlicher Lernplan steht!

Dennoch möchte ich noch einmal einen Blick zurück auf die letzten Monate beim Anwalt werfen.

Vorab kann ich das Fazit verraten: Es gab Überraschungen und glücklicherweise nur gute.

Traumjob bleibt!

Eine gute Überraschung ist, dass ich erleichtert feststelle, dass sich mein Berufswunsch bestätigt hat und der ganze Aufwand des Studiums sich scheinbar gelohnt hat. Das ist nicht selbstverständlich, denn ich habe schon von Referendarskollegen gehört, die leider erst mit den Stationen im Referendariat feststellen mussten, dass Jura in der Praxis nichts für sie ist.

Mir gefiel Gott sei Dank die Arbeit mit den Akten gut. Es machte Spaß mit abwechselnden rechtlichen Problemen konfrontiert zu werden, nach Lösungen zu suchen, Schreiben zu verfassen und dann die Reaktion der Gegenseite abzuwarten oder zu erfahren wie das Gericht entschied. Klar, ich berichte vom status quo als Referendarin. Natürlich werden sich, wenn man Anwältin ist, Fälle ab und an wiederholen und die Arbeit als Anwältin wird mal mehr mal weniger Spaß machen und mit Erfolg und Niederlagen zu tun haben, man wird sich über Gegner ärgern oder über Gerichte und sich mit schwierigen Mandanten auseinandersetzen müssen. Dann trägt man die Verantwortung selbst aber ich muss sagen, ich bin zuversichtlich und nicht abgeschreckt. Vor allem glaube ich, dass wenn man mit dem Rechtsgebiet arbeitet, welches einem Spaß macht, dann wird einem die Arbeit Freude bereiten. Das wurde mir jedenfalls in der Stage durch die Anwälte vorgelebt.

Erstes Fazit ist also: Anwältin bleibt mein Traumjob.

„Ich stolper nicht mehr ins Internet, ich habe keine Angst davor, aber ich denke nach.“

Bezüglich des Berufswunschs hat sich also nichts geändert. Aber etwas an mir hat sich verändert. Wenn man eine Weile mit den Rechten der geistigen Schöpfung sowie den Rechtsproblemen, die durch die modernen Medien entstehen befasst ist, entwickelt man auch im Alltag ein anderes Bewusstsein. Zum Beispiel wenn man sich das Internet als Medium anschaut. Ich meine nicht, dass ich jetzt ängstlicher mit dem Medium Internet umgehe und das wäre auch nicht die Lösung. Denn man kann sich heutzutage kaum noch vom Internet loslösen: Verabredungen zum Wochenende geschehen über Social Networks, man liest Zeitung im Internet, schaut sich Videos auf Youtube an, bekommt per E-Mail interessante Links geschickt, man bewertet einen Kauf bei Ebay und Freunde kommen aus dem Urlaub und laden ihre Fotos in Clouds hoch.

Ich stolper nicht mehr ins Internet, ich habe keine Angst davor aber ich denke nach. Es ist einfach so, dass ich über eine bessere Passwortsicherung des W-LAN zu Hause nachdenke, mit Sorge sehe, wie Freunde bei Facebook Fotos von Dritten hochladen, darauf aufmerksam werde, dass jemand in Foren seinen Unmut Luft macht und dabei beleidigend wird, ich nicht mehr einfach Videos verlinke, wenn ich nicht sicher weiß, dass der Schöpfer des Videos damit einverstanden ist und Bekannten sage, dass Streaming nicht immer legal ist. Ich gehe also bewusster mit dem Internet um. Ich möchte selbstkritisch zugeben, dass Juristen dazu neigen, anderen mit ihrem Wissen auf den Nerv zu gehen aber in Punkto Internet ist es bestimmt hilfreich.

Mehr Respekt vor Künstlern

Auch meine Einstellung zu Künstlern hat sich geändert. Ich habe mehr Respekt vor ihrer Arbeit und bin mir ihrer Leistung bewusster.

Ich denke, in jedem Bekanntenkreis hat schon mal einer eine Abmahnung erhalten. Das Gefühl ertappt worden zu sein macht die Betroffenen oft hilflos und wütend. Man hört die Leute sagen der „blöde Sänger XY verdient doch genug“. Ich bin selber kein Fan von einem Musiker, der in Beverly Hills in einer dicken Villa lebt. Ich höre lieber eine Musikrichtung, die nicht ganz so bekannt ist, die eine kleinere Fangemeinde hat , in der die Künstler nicht ganz oben sind, sondern oft noch einem normalen Beruf nachgehen müssen, weil sie von ihrer Musik meist nicht leben können. Bei diesen Bands tut es mir besonders Leid, wenn man denen noch ihren kleinen Nebenverdienst durch Filesharing zerstört, obwohl sie aus meiner Sicht für ihre Musik und Leistung mehr verdient hätten. Natürlich hat meiner Meinung nach auch der Hollywoodstar den Lohn für seine Leistung verdient, aber mit Sorge denke ich an die jungen Künstler, die sich ihren Platz erst sichern und vielleicht feststellen müssen, dass sich die Hingabe für ihre Werke nicht lohnt.

Wahrscheinlich werden in der Zukunft diese Probleme auch für Autoren größer. Denn diese stehen jetzt vor der Entscheidung ihre Bücher digitalisieren zu lassen, damit ihre Leser sie auf Kindle und Co. lesen können. Ich führe mir gerade vor Augen, wie schwer es einem Autor fallen muss, die Entscheidung dafür zu treffen. Wenn er nicht mit der Zeit geht, wird er wahrscheinlich Leser verlieren, wenn er es doch macht, läuft er Gefahr, dass seine Bücher kopiert und kostenlos angeboten werden. Es sind solche Fragen, die mich jetzt manchmal in einer ruhigen Minute beschäftigen. Mir ist jedenfalls jetzt bewusster, dass die Chancen, die Entwicklung und die Existenz eines Künstlers auch von einer geldwerten Gegenleistung abhängen.

Viel Interessantes gab es kennen zu lernen!

Gerade fällt mir immer mehr ein, wozu ich noch was schreiben könnte, ich denke an den Schutz von Geschmacksmustern und Marken oder an Menschen, die ungewollt in Presseartikeln erschienen sind und anwaltlicher Hilfe bedürfen. Die Themen in der Kanzlei interessierten mich insgesamt sehr. Deswegen habe ich mir diese Kanzlei auch ausgesucht. Es waren nicht unbedingt die Gebiete, die im Examen abgefragt werden aber dadurch, dass es Rechtsgebiete waren die mir gefielen, konnte ich mich mit mehr Engagement und Kraft zum Lernen bewegen.

„Auf Wiedersehen“ Kanzlei! / „Hallo“ Examen!

Ich will es gar nicht wagen eine Prognose für die Zukunft abzugeben. Ich finde als Jura-Examenskandidat, weiß man nie 100%-ig, wie es ausgeht und wo man einmal landet. Ich bin aber froh zu wissen was mir gefällt und jetzt konzentriere ich mich aufs Examen und sage „Tschüss!“ und „Danke Euch!“ zu meiner Kanzlei. (jr)

(Bild: © Gina Sanders – Fotolia.com)

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