Arbeitsgerichte zuständig bei unerlaubter Handlung nach Kündigung

Zuständigkeit unerlaubte Handlung nach Kündigung

zolnierek – stock.adobe.com

Begeht ein Arbeitnehmer als Reaktion auf eine ausgesprochene Kündigung gegenüber seinem ehemaligen Arbeitgeber eine unerlaubte Handlung, kann dies die ausschließliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte begründen. Dies hat das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 25.11.2021, Az. 16 W 45/21).

In dem Fall, den das OLG Düsseldorf nun zu entscheiden hatte, war der Beklagte bei seinem Bruder, dem  Kläger, in einem Architekturbüro als Bauleiter beschäftigt. Sein Bruder kündigte dem Beklagten, laut Arbeitszeugnis „aus emotionalen Gründen“. Überrascht und enttäuscht über die Kündigung bewertete der Beklagte seinen vormaligen Arbeitgeber auf dem Arbeitgeber-Bewertungsportal kununu.de in mehrfacher Hinsicht negativ. Darüber hinaus tauchten negative Google-Rezensionen auf, als deren Verfasser nach den Angaben im Internet der Bruder erschien.

Unterlassung wegen Google-Rezensionen verlangt

Der Kläger erhob gegen die Äußerungen Unterlassungsklage beim Landgericht Mönchengladbach. Mit dieser verlangte er die Unterlassung einzelner Äußerungen. Der Kläger warf dem Arbeitnehmer vor, mit drei Veröffentlichungen bei Google, mit welchen er sich zu Unternehmensinterna geäußert habe, seine Pflicht aus § 10 des Arbeitsvertrags („Geheimhaltungs-/Verschwiegenheitspflicht“) verletzt zu haben. Weil der Beklagte die Rezensionen mit dem Architekturbüro verknüpft habe, liege darin zugleich ein Eingriff in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Rechtswegzuständigkeit gerügt

Der Beklagte rügte daraufhin die Rechtswegzuständigkeit des angerufenen Landgerichts. Er beantragte, gemäß § 17a Abs. 3 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu entscheiden. Das Landgericht erklärte daraufhin per Beschluss den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig. Das Landgericht begründete dies damit, dass der Kläger jedenfalls in erster Linie Ansprüche aus § 823 Abs. 2 i. V. m. § 1004 BGB geltend mache. Schon deswegen sei der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet. Ob daneben noch Ansprüche aus einer Verletzung der Pflichten gemäß § 10 des Arbeitsvertrags in Betracht kämen, könne im Hinblick auf § 17 Abs. 2 GVG dahinstehen.

Landgericht: Ordentlicher Rechtsweg zulässig

Der Beklagte erhob beim OLG Düsseldorf sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Mönchengladbach. Er war der Ansicht, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht zulässig sei. Vielmehr sei eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gegeben aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 c) und d) Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG). Das Landgericht führte in seiner Begründung aus, es fehle insbesondere an der für eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 d) ArbGG erforderlichen inneren Beziehung zum Arbeitsverhältnis. Die Äußerungen, deren Unterlassung der Kläger verlange, wiesen keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auf, sondern könnten genauso auch dann gefallen sein, wenn der Beklagte nicht als Arbeitnehmer beim Kläger tätig gewesen wäre.

Unterlassungsansprüche nicht ordentlichen Gerichten vorbehalten

Das OLG Düsseldorf weist in seinem Beschluss darauf hin, dass der Begriff der bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten aus unerlaubter Handlung nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur weit auszulegen sei. Dabei spiele es keine Rolle, aus welchen bürgerlich-rechtlichen Anspruchsgrundlagen sich diese ergeben, soweit ihnen unerlaubte Handlungen im Sinne des weiten Begriffsverständnisses von § 2 Abs. 1 Nr. 3 d) ArbGG zugrunde liegen. Die Prüfung eines Unterlassungsanspruchs aus § 823 Abs. 2 i. V. m. § 1004 BGB sei deshalb entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht den ordentlichen Gerichten vorbehalten. Eine unerlaubte Handlung könne im Übrigen auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses begangen werden. Voraussetzung sei dann lediglich, dass sie in einer inneren Beziehung zum Arbeitsverhältnis der Parteien stehe.

Innerer Zusammenhang zwischen unerlaubter Handlung und Arbeitsverhältnis?

Ebenso beschloss das OLG Düsseldorf, dass der nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 d) ArbGG geforderte innere Zusammenhang zwischen unerlaubter Handlung und Arbeitsverhältnis keine Kausalität verlangt, die andere Einflüsse vollständig ausschließt. Einen inneren Zusammenhang sah das OLG Düsseldorf im konkreten Fall als gegeben an. Der Annahme eines inneren Zusammenhangs stehe nicht entgegen, dass das Verhältnis zwischen dem Leiter des Architekturbüros und seinem Bruder auch ungeachtet des Arbeitsverhältnisses nicht spannungsfrei gewesen sein möge. Doch familiäre Spannungen, für die sich in den Äußerungen Anhaltspunkte finden ließen, hätten die Verbindungslinie zwischen dem Arbeitsverhältnis und seiner Entwicklung einerseits und den vom Kläger beanstandeten Äußerungen andererseits „weder verdrängt noch vollständig überlagert“. Sie hätten zwar einen Einfluss auf den Inhalt der Äußerungen gehabt haben mögen, hätten aber für sich genommen keinen stimmigen Anlass für die konkreten Veröffentlichungen gegeben.

Arbeitsgericht örtlich zuständig

Das OLG Düsseldorf entschied: Da sich die ausschließliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte bereits aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 d) ArbGG ergebe, könne dahinstehen, ob sie auch nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a) ArbGG oder nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 c) ArbGG zu bejahen wäre. Es erklärte den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig und verwies den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Mönchengladbach.

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf bedeutet mehr Arbeit für Arbeitsgerichte und weniger Fälle, die bei ordentlichen Gerichten landen.

Exit mobile version