Das Europäische Gericht (EuG) hat mit Urteil vom 06.10.2011, in der Rechtssache T-508/08, Bang & Olufsen A/S / HABM entschieden, dass die Form eines Lautsprechers von dem dänischen Herstellerunternehmen nicht als Gemeinschaftsmarke angemeldet werden kann, da die Marke ausschließlich aus der Form besteht, die dem Produkt einen wesentlichen Wert verleiht. Die Entscheidung ist im Volltext auf der Internetseite des Gerichtshofs der Europäischen Union veröffentlicht.
Hintergrund der Entscheidung war die Anmeldung eines dreidimensionalen Zeichens durch das Unternehmen Bang & Olufsen A/S beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM). Zunächst wiesen die Prüfer des HABM die Anmeldung mit der Begründung zurück, der Marke fehle die notwendige Unterscheidungskraft, woraufhin Bang & Olufsen beim EuG erfolgreich Klage erhob. Das EuG sah die Unterscheidungskraft als gegeben an. Somit mussten die Prüfer der Beschwerdekammer des HABM über die Anmeldung zur Gemeinschaftsmarke entscheiden.
Die Beschwerdekammer des HABM kam zu dem Ergebnis, dass ein Eintragungshindernis nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. iii der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke (Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20.12.1993 über die Gemeinschaftsmarken (Abl. 1994, L 11, S. 1); jetzt Verordnung Nr. 207/2009) vorliege. Denn das als Marke angemeldete Zeichen – also die dreidimensionale Form der Lautsprecher – bestehe ausschließlich aus der Form, die der Ware einen wesentlichen Wert verleihe. Mit dieser Begründung wurde die Anmeldung abermals zurückgewiesen.
Bang & Olufsen reichte nach Art. 233 EG und Art. 63 Abs. 6 der (alten) Verordnung Nr. 40/94 Klage vor dem EuG ein, über die die Richter mit dem hier besprochenen Urteil entschieden haben. Sie sahen auch in der zweiten Zurückweisung der Anmeldung keine fehlerhafte Entscheidung des HABM.
Nachschieben von Versagungsgründen erlaubt
Zwei Aspekte des Urteils sind besonders hervorzuheben:
1. Zum einen ist es möglich, dass eine Zurückweisung der Markenanmeldung auf „neue“ Eintragungshindernisse gestützt wird.
2. Zum anderen gehört zwar auch die Form einer Ware zu den markenfähigen Zeichen, jedoch kann die Eintragung der Form als Gemeinschaftsmarke dann ausgeschlossen sein, wenn sie lediglich aus der Form besteht, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht.
In Bezug auf den ersten Punkt wird in dem Urteil zunächst darauf hingewiesen, dass nach einer Entscheidung des EuG über eine Markenanmeldung, das HABM notwendigerweise die Wiedereröffnung des Prüfverfahrens über die Anmeldung vornimmt. Innerhalb dieser Prüfung muss das HABM von Amts wegen wiederum die absoluten Eintragungshindernisse prüfen, Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009) und den zugrunde liegenden Sachverhalt ermitteln. Die Verordnung gebe zudem keine bestimmte Reihenfolge bei der Prüfung der Eintragungshindernisse vor. Stützt die Beschwerdekammer eine Zurückweisung der Markenanmeldung auf ein neues, absolutes Eintragungshindernis, nachdem zuvor im Ausgangsverfahren die Zurückweisung auf ein anderes Eintragungshindernis gestützt wurde, ist dies zulässig.
Grundsätzlich können auch Formen als Marke eingetragen werden…
Zweitens soll hervorgehoben werden, dass auch die Form einer Ware durchaus eine Gemeinschaftsmarke darstellen kann. Zeichen, die grafisch darstellbar sind, also Skizzen, Wörter, Abbildungen, die Form der Ware oder deren Aufmachung können eingetragen werden, sofern sie geeignet sind, die Ware oder Dienstleistung eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden, Art. 4 der Verordnung Nr. 40/94 beziehungsweise jetzt Verordnung Nr. 207/2009. Weitere Voraussetzung ist aber zudem, dass kein absolutes Eintragungshindernis vorliegt. Hier sahen die Prüfer der Beschwerdekammer des HABM jedoch das Eintragungshindernis aus Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. iii der Verordnung Nr. 40/94, jetzt Verordnung Nr. 207/2009 als gegeben an. Hiernach sind von der Eintragung solche Zeichen ausgeschlossen, die ausschließlich aus der Form bestehen, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht
…allerdings dann nicht, wenn die Form dem Produkt einen wesentlichen Wert verleiht
Auch die Richter des EuG sahen die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. iii der Verordnung Nr. 40/94, jetzt Verordnung Nr. 207/2009 als gegeben an. Hierzu wird ausgeführt:
„Im vorliegenden Fall ist zur Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. iii der Verordnung Nr. 40/94 festzustellen, dass das Design für die in Rede stehende Ware ein für die Wahl des Verbrauchers sehr wichtiges Kriterium ist, obwohl er auch auf andere Merkmale der fraglichen Ware achtet.
Die Form, für die die Eintragung beantragt worden ist, weist nämlich ein ganz besonderes Design auf, und die Klägerin räumt selbst ein, […], dass dieses Design ein wichtiges Element ihrer Markenpolitik ist und die Anziehungskraft der fraglichen Ware, d.h. ihren Wert, erhöht.“
Außerdem ergebe sich aus angeführten Unterlagen, nämlich Auszügen aus Internetseiten von Vertriebshändlern, Online-Auktionshäusern und Second-hand Shops, dass
„die ästhetischen Merkmale dieser Form an erster Stelle hervorgehoben werden und dass eine solche Form als eine reine, schlanke und zeitlose Skulptur zur Wiedergabe von Musik wahrgenommen wird, was ihr erhebliches Gewicht als Verkaufsargument verleiht.“
Zu guter Letzt wiesen die Richter darauf hin, dass es unschädlich sei, dass neben der Form der Ware andere Merkmale, wie zum Beispiel die technischen Eigenschaften erhebliche wertbildende Faktoren darstelle.
Der Schutz aus Geschmacksmuster bleibt unberührt
Hier hätte sich Bang & Olufsen vielleicht besser (nur) auf den Schutz des Geschmacksmusters verlassen sollen. Denn hierbei sind die Eintragungshindernisse nach § 18 GeschmMG in Verbindung mit §§ 1 Nr. 1, 3 Abs. 1 Nr. 3 oder Nr. 4 GeschmMG weitaus abgeschwächter. Das Zeichen aus dem hier besprochenen Urteil genießt ist als Geschmacksmuster unter der Geschmacksmusternummer M9201685-0001 eingetragen und genießt als solches Schutz.
Dass auch Geschmacksmuster wehrhafte Zeichen sind, zeigt sich z.B. anhand des aktuellen Rechtsstreits zwischen Apple und Samsung über den Tablet-PC. Apple erwirkte – unter Berufung auf das Geschmacksmuster am iPad – eine einstweilige Verfügung gegen die deutsche Samsung Electronics GmbH, worin Samsung untersagt wurde, sein Tablet Galaxy Tab 10.1 zu benutzen, insbesondere herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen, einzuführen, auszuführen und/oder zu diesen Zwecken zu besitzen. Wir haben darüber berichtet. (cr)