BGH: Keine Haftung für Inhalte von RSS-Feeds
Der BGH hat am 27. März 2012 (Az.: VI ZR 144/11) geurteilt, dass der Betreiber eines Informationsportals, der erkennbar fremde Nachrichten anderer Medien (hier: RSS-Feeds) ins Internet stellt, grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen.
Er ist erst dann zur Verantwortung zu ziehen, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. So beispielsweise, wenn ein Betroffener den Betreiber eines solchen Informationsportals auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Inhalt einer in das Portal eingestellten Nachricht hinweist. In einem solchen Fall kann der Betreiber des Portals als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern.
Haftung bei Zu-Eigen-Machen oder selbst verfassen des Textes
Zunächst hat der BGH erneut angemerkt, dass die Haftungsbeschränkung des § 10 Satz 1 TMG nicht für Unterlassungsansprüche gilt.
Auf Unterlassung zu haften setzt voraus, dass die Meldung selbst verfasst oder sie sich zu eigen gemacht wird. Hierzu gibt der BGH an, dass es auf eine objektive Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände ankommt, wobei insbesondere die Frage der inhaltlichen redaktionellen Kontrolle der fremden Inhalte und die Art der Präsentation von Bedeutung sind. Ein Zu-Eigen-Machen liegt nach Ansicht des BGH regelmäßig vor, wenn die fremde Äußerung so in den eigenen Gedankengang eingefügt wird, dass die gesamte Äußerung als eigene erscheint. Auch lediglich undistanziert wiedergegebene Äußerungen Dritter können dem Vertreiber zugerechnet werden, wenn er sie sich zu eigen gemacht hat.
In dem vorliegenden Fall gilt, wie bei RSS-Einbindung üblich, dass keine redaktionelle Kontrolle durchgeführt wurde. Die Einbindung geschieht automatisiert im Rahmen eines bestehenden Abonnementvertrages und wird ungeprüft übernommen. Ein Zu-Eigen-Machen findet damit nicht statt. Denn die dargestellten Inhalte sind auch als fremd gekennzeichnet worden, indem sich direkt unter der Überschrift der Verweis auf die Ursprungs- bzw. Zielseite – hier: “Bild.de” – befindet. Dadurch wird dem Leser hinreichend deutlich gemacht, dass es sich bei dem Artikel nicht um eine eigene Berichterstattung der Beklagten, sondern um eine fremde Nachricht handelt.
Um eine Haftung begründen zu können, müssten weitere Anhaltspunkte hinzukommen, die im vorliegenden Fall nicht gegeben waren.
Zur Verbreiterhaftung
Weiter geht der BGH darauf ein, dass auch deshalb nicht auf Unterlassung gehaftet wird, weil die beanstandete Meldung zum Abruf bereitgestellt und dadurch verbreitet wurde. Das reiche nicht für eine Störerhaftung. Denn die Störerhaftung in der Form der Verbreiterhaftung darf nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Eine Haftung des Verbreiters fremder Nachrichten als Störer setzt nach deshalb Ansicht des BGH die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten, voraus; deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zuzumuten ist.
Sobald also Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangt wird, sollte gehandelt werden. Andernfalls kann man als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern. (fw)