BGH zu Autocomplete-Funktion: Google muss Suchvorschläge löschen

Mit Spannung wurde eine Entscheidung des BGH zu der „Autocomplete-Funktion“ der Internetsuchmaschine „Google“ erwartet. Heute nun hat der BGH entschieden, Az. VI ZR 269/12.

Was ist die „Autocomplete-Funktion“?

Die „Autocomplete-Funktion“ funktioniert so: Während der Eingabe von Suchbegriffen in die Suchmaschine „Google“ werden den Nutzern in einem sich öffnenden Fenster automatisch verschiedene Suchvorschläge in Form von Wortkombinationen angezeigt. Laut Google werden die im Rahmen dieser Suchergänzungsfunktion angezeigten Suchvorschläge anhand eines Algorithmus ermittelt, der unter anderem die Anzahl der von anderen Nutzern eingegebenen Suchanfragen einbezieht.

Scientology und Betrug?

Im zu entscheidenden Fall hatte der Kläger festgestellt, dass bei Eingabe seines Namens bei der Suchmaschine als weitere Suchvorschläge die Wortkombinationen mit seinem Namen und den Begriffen „Scientology“ und „Betrug“ erschienen.

Der Kläger sah sich dadurch in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt, da er weder Verbindungen zu Scientology habe, noch ein Ermittlungsverfahren wegen Betruges gegen ihn anhängig sei. Er forderte somit von dem Unternehmen Google mit Sitz in den USA, es zu unterlassen, im Rahmen der „Autocomplete-Funktion“ diese Wortkombinationen mit den Wörtern „Scientology“ sowie „Betrug“ zusammen mit seinem Namen anzuzeigen.

Der BGH hat einen Unterlassungsanspruch des Klägers aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB i.V.m. Art. 1, 2 GG bejaht. Der BGH begründet seine – konsequente – Entscheidung wie folgt:

Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung liegt vor, da den Wortkombinationen mit dem Namen des Klägers und den negativ belegten Begriffen „Scientology“ und „Betrug“ ein fassbarer Aussagegehalt innewohnt, der in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Kläger steht.  Der Kläger hat in diesem Zusammenhang vorgetragen, dass ein solcher Sachzusammenhang seiner Person mit diesen beiden Begriffen nicht bestehe. Dies konnte Google offensichtlich nicht widerlegen.

Google hatte hingegen argumentiert, dass die automatischen Vervollständigungen nichts über den Betroffenen aussagen würden, sondern lediglich das Suchverhalten der Nutzer wiedergeben würden.

Google haftet nach Kenntnisnahme

Laut BGH ist diese Rechtsverletzung der Suchmaschine auch unmittelbar zuzurechnen. Sie hat das Nutzerverhalten analysiert und dementsprechend diese Suchergänzungsvorschläge angezeigt. Das oberste Gericht hat hierzu aber auch ausdrücklich klargestellt, dass Google nicht – wie bei der Störerhaftung generell – für jede Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Suchvorschläge hafte, sondern nur bei der Verletzung zumutbarer Prüfpflichten.

Dies bedeutet, dass Google bzw. andere Diensteanbieter nicht verpflichtet sind, regelmäßig sämtliche Suchergänzungsvorschläge auf mögliche Rechtsverletzungen hin zu überprüfen. Der Diensteanbieter haftet erst ab Kenntnis von einer Rechtsverletzung als Störer und ist auch erst dann zur Löschung verpflichtet. Die Löschung muss dann allerdings unverzüglich erfolgen, anderenfalls haftet er auf Unterlassung wie im vorliegenden Fall. Der im Gesetz genannte Begriff der „Unverzüglichkeit“ wurde bislang noch nicht höchstrichterlich geklärt – im Internet sollte eine unverzügliche Löschung aber innerhalb von 24 Stunden erfolgen.

Der Fall wird nun an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gewinnt jetzt auch Bettina Wulff ihre Klage?

Ein ähnlicher Fall wurde lange in der Öffentlichkeit diskutiert, der Fall Bettina Wulff. Wir hatten bereits  im September 2012 über den Fall berichtet und Frau Wulff anders als viele andere Rechtsanwaltskollegen nicht unerhebliche Erfolgsaussichten prophezeit. In dem Verfahren wurde diese Entscheidung des BGH abgewartet, so dass nun zu erwarten ist, dass Frau Wulff mit ihrem Unterlassungsbegehren Erfolg haben wird. (nh)

Update 9.4.2014: OLG Köln verurteilt Google zur Unterlassung wegen Autocomplete

 

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