Von unerlaubten Anspielungen, oder: „Champagner“ ist auch geschützt, wenn man nur damit wirbt
Geografische Herkunftsangaben sind ein wichtiges Schutzgut im Markenrecht. Die Region, aus der etwa ein landwirtschaftliches Erzeugnis stammt, verspricht dem Verbraucher Qualität. Ein ganz besonderer Fall einer solchen Qualitätszuschreibung ist der Champagner. Ein Schaumwein darf nur „Champagner“ genannt werden, wenn die Trauben im französischen Weinanbaugebiet Champagne gelesen wurden, das 2015 zum Weltkulturerbe der UNESCO erhoben wurde. Darüber wacht die Vereinigung zum Schutz der Interessen der Erzeuger von Champagner (CIVC).
Eine Bar namens „Champanillo“
Die markenrechtlichen Trauben hängen also hoch für einen Schaumwein, der „Champagner“ sein will. Doch nicht nur das Produkt selbst mit der noblen Herkunft ist besonders geschützt, auch jede anderweitige Verwendung zu kommerziellen Zwecken, die auf eben diese Herkunft anspielt, unterliegt den Bedingungen, die mit der geschützten Ursprungsbezeichnung verbunden sind. So missfiel der CIVC die Werbung einer spanischen Tapas-Bar-Kette mit dem Namen „Champanillo“.
Herkunftsbezeichnung auch bei Verwendung für Dienstleistungen geschützt
Der Fall landete in Spanien vor Gericht. Dieses bat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Klärung der Frage, ob der unionsrechtliche Schutz von Herkunftsangaben auch bei der Bezeichnung von Dienstleistungen greife. Und der EuGH entschied (EuGH, Urteil v. 9.9.2021, Az.: C-783/19): Ja, geografische Herkunftsbezeichnungen sind auch bei Verwendung für Dienstleistungen geschützt, also etwa zum Zweck der Werbung für einen Gastronomiebetrieb, dessen Name auf eine Region anspielt, aus der Produkte mit geschützter Ursprungsbezeichnung stammen.
Woran denkt der Europäer?
Die Luxemburger Richter wiesen darauf hin, das die einschlägige EU-Verordnung Nr. 1308/2013 einen weiten Schutzbereich habe, der sich auf alle Verwendungen erstrecke und auch Anspielungen erfasse, also die Verwendung leicht abgewandelter Bezeichnungen, die immer noch erkennen lassen, worauf angespielt wird. Wie im Fall von „Champanillo“, einem Namen, bei dem der „normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige europäische Durchschnittsverbraucher einen hinreichend unmittelbaren und eindeutigen gedanklichen Zusammenhang“ zu „Champagner“ herstellt.
Entscheidung steht aus
Jetzt geht die Sache zurück nach Spanien. Das dortige Gericht muss die Frage, ob die Anspielung gegeben ist und ob sie ausreicht, den Schutz der Herkunftsbezeichnung zu verletzen, noch einmal eigens prüfen, ehe es eine Entscheidung für oder gegen den Eigentümer der Tapas-Bar-Kette fällt. Danach darf die obsiegende Partei dann auf das Urteil anstoßen. Womit auch immer.
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.