DSGVO: Umfassender Auskunftsanspruch
Vor dem LG Köln ging es bei einer Klage gegen eine Krankenkasse wieder einmal um die Frage, was sich hinter dem Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO verbirgt.
Die Richter betonten in ihrer Entscheidung, dass dieser umfassend zu verstehen sei und sich auch auf Gesprächsvermerke und Telefonnotizen beziehe (LG Köln, Urteil v. 11.11.2020, Az.: 23 O 172/19).
Auch Wünsche und Werturteile sind Daten
Für das LG Köln besteht zu allen Informationen, die zu einer Person vorliegen, ein Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO, also nicht nur zu „persönlichen Informationen wie Identifikationsmerkmale (z.B. Name, Anschrift und Geburtsdatum)“ und „äußeren Merkmalen (wie Geschlecht, Augenfarbe, Größe und Gewicht)“, sondern auch zu „inneren Zuständen (z.B. Meinungen, Motive, Wünsche, Überzeugungen und Werturteile)“ sowie „sämtliche Informationen wie etwa Vermögens- und Eigentumsverhältnisse, Kommunikations- und Vertragsbeziehungen und alle sonstigen Beziehungen der betroffenen Personen zur Dritten und ihrer Umwelt“. Also: Alles, was einer bestimmten Stelle an Informationen über eine Person vorliegt. Und sei es auch nur als Gesprächsvermerk oder Telefonnotiz.
Einwände müssen zurücktreten
Geht das nicht zu weit? Nein, so das LG Köln. Rechtsmissbräuchlich werde das Auskunftsbegehren erst bei „offenkundig unbegründeten oder – insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung – exzessiven Anträgen einer betroffenen Person“ (Art. 12 Abs. 5 DSGVO). Und auch abweichende branchenspezifische Standards brechen den Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO nicht; die Krankenkasse hatte sich auf den Code of Conduct der Versicherungswirtschaft zurückgezogen, drang damit vor dem LG Köln aber nicht durch. Es widerspräche dem weit gefassten Begriff der „personenbezogenen Daten“ nach Art. 4 DSGVO, wenn „Verbände und andere Vereinigungen“ nach Art. 40 Abs. 2 DSGVO den Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 Abs. 1 DSGVO eigenmächtig begrenzen dürften. Eine solche Befugnis sei auch dem Art. 40 DSGVO nicht zu entnehmen, betonten die Richter.
Auch Technik ist kein Hinderungsgrund
Schließlich kann sich die Krankenkasse auch nicht darauf zurückziehen, dass die Auskunft nur mit großer Mühe erteilt werden könne und aufgrund der Vielzahl der Versicherungsnehmer „unverhältnismäßig“ sei. Das LG Köln referenziert dazu auf eine unmissverständliche Entscheidung des OLG Köln (OLG Köln, Urteil v. 26.7.2019, Az.: 20 U 75/18), nach der es einer Einrichtung oder einem Unternehmen, dass sich der elektronischen Datenverarbeitung bedient, obliege „diese im Einklang mit der Rechtsordnung zu organisieren“ und dafür zu sorgen, „dass dem Datenschutz und den sich hieraus ergebenden Rechten Dritter Rechnung getragen wird“.
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.