Die viel beschworene DSGVO-Abmahnwelle ist bisher ausgeblieben.
Das könnte unter anderem auch daran liegen, dass die Rechtslage in Bezug auf die Aktivlegitimation, d.h. mit Hinblick auf die Frage, wer Verstöße gegen die Datenschutzgrundverordnung geltend machen kann, bisher nicht eindeutig geklärt ist.
Jetzt gibt es eine Gerichtsentscheidung, die die “Abmahnbarkeit” von Verstößen gegen die DSGVO für Wettbewerber ablehnt.
Die “Abmahnbarkeit” von DSGVO-Verstößen ist unklar
Es gibt gewichtige Stimmen, die eine Anspruchsberechtigung der Wettbewerber speziell für die DSGVO verneinen. Denn nach Art. 80 Abs. 2 DSGVO soll die DSGVO die Rechtsfolgen von Verstößen gegen die DSGVO abschließend regeln (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler UWG § 3a Rn. 1.40a). Andere meinen, dass die DSGVO die Aktivlegitimation nicht abschließend regele, was daran erkennbar sei, dass die Art. 77 ff. DS-GVO selbst anderweitige Rechtsbehelfe ausdrücklich vorsähen, so zB in Art. 77 I, 78 I, 79 I DS-GVO (Schreiber, GRUR-Prax 2018, 371).
LG Würzburg erlässt erste einstweilige Verfügung wegen DSGVO-Verstoß
Erst vor kurzem hatten wir von einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts Würzburg berichtet, mit der einer Rechtsanwältin unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 oder Ordnungshaft verboten, ihre Homepage ohne Verschlüsselung und ohne ausreichende Datenschutzerklärung zu betreiben (LG Würzburg, Beschluss v. 13.9.2018, Az. 11 O 1741/18).
Deren Begründung beschäftigte sich jedoch mit der Frage überhaupt nicht, ob Wettbewerber Verstöße gegen die DSGVO überhaupt verfolgen können. Es steht zu vermuten, dass das Gericht das Problem in dem – bisher einseitig gebliebenen – einstweiligen Verfügungsverfahren schlicht übersehen hatte, da sich anderenfalls wenigstens kurz mit dem Streitstand befasst hätte.
Landgericht Bochum lehnt “Abmahnbarkeit” ab
Der Kollege Hufendiek weist aktuell auf eine Entscheidung des Landgerichts Bochum aus dem August 2018 hin (LG Bochum, Urteil v. 7.8.2018, Az. 12 O 85/18), die sich zu dem Streit geäussert und in der sich das Gericht der die Aktivlegitimation von Mitbewerbern ablehnende Auffassung von Köhler anschließt. Das Gericht führt dementsprechend aus:
Keinen Erfolg hatte der Antrag hingegen, soweit ein Verstoß gegen Artikel 13 der Datenschutzgrundverordnung geltend gemacht wird.
Denn dem Verfügungskläger steht ein solcher nicht zu, weil die Datenschutzgrundverordnung in den Artikeln 77 bis 84 eine die Ansprüche von Mitbewerbern ausschließende, abschließende Regelung enthält.
Die Kammer verkennt dabei nicht, dass diese Frage in der Literatur umstritten ist und die Meinungsbildung noch im Fluss ist. Die Kammer in ihrer derzeitigen Besetzung schließt sich der besonders von Köhler (ZD 2018, 337 sowie in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl. 2018, § 3 a Rn. 1.40 a und 1.74 b, im Ergebnis auch Barth WRP 2018, 790; anderer Ansicht Wolff, ZD 2018, 248) vertretenen Auffassung an.
Dafür spricht insbesondere, dass die Datenschutzgrundverordnung eine detaillierte Regelung des anspruchsberechtigten Personenkreises enthält. Danach steht nicht jedem Verband ein Recht zur Wahrnehmung der Rechte einer betroffenen Person zu, sondern nur bestimmten Einrichtungen, Organisationen und Vereinigungen ohne Gewinnerzielungsabsicht unter weiteren Voraussetzungen. Hieraus ist zu schließen, dass der Unionsgesetzgeber eine Erstreckung auf Mitbewerber des Verletzers nicht zulassen wollte (Köhler, ZD 2018, 337, 338). Wegen der weiteren Einzelheiten der Argumentation kann auf die zitierten Literaturstellen Bezug genommen werden.
Man kann, insbesondere weil das Landgericht Würzburg das Problem der Aktivlegitimation von Mitbewerbern offenbar überhaupt nicht gesehen hat, wohl mittlerweile sagen, dass die herrschende Meinung davon ausgeht, dass Mitbewerber Verstöße gegen die DSGVO grundsätzlich nicht verfolgen können. Vollständige Entwarnung kann aber natürlich nicht gegeben werden. Denn neben den drastischen Bußgeldern drohen weiterhin Abmahnungen der genannten Organisationen oder der Betroffenen selbst.
Schließlich dürften Verstöße gegen die DSGVO auch dann auch mit dem Lauterkeitsrecht sanktioniert werden können, wenn sie beispielsweise irreführend sind.
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