Mit Beschluss vom 10.03.2016 hat das Landgericht Hamburg einem Webseitenbetreiber verboten, den Internet-Analysedienst „Google Analytics“ einzusetzen, ohne die Besucher seines Internet-Angebots zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten zu unterrichten (LG Hamburg, Beschluss v. 10.03.2016, Az. 312 O 127/16).
Die Entscheidung erging im Wege einer einstweiligen Verfügung und enthält keine Gründe. Die Formulierung des Verbotstenors lässt jedoch darauf schließen, dass das Gericht im Verhalten des in Anspruch genommenen Diensteanbieters einen Verstoß gegen § 13 Abs. 1 TMG gesehen hat, der entsprechende Informationspflichten vorgibt. Die spezielle Zuständigkeit der zur Entscheidung berufenen Kammer lässt ferner erkennen, dass das Verfahren von einem Konkurrenten auf der Grundlage des Wettbewerbsrechts eingeleitet wurde.
Obwohl die angegebene Norm sich mit datenschutzrechtlichen Pflichten der Diensteanbieter befasst und insofern nicht unmittelbar im Wettbewerbsrecht verankert ist, kann die für einen Schluss auf das unlautere Verhalten notwendige Verknüpfung durch den Rechtsbruchtatbestand des § 3a UWG hergestellt werden, der Folgendes festlegt:
„Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.“
Notwendig ist nach dieser Norm ein Verstoß gegen eine Marktverhaltensregel im beschriebenen Sinne. Eine solche wird, nachdem es lange Zeit noch anders bewertet wurde, vermehrt in datenschutzrechtlichen Bestimmungen gesehen. Beispielhaft ist insoweit eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg aus dem Jahr 2013, dessen Rechtsprechung das Landgericht mit dem hier behandelten Beschluss offenbar fortführt. Der Senat äußerte sich damals speziell zum Regelungscharakter des § 13 Abs. 1 TMG unter anderem wie folgt (OLG Hamburg, Urteil vom 27.06.2013, Az. 3 U 26/12, wir berichteten):
„Diese Vorschrift setzt u.a. Art. 10 der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG um, die nicht nur datenbezogene Grundrechte gewährleisten (Erwägungsgrund 1), sondern auch den grenzüberschreitenden Verkehr personenbezogener Daten auf ein einheitliches Schutzniveau heben soll (Erwägungsgründe 6 und 7), weil ein unterschiedliches Schutzniveau ein Hemmnis für die Ausübung von Wirtschaftstätigkeiten auf Gemeinschaftsebene darstellen und den Wettbewerb verfälschen könne (Erwägungsgrund 7 Satz 2). […]
Entgegen der Auffassung des Kammergerichts (a.a.O.) handelt es sich deshalb bei dem Verstoß gegen § 13 TMG nicht nur um die Mißachtung einer allein überindividuelle Belange des freien Wettbewerbs regelnden Vorschrift. Denn § 13 TMG soll ausweislich der genannten Erwägungsgründe der Datenschutzrichtlinie jedenfalls auch die wettbewerbliche Entfaltung des Mitbewerbers schützen, indem gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden. […] Angesichts der vorgenannten, der Datenschutzrichtlinie zugrundeliegenden Erwägungen ist darüber hinaus anzunehmen, dass die Aufklärungspflichten auch dem Schutz der Verbraucherinteressen bei der Marktteilnahme, also beim Abschluss von Austauschverträgen über Waren und Dienstleistungen, dienen, indem sie den Verbraucher über die Datenverwendung aufklären und dadurch seine Entscheidungs- und Verhaltensfreiheit beeinflussen.“
Datenschutz war bisher nicht “abmahnbar”
Mit dieser Beurteilung trat das Oberlandesgericht Hamburg der bis dahin die Praxis insoweit prägenden, abweichenden Entscheidung des Kammergerichts entgegen, das die Qualifikation des § 13 Abs. 1 TMG als wettbewerbsrechtlich relevante Marktverhaltensregel verneinte (KG, Urteil Beschluss v. 29.04.2011, Az. 5 W 88/11, wir berichteten).
Das hat sich inzwischen geändert
Zwischenzeitlich scheint jedoch auch im Bezirk der Berliner Gerichte eine Wende eingetreten zu sein. Das zeigt zumindest eine von unserer Kanzlei vor dem Landgericht Berlin kürzlich erwirkte einstweilige Verfügung, die bestätigt, dass ein Diensteanbieter wettbewerbswidrig handelt, wenn er auf seiner Webseite entgegen § 13 Abs. 1 TMG keine Datenschutzerklärung bereithält. Hintergrund war, dass ein Immobilienmaklerbüro in der Rechtsform einer GmbH auf seiner Webseite keinerlei Hinweise zum Datenschutz erteilt hatte, obwohl ein Nutzer jedenfalls über ein bereitgestelltes Webformular Kontakt zu ihm aufnehmen konnte (wir berichteten hier).
Diese und andere aktuelle Gerichtsentscheidungen zeigen, dass die geltenden datenschutzrechtlichen Vorgaben von den Webseitenbetreibern ernst zu nehmen und umzusetzen sind. Im Falle eines Verstoßes droht eine Beanstandung seitens zuständiger Datenschutzbehörden oder eben eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung durch die Konkurrenz. Wie der vom Landgericht Hamburg angesetzte Streitwert von 20.000,00 Euro zeigt, kann die Letztere nicht zuletzt in der finanziellen Hinsicht empfindliche Folgen nach sich ziehen. (pu)
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