Jameda-Bewertungen: Unwahre Tatsachen und Schmähkritik führen zur Löschung
Einem aktuellen Urteil des OLG Frankfurt nach sind Ärzte dazu verpflichtet, Einträge auf der Bewertungsplattform Jameda unter bestimmten Bedingungen hinzunehmen.
Dabei müssen die Angaben allerdings den Tatsachen entsprechen, und dürfen keine unsachliche Schmähkritik enthalten.
Als Begründung gaben die Richter an, Jameda habe sich inzwischen zu einem neutralen Vermittler von Informationen entwickelt.
Schlammschlacht und Sternenschauer auf Jameda
Ausgang des Rechtsstreits war die Klage einer hessischen Augenärztin. Diese hatte das Bewertungsportal Jameda vor dem Hanauer Landgericht zur Löschung ihrer Basisdaten sowie einer negativen Beurteilung aufgefordert. Jameda ist eine stetig wachsende Plattform, auf der Nutzer Ärzte aller Art mit Schulnoten und kurzen Kommentaren validieren können. Außerdem besteht für die Ärzte die Möglichkeit, mit dem Abschluss einer bezahlten Premiummitgliedschaft als Anzeige gekennzeichnete Informationen zu Dienstleistungen und Praxis auf der Seite präsentieren zu lassen. Zum Thema Bewertungen auf Jameda berichteten wir bereits mehrfach:
- Jameda & Co.: Das Diktat der Bewertung – und wie man sich dagegen wehrt
- OLG Brandenburg: Klagender Arzt kommt primärer Darlegungslast gegen Jameda nicht nach
Während das LG Hanau der Klage erstinstanzlich noch stattgegeben hatte (LG Hanau, Urteil v. 08.11.2020, Az. 7 O 599/18), war die hiergegen eingelegte Berufung von Jameda vor dem Oberlandesgericht erfolgreich (OLG Frankfurt, Urteil v. 09.04.2020, Az. 16 U 218/18). Nach Ansicht der Richter stand der Klägerin weder ein Anspruch auf Löschung ihrer Daten, noch auf Entfernung des negativen Kommentars zur Seite. Die Erhebung und Verarbeitung ihrer Informationen seien von der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gedeckt. So heißt es in Artikel 6 Abs. 1 f):
(1) Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:
(…)
f) die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.
Jameda als neutraler Informationsgeber?
Im Zuge der vorzunehmenden Interessenabwägung hätten die Rechte der Klägerin letztlich zurückzutreten. Dies sei primär auf die Tatsache zurückzuführen, dass Jameda nunmehr als neutraler Informationsmittler auftrete. Nachdem zuletzt einige Gerichte entschieden, dass Jameda die Rolle als neutraler Informationsmittler aufgrund der konkreten Ausgestaltung des Arztbewertungsportals verlassen habe (vgl. OLG Köln, Urteile v. 14.11.2019, Az: 15 U 126/29 und Az: 15 U 89/19; LG München, Urteile v. 6.12.2019, Az: 25 O 13978, 25 O 13979 und 25 O 13980), erfülle das Portal nach Ansicht der nun angerufenen Frankfurter Richter eine von der Gesellschaft gewünschte und von der Rechtsordnung gebilligte Funktion als Bewertungsplattform für Ärzte. Auch fehle es nicht an der notwendigen Transparenz. Premiumkunden hätten gegenüber anderen Ärzten und deren Praxen keinen Vorteil, da hierfür ein kostenpflichtiges Abo abgeschlossen werden muss. Etwaige dadurch möglich Anzeigen und Werbung seien klar als solche gekennzeichnet. Eine Pflicht des Anbieters zur Löschung der Daten der Klägerin bestehe daher nicht.
Mangels einer rechtswidrigen Persönlichkeitsverletzung müsse auch die negative Bewertung nicht entfernt werden. Der Kommentar sei sachlich und von der Meinungsfreiheit gedeckt, da die Grenze zur Schmähkritik nicht überschritten worden sei. Schließlich basiere er auf einem vorhergegangen Arztbesuch bei der Klägerin, und damit auf wahren Tatsachen.
Fazit: unberechtigte Bewertungen nicht auf sich sitzen lassen!
Da Jameda die konkrete Ausgestaltung des Bewertungsportals immer wieder ändert und anpasst, ist auch in Zukunft genau zu schauen, ob Jameda sich an das Gebot der Neutralität hält oder doch (verdeckte) Vorteile für seine zahlenden Premiumkunden gewährt. Dies könnte dann zur Rechtswidrigkeit der sog. Basisprofile führen.
Im Umgang mit einzelnen Jameda-Bewertungen ist seitens der Gerichte weiterhin höchste Vorsicht und fundierte Abwägung im Einzelfall zu erwarten, denn: Ärzte des Vertrauens über die Plattform ausfindig zu machen, ist heutzutage (unter Umständen je nach Altersklasse variierend) zum Standard geworden. Eine unterdurchschnittliche Evaluierung führt zwangsweise dazu, dass der betroffene Anbieter schnell links liegen gelassen wird. Um eine Reputation aufzubauen, und diese vorallem auch zu erhalten, sind die Bewertungen auf Jameda elementar. Angesichts dieser Tragweite muss sichergestellt sein, dass diese ausschließlich auf wahren Fakten beruhen. Dies gilt im besonderen Maße im Falle eines neutralen Informationsmittlers, einen welchen Jameda nach Ansicht der Richter verkörpert. Unzufriedene Patienten, die ihren Groll trotz einer objektiv angemessenen Behandlung teilen, können ansonsten immensen Schaden bis hin zur Existenzbedrohung anrichten. Daher empfiehlt es sich aus Ärztesicht auch, gegen derartige Einträge vorzugehen:
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