Soziale Medien sind beliebt, um andere Menschen am eigenen Leben teilnehmen zu lassen. So posten auch Eltern nicht selten Bilder von ihren Kindern auf den verschiedenen sozialen Netzwerken. Meist machen sie sich darum keine weiteren Gedanken, denn oftmals geschieht dies sogar mit der Einwilligung beider Elternteile.
Doch das Hochladen der Bilder kann in der Zukunft auch zu (rechtlichen) Problemen führen. Vor allem dann, wenn die Eltern getrennt leben und somit Rechte Dritter verletzt werden. Dass die Einwilligung eines einzelnen von zwei sorgeberechtigten Eltern nicht ausreicht, zeigt ein Beschluss des Oberlandesgericht Düsseldorf.
Gemeinsame Sorge der Eltern
Die Lebensgefährtin des Kindesvaters hatte – im Einverständnis des Kindesvaters und der minderjährigen Kinder selbst – zu Werbezwecken Fotografien der beiden Kinder für ihren Friseursalon aufgenommen und bei Instagram veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt lebten die Kinder bei der getrenntlebenden Ehefrau, besuchten ihren Vater jedoch regelmäßig. Das Sorgerecht teilten sich der Vater und die Mutter insoweit.
Nachdem die Kindesmutter die Fotografien auf den sozialen Netzwerken zur Kenntnis nahm, forderte sie die Lebensgefährtin ihres getrenntlebenden Ehemannes auf, die Fotografien von allen Plattformen zu entfernen und eine Unterlassungserklärung abzugeben. Außerdem forderte sie den Kindesvater wegen des gemeinsamen Sorgerechts und der damit verbundenen gemeinsamen Entscheidungsbefugnis auf, dem Vorgehen gegen die Lebensgefährtin zuzustimmen, was er jedoch ablehnte.
Daraufhin wandte sich die Kindesmutter an das zuständige Amtsgericht und beantragte im Hinblick auf die unerlaubte Veröffentlichung und gewerbliche Verbreitung von Fotografien ihrer im Internet die Übertragung des Sorgerechts im Wege der einstweiligen Anordnung, um die Veröffentlichung der Fotografien ohne Zustimmung ihres Ehegatten gegebenenfalls gerichtlich unterbinden zu können. Ihren Antrag stützte sie auf § 1628 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), welcher vorsieht, dass das zuständige Familiengericht das Sorgerecht in einer bestimmten Angelegenheit, die für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, auf einen Elternteil übertragen kann, wenn sich die Eltern nicht einig sind.
Problem: Kinderfotos in den sozialen Medien
Das Gericht übertrug der Kindesmutter in erster Instanz nach §§ 1628, 1697a BGB das alleinige Sorgerecht für den außergerichtlichen und gerichtlichen Streit mit der Lebensgefährtin. Der Kindesvater legte daraufhin wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs Beschwerde gegen diese Entscheidung ein – im Ergebnis jedoch ohne Erfolg.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 20.07.2021, Az. 1 UF 74/21) hat noch einmal, wie bereits das OLG Oldenburg (OLG Oldenburg, Urteil v. 24.05.2018, Az. 13 W 10/18), entschieden, dass es sich bei der Veröffentlichung von Fotos eines Kindes im Internet um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung handele und daher die Einwilligung beider Elternteile erforderlich sei. Ausgangspunkt sei zunächst die Frage, welche Auswirkungen es für die Kinder haben kann, wenn Bilder von ihnen ins Netz gestellt werden. Denn wenn die Auswirkungen gering seien, könne darüber nachgedacht werden, dass es der Zustimmung durch die Mutter nicht bedürfe, so das Gericht. Jedoch habe die Veröffentlichung von Fotografien im Internet schwer abzuändernde Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder. Dies ergebe sich aus der Tragweite der Verbreitung der Fotos in digitalen Medien. Dabei müsse die betroffene Privatsphäre der Kinder berücksichtigt und besonders geschützt werden. Entscheidend sei hierbei allein das Kindeswohl. Die Richter betonen, insoweit müsse die Entscheidungsbefugnis demjenigen Elternteil übertragen werden, dessen Lösungsvorschlag dem Kindeswohl am ehesten entspreche. In diesem Fall sei dies die Auffassung der Kindesmutter. Dabei komme es auch nicht auf die Einwilligung der Kinder in die Bildveröffentlichung an, da diese nicht die fehlenden Einwilligungen beider sorgeberechtigter Eltern in die Bildverbreitung ersetze.
So ergebe sich das Erfordernis einer Einwilligung auch der Kindesmutter in die Veröffentlichung der Fotos zum einen aus der Norm des § 22 des Kunst-Urheber-Gesetzes (KunstUrhG). Diese knüpfe die Rechtmäßigkeit der Verbreitung eines Bildes des Kindes jedenfalls an die Einwilligung beider sorgeberechtigter Elternteile. Zum anderen folge das Einwilligungserfordernis aus Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a) der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Das Gericht erläutert, dass das Verwenden der Fotografien den Gewährleistungen der DSGVO unterfällt. Der Rechtfertigungsgrund der Einwilligung gemäß Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a) DSGVO erfordere die Einwilligung der sorgeberechtigten Eltern als Träger der elterlichen Verantwortung.
Auch sei für die Entscheidung unerheblich, dass im Vorfeld auch die Kindesmutter oder die Großmutter der Kinder ohne Einwilligung des Kindesvaters Fotos veröffentlicht haben. Maßgeblich sei einzig die jeweilige konkrete rechtswidrige Bildverarbeitung. Aus einem entsprechenden Vorverhalten könne somit nicht eine Einwilligung für zukünftige Uploads gesehen werden.
Wenn beide Eltern streiten gibt es keine Einwilligung!
Das Internet vergisst nicht. Aus dem Grund, dass es kaum möglich ist, einmal geteiltes aus dem Internet zu entfernen. Daher sind gerade Kinderfotos Streitpunkte für sorgeberechtigte Eltern. Unabhängig von der rechtlichen Bewertung sollte aber vor allem die Tragweite der Veröffentlichung von solchen Fotos genau aus dem oben genannten Grund nicht außer Acht bleiben und besonders vorsichtig vorgegangen werden.
Da solche Posts Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern haben können, sieht der Senat in der Veröffentlichung von Kinderfotos in den sozialen Medien eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 1638 BGB. Da die Bilder einem unbegrenzten Personenkreis zugänglich gemacht werden, könnten diese unkontrolliert weiterverbreitet werden. Und wie bereits festgestellt – so auch vom Senat – sei eine Löschung im Nachhinein kaum noch möglich, was dazu führt, dass die Kinder stets mit diesen Bildern konfrontiert werden oder zumindest dauerhaft die Möglichkeit besteht sie damit zu konfrontieren. Daher betont das Gericht, dass dieser Umstand die Integrität der Persönlichkeit der Kinder und ihrer Privatsphäre spürbar tangieren könne, so dass die Erheblichkeitsschwelle in solchen Fällen regelmäßig erreicht sei. Festzuhalten ist: Über den Ausgang eines solchen Falles entscheidet letztlich allein das Kindeswohl (und das Gericht).