Unternehmer hat Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO gegen das Finanzamt
Das FG Saarbrücken hat in seinem Beschluss v. 3.4.2019, Az. 2 K 1002/16 den Anspruch eines Unternehmers auf Akteneinsicht gegen das Finanzamt aus Art. 15 DSGVO bejaht.
Dabei stellte es klar, dass die bisherige Ablehnung der Akteneinsicht durch das Finanzamt rechtswidrig war und dass die DSGVO auch in Steuerangelegenheiten gilt, wie die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder zugunsten der Betroffenen entschieden haben. Wegen des Grundsatzes der Selbstbindung der Verwaltung sah das Gericht einen Anspruch auf Auskunftsanspruch als gegeben an.
Der Sachverhalt
Der Anspruchssteller war Gesellschafter einer Sozietät in Form einer GbR, die jedoch aufgelöst wurde und deren Gesellschafter miteinander zerstritten waren. Im Rahmen einer Außenprüfung durch das Finanzamt und aufgrund von Streitigkeiten über die Berechnung des Veräußerungsgewinns und die Erstellung der Auseinandersetzungsbilanz beantragte der spätere Kläger Akteneinsicht, die aber wegen der langen Verfahrensdauer und mit Hinweis auf das Steuergeheimnis zurückgewiesen wurde. Daraufhin erhob er Klage, die aber in der nachfolgenden Zeit übereinstimmend durch die Parteien für erledigt in der Hauptsache erklärt wurde.
Der Gerichtsbeschluss
Das Gericht hat gem. § 138 Abs. 1 FGO im Falle übereinstimmender Erledigungserklärungen in der Hauptsache nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands über die Verfahrenskosten durch Beschluss zu entscheiden. Hierbei ist der mutmaßliche Ausgang des Verfahrens ohne das erledigende Ereignis zu berücksichtigen.
Nach summarischer Prüfung hätte die Hauptsache Aussicht auf Erfolg
Nach dieser Maßgabe bejahte das Gericht einen Anspruch des Klägers auf Akteneinsicht gem. Art. 15 DSGVO. Dabei handele es sich um einen gebundenen Anspruch aller Steuerpflichtigen gegen die Finanzbehörde. „Ein Akteneinsichtsrecht ist nicht ausdrücklich in der DSGVO geregelt, aber es besteht nach Art. 15 Abs. 1 HS. 2, Abs. 2 DSGVO ein Auskunftsanspruch über sämtliche verarbeitete personenbezogene Daten. Dies gilt in zeitlicher Hinsicht auch, soweit personenbezogene Daten (noch immer) ab dem 25. Mai 2018 verarbeitet werden, und damit auch für Papierakten mit Informationen zu einer Zeit vor dem 25. Mai 2018 (vgl. Art. 99 Abs. 2 DSGVO).“
Außerdem verneinte das FG einen Ausschluss der Anwendbarkeit der DSGVO in Steuersachen, weil es sich gem. Art. 2 Abs. 2 DSGVO um eine Tätigkeit handele, die nicht in den Bereich des Unionsrechts falle. Zwar gehören nicht harmonisierte Steuern wie Einkommen- oder Körperschaftsteuer nicht zum Bereich des Unionsrecht. „Jedoch soll die DSGVO nach Auffassung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder zugunsten der Betroffenen entgegen der Gesetzeslage für sämtliche Steuerarten anwendbar sein (vgl. BMF-Schreiben vom 12. Januar 2018, BStBl I 2018, 185, Rz. 3 und 22), soweit nicht bereits die Informationsfreiheitsgesetze der Länder, die eine entsprechende Anwendung der DSGVO anordnen, einen Informationszugang zu den Landesfinanzbehörden regeln.“
Gebundener Anspruch gegen das Finazamt auf Akteneinsicht
Zum Schluss beteuerte das Gericht, dass es sich entgegen der Auffassung des Finanzamts nicht um einen Ermessensanspruch der Behörde handele. Ermessen steht nämlich der Finanzbehörde nur insoweit zu, als es an vorrangigem Unionsrecht fehlt: „Soweit Artikel 12 bis 15 der Verordnung (EU) 679/2016 keine Regelungen enthalten, bestimmt die Finanzbehörde das Verfahren, insbesondere die Form der Information oder der Auskunftserteilung, nach pflichtgemäßem Ermessen“, § 32d Abs. 1 AO. Dies sei aber vorliegend gerade nicht der Fall, da die DSGVO anwendbar und einschlägig sei.