Kann ein Verstoß gegen das Datenschutzrecht bei einem Adresshandel zu der Unwirksamkeit eines Kaufvertrags, der dem Adresshandel zugrunde liegt, führen? Das OLG Frankfurt a.M. bejahte diese Frage in einer aktuellen Entscheidung.
Die Klägerin, die mit Adressdaten handelt, ging gerichtlich gegen einen Insolvenzverwalter einer Firma, die ebenfalls mit Adressdaten Handel betrieb, vor. Der beklagte Insolvenzverwalter verkaufte dem Geschäftsführer der Klägerin am Tag der Insolvenzeröffnung verschiedene Internet-Domains. Pikant: Der Geschäftsführer der Klägerin war ehemals der Geschäftsführer der insolventen Firma, die von dem beklagten Insolvenzverwalter betreut wurde.
Darüber hinaus erwarb der Geschäftsführer der Klägerin von dem beklagten Insolvenzverwalter umfangreiche Adressdaten, die über die veräußerten Internet-Domains generiert wurden. Der Kaufpreis der Internet-Domains einschließlich der Adressdaten betrug 15.000 €. Die Adressdaten, die sich vormals auf zwei verschiedenen Servern befanden, übergab der beklagte Insolvenzverwalter dem Geschäftsführer der Klägerin auf einem USB-Stick.
Wertverlust durch Nutzung der Daten zu Werbezwecken für “sexpage.de”
Die zwei Server, auf denen sich die gegenständlichen Adressdaten befanden und immer noch rekonstruierbar waren, verkaufte der Beklagte Insolvenzverwalter an eine dritte Firma, die ebenfalls mit Adressdaten handelte. Nach Ansicht der Klägerin nutzte die dritte Firma Millionen der gegenständlichen Adressen, um für die Webseite “sexpage.de” zu werben.
Die Klägerin war der Auffassung, dass die von ihrem Geschäftsführer erworbenen Adressdaten durch die werbliche Nutzung für “sexpage.de” einen Wertverlust von zwei Dritteln erlitten hätten. Sie ließ sich die Ansprüche ihres Geschäftsführers aus dem Kauvertrag mit dem beklagten Insolvenzverwalter abtreten, um diese gerichtlich geltend machen zu können. Sie forderte von dem Beklagten zum einen Schadensersatz für den Wertverlust und zum anderen Unterlassung hinsichtlich einer weiteren Nutzung der gegenständlichen Adressdaten.
Kaufvertrag ist insgesamt nichtig
Das OLG Frankfurt, das diesen Rechtsstreit zu entscheiden hatte, vertrat die Auffassung, der Kaufvertrag zwischen dem Geschäftsführer und dem Beklagten sei insgesamt nichtig und könne daher keine Gültigkeit beanspruchen. Zur Begründung führte das Oberlandesgericht aus, dass ein Verstoß gegen das Datenschutzrecht zu einer Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrags führe.
Die Nutzung der Adressdaten, die vorliegend unzweifelhaft als personenbezogene Daten einzustufen sind, sei vorliegend lediglich in zwei Fällen zulässig: Zum einem, wenn die betroffenen Personen wirksam in die Nutzung eingewilligt haben und zum anderen, wenn das Listenprivileg gem. § 28 Abs. 3 S. 2 BDSG eingreift. Nach Auffassung der Richter komme aber das Listenprivileg nicht zur Anwendung, da es sich nicht um
“zusammengefasste Daten von Angehörigen einer bestimmten Personengruppe”
handele.
Keine wirksame Einwilligung
Eine Einwilligung ist nach Ansicht der Frankfurter Richter nur dann wirksam, wenn sie freiwillig erteilt wird und der Datenverarbeiter auf den Zweck der Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung sowie auf die Folgen einer Verweigerung der Einwilligung hinweist. Werde die Einwilligung in die Datenvearbeitung mit anderen Erklärungen erteilt, müsse die Einwilligung besonders hervorgehoben werden.
Die eben genannten Wirksamkeitsvoraussetzungen erfülle die Einwilligungserklärung, welche die Klägerin vortrug, aber nicht. Die betroffenen Daten, die Kategorien der Datenempfänger sowie der Nutzungszweck – der Adresshandel – seien nicht konkret genug bezeichnet worden. Auch fehle es an der geforderten Hervorhebung.
Nichtigkeit aufgrund von unlauterem Verhalten
Das Gericht stützte die Feststellung der Gesamtnichtigkeit des Vertrages allerdings nicht allein auf einen Verstoß gegen das Datenschutzrecht. Der Kaufvertrag verpflichte die Vertragsparteien zudem
“systematisch zu einem unlauterem wettbewerbswidrigen Verhalten”.
Dies führe zu einer Gesamtnichtigkeit. Das wettbewerbswidrige Verhalten erblickte das Gericht in der geplanten Zusendung von Werbe-E-Mails ohne entsprechende Einwilligung. Dies stelle eine unzumutbare Belästigung gem. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG dar.
Keine Rückzahlung nach Bereicherungsrecht
Der Versuch der Klägerin, einen Teil des Kaufpreises mithilfe des Bereicherungsrechts zu erlangen, scheiterte ebenfalls. Zwar sah das Gericht in der Höhe des von dem Beklagten erlangten Kaufpreises eine ungerechtfertigte Bereicherung, doch sei vorliegend ein bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch ausgeschlossen. Beide Vertragsparteien hätten vorsätzlich gegen das Datenschutzrecht verstoßen. Der Kaufvertrag sei daher gesetzeswidrig und eine Rückabwicklung sei aufgrund des § 817 BGB ausgeschlossen (OLG Frankfurt a.M., Urteil v. 24.01.2018, Az. 13 U 165/16).
Fazit
Nicht erst seit der Entscheidung des LG Hamburgs, dass das Einwilligungserfordernis des Bundesdatenschutzgesetzes eine Marktverhaltensregel im Sinne des Wettbewerbsrechts ist, steht fest, dass bei einem Verstoß gegen das Einwilligungserfordernis wettbewerbsrechtliche Konsequenzen drohen.
Die Missachtung des Einwilligungserfordernisses kann aber, wie der vorliegende Fall verdeutlicht, auch die Verträge zwischen zwei Unternehmern in der Weise betreffen, dass diese letztlich unwirksam sind. Unternehmen sollten daher – insbesondere beim Adresshandel – unbedingt darauf achten, die Vorschriften des Datenschutzrechts einzuhalten.