Das Bild, das E-Sport häufig noch mit Redbull und Kartoffelchips konsumierenden und im heimischen Kinderzimmern ziellos vor sich hin daddelnden Teenagern in Verbindung bringt, entspricht schon lange nicht mehr den Tatsachen.
Die besten ihrer Branche verdienen in den Disziplinen wie FIFA 18, Counterstrike oder League of Legends längst Millionenbeträge und sind – ganz wie “echte” Sportler – Idole für viele junge Gamer, die zu Spielen in Hallen strömen oder sie online verfolgen.
Es lohnt sich daher, sich auch einmal mit rechtlichen Fragestellungen rund um den E-Sport – hier dem Urlaubsanspruch – auseinanderzusetzen und hierzu naheliegenderweise Beispiele aus dem Profisport heranzuziehen.
Zwar nicht die zumeist jüngeren E-Sport-Fans, aber doch die älteren Fußballfans unter uns werden sich noch an den „Fall Pflipsen“ aus dem Jahr 1997 erinnern, in dem der damalige Bundesligafußballer Karl-Heinz Pflipsen sich “erdreistete“, Urlaubsentgelt von seinem Arbeitgeber Borussia Mönchengladbach nicht nur zu fordern, sondern letztlich sogar einzuklagen.
Es gab einen medialen Aufschrei und das Urlaubsentgelt, um das es eigentlich ging (§ 11 BUrlG), wurde flugs zum „Urlaubsgeld“ umetikettiert. So ließ sich dann plakativer urteilen: „Jetzt will der Millionär auch noch Urlaubsgeld!“
Aber auch der damalige Borussia-Manager Rolf Rüssmann äußerte sich dergestalt, dass er „menschlich enttäuscht“ von Pflipsen sei. Zwei Jahre später musste Pflipsen trotz ansprechender Leistungen bei der Borussia gehen. Das Tischtuch war zerschnitten, obwohl er letztlich nur ein ihm gesetzlich zustehendes Recht eingeordert hatte.
Der Fall – in dem Karl-Heinz Pflipsen Recht bekam – verrät schon, dass auch Profifußballer einen gesetzlichen Anspruch auf Urlaub haben müssen, da ihnen sonst auch kein Urlaubsentgelt gemäß § 11 BurlG zustünde. Dies hat das Bundesarbeitsgericht im Übrigen bereits in einem Urteil in den frühen neunziger Jahren klargestellt (BAG, Urteil v. 24.11.1992, Az. 9 AZR 564/91). Der DFL-Mustervertrag sieht folgerichtig auch eine Urlaubsregelung vor, die im Übrigen sogar relativ großzügig ausfällt – 10 Tage über dem Mindestanspruch (24 Tage) pro Jahr, insgesamt also 34 Tage.
Die Profifußballer sind jedoch selbstverständlich aufgrund dringender betriebliche Belange gezwungen, ihren Urlaub in der spielfreien Zeit zu nehmen. Während der Saison kommt allenfalls ein Urlaub von einzelnen oder wenigen zusammenhängenden Tagen (bspw. im Falle von Länderspielpausen, wenn es sich nicht um einen Nationalspieler handelt) in Betracht, in dem Spieler sich zudem auch weiterhin körperlich ertüchtigen müssen, um dem generellen Vertragszweck gerecht zu werden. Außerdem schließt der Vertragszweck auch in der Regel aus, dass Profifußballer in ihrem Urlaub „gefährliche“ Aktivitäten – wie bspw. Skifahren – unternehmen.
Grundsätzlich können die Besonderheiten des Profisports auch auf den E-Sport übertragen werden – soweit es sich auch dort um weisungsabhängige, angestellte Spieler handelt. Der E-Sport professionalisiert sich in atemberaubender Geschwindigkeit und daher gleichen sich auch die Interessenlagen in wirtschaftlicher Hinsicht an. Es existieren Saisons und größere Turniere, währenddessen – und natürlich auch in der Vorbereitung darauf – von Spielern regelmäßig kein größerer Urlaub genommen werden kann. Ausnahmen – wie Papis 50ster Geburtstag – bestätigen auch hier die Regel.
Und auch zu Beschränkungen in der Urlaubswahl ist festzustellen, dass die körperliche Verfassung der Spieler sich im E-Sport zwar nicht so unmittelbar auf die Leistungsfähigkeit und den Vertragszweck auswirkt wie im Profifußball. So könnte zur Not vielleicht auch noch mit gebrochenem Bein vor der Konsole Platz genommen werden. Jedoch braucht ein E-Sportler zumindest flinke Finger und sollte sich diese nicht beim urlaublichen Bungee-jump in Neuseeland, einem Rugby-Spiel mit Einheimischen auf Fiji oder beim Sumo-Ringen in Japan kompliziert brechen lassen. Es gilt hier, die Verhältnismäßigkeit zu wahren zwischen den berechtigten (wirtschaftlichen) Interessen des Arbeitsgebers, also des Teams, dass der E-Sportler sich im Urlaub keinen Risiken aussetzt, die vertragsgefährdend sein könnten, sowie der allgemeinen Handlungsfreiheit des E-Sportlers, die der Arbeitgeber soweit wie möglich zu achten hat.
Es besteht somit in Bezug auf Urlaubsregelungen aufgrund der gewachsenen und weiterhin wachsenden Bedeutung des E-Sports eine weitgehend gleiche Interessenlage zwischen Profisport, vorneweg im Fußball, und E-Sport. Es mag kleinere Abweichungen geben, hinsichtlich der Frage, was Arbeitgeber (Teams) ihren Sportlern an „gefährlichen“ Aktivitäten im Urlaub erlauben müssen, jedoch dürften Einschränkungsmöglichkeiten auch hier zulässig sein.
Um eine Parallele zum eingangs geschilderten Fall des Karl-Heinz Pflipsen zu ziehen: Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis sich auch der erste Manager eines E-Sports-Teams „menschlich enttäuscht“ von einem Spieler zeigt.
Dieser Blogbeitrag ist im Zusammenhang mit der EFARBlogParade zum Thema „Brennpunkt Urlaub: Aktuelle Fragen zum Urlaubsrecht“ entstanden. Vielen Dank an Herrn Prof. Dr. Diringer.