Damit die Zalando-App das Objekt der Begierde scannen und vergleichbare Stücke anbieten kann, fotografiert der Nutzer das gesehene Kleidungsstück also, ordnet es einem Geschlecht und einer Kategorie – so etwa Jeans, Pullover oder Jacken – zu. Im Anschluss sucht die App nach vergleichbarerer Kleidung. Natürlich im Produktkatalog von zalando.de.
Pfiffig? – nun ja. Unserer Meinung nach birgt die neue Funktion der Zalando-App vor allem so manches rechtliche Risiko. Knipst der Nutzer ein an einer Schaufensterpuppe dekoriertes Kleidungsstück, um es dann bequem per Mausklick im Internet zu bestellen, so ist dies vielleicht „nur“ für den Einzelhandel ärgerlich.
Vor allem problematisch ist es aber unserer Ansicht nach, dass die Funktion der App auch und gerade dann ins Spiel kommen soll, wenn ein Nutzer ein Kleidungsstück an einem angezogenen, lebendigen „Objekt“ sieht und begehrt. Wird das für den erfolgenden Scan der App obligatorische Foto geknipst, so knipst der Nutzer der App mal eben ein Bild einer womöglich völlig fremden Person, obwohl die Person dies vielleicht nicht möchte oder es gar nicht bemerkt.
Schon das heimliche Anfertigen eines Bildnisses ohne Einwilligung kann das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen
Das in den §§ 22, 23 des Kunsturhebergesetzes verankerte Recht am eigenen Bild verbietet zwar ausdrücklich nur das „Verbreiten“ und das „öffentliche zur Schau stellen“ eines Bildnisses ohne die Einwilligung einer Person. Dennoch kann bereits die Anfertigung von Fotografien von Personen eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Abgebildeten darstellen, sofern sie ohne dessen Einwilligung erfolgt und spezielle Rechtfertigungsgründe nicht ersichtlich sind.
Knipst man also einfach drauf los, ohne eine Einwilligung in das Anfertigen der Fotografie, wird es schwierig. Denn auch spezielle Rechtfertigungsgründe werden wohl nicht ersichtlich sein. So besteht an einer Person, welche man wegen eines Kleidungsstückes ablichtet schlechthin kein zeitgeschichtliches Interesse. Auch an dem Sachzusammenhang, in welchem sie aufgenommen wurde, kommt das Bestehen eines öffentlichen Interesses nicht in Betracht. So wird man also mit einer heimlichen oder gar ungewollten Aufnahme einer Person das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Person verletzen, die gerade zufällig das Kleidungsstück trägt, an dem man Gefallen gefunden hat.
Und genau so sollte es unseres Erachtens auch sein. Eine nicht angenommene Rechtswidrigkeit einer solchen heimlichen Anfertigung von Fotografien würde zu einem Fehlen der Möglichkeit der Kontrolle über etwaige folgende Verbreitungen der gegen den Willen des Abgebildeten hergestellten Bilder führen und damit zu einer unzumutbaren Belastung der Persönlichkeit. Dies gilt umso mehr im digitalen Zeitalter in welchem wir uns befinden.
Nicht nur rechtlich problematisch sondern auch in der Praxis untauglich?
Die App ist noch in der Testphase, derzeit probieren Nutzer der iOS-Version die Funktion, bald ist es auch mit Android möglich. Schon in den ersten Wochen nach der Einführung sollen mehrere Tausend Suchläufe verzeichnet worden sein.
Doch wird sich die App wirklich durchsetzen können? Kommt es wirklich so häufig vor, dass man über die Straße läuft und jemanden sieht, der das eine, wahnsinnig schöne Kleidungsstück trägt, nach welchem man schon ewig sucht? Und selbst wenn: Bis man das Smartphone aus der Tasche geholt hat, es entsperrt hat, die Zalando-App offen hat und dann auch noch 3G-Empfang hat, kann es gut sein, dass es zu spät für das erforderliche Foto ist. Ist es dann mal nicht zu spät, so sollte man die Person, welche das Objekt der Begierde trägt fragen, ob man sie denn ablichten darf. Und könnte man – wenn man schon mal fragt – nicht ohnehin einfach fragen, wo die Person denn das Objekt der Begierde her hat?
Es bleibt abzuwarten, wie sich die App entwickelt, sowohl in rechtlicher Hinsicht als auch in praktischer Hinsicht. (he)
(Bild: © Kirill Kedrinski – Fotolia.com)