In Pandemie-Zeiten haben wir uns an das Format der Videokonferenz gewöhnt. Warum nicht aus der Not eine Tugend machen und – ganz im Sinne von Effizienz und Klimaschutz – das digitale Format stärken? In diesem Kontext gibt es ein neues Gesetz, das die Durchführung von virtuellen Hauptversammlungen regelt. Es wurde am 7. Juli 2022 vom Deutschen Bundestag beschlossen. Dazu gab es vorab zwei Konzepte: Neben dem Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums vom Februar lag seit April der vom Kabinett beschlossene Regierungsentwurf vor, der nun Gesetzeskraft erlangt hat.
Aktionärsrechte im Mittelpunkt
Ein zentraler Aspekt dieses Entwurfs ist die Gestaltung der Aktionärsrechte vor und während der Hauptversammlung. Gegenüber dem Referentenentwurf wurde die Frist für das Einreichen von Fragen der Aktionäre an die Verwaltung von vier auf drei Tage vor der Versammlung verlängert. Die Antworten sollen bis spätestens einen Tag vor der Hauptversammlung gegeben werden. In der laufenden Versammlung dürfen die Aktionäre nicht nur Nachfragen stellen, sondern auch andere Fragen, soweit sie sich auf ganz aktuelle Sachverhalte beziehen, so dass auch Entwicklungen nach Fristablauf thematisiert werden können.
Satzung der Aktiengesellschaft muss zur Ermöglichung des virtuelles Format angepasst werden
Ferner gibt es im Regierungsentwurf eine andere Frist für Stellungnahmen zur Tagesordnung: Aktionäre haben dafür nun bis fünf Tage vor der Versammlung Zeit; im Referentenentwurf waren es noch vier Tage. Das Antragsrecht der Aktionäre wurde erweitert: Die Anteilseigner dürfen ist der laufenden Versammlung nun nicht nur Wahlvorschläge unterbreiten, sondern auch Gegenanträge stellen. Beide Gesetzesentwürfe stellten klar: Voraussetzung dafür, virtuelle Hauptversammlungen durchzuführen, ist ein entsprechender Passus in der Satzung der Aktiengesellschaft. Darin können auch bestimmte Beschlussgegenstände vom virtuellen Format ausgenommen werden.
Breite Mehrheit für neues Gesetz
Das neue Gesetz zur Einführung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften wurde mit der breiten Mehrheit der drei Koalitionsfraktionen (SPD, FDP, Grüne), der Unionsfraktion und der Linksfraktion angenommen.
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.