„Krankes Schwein“, oder: Wann ist die Grenze zulässiger Kritik überschritten?
Satire ist manchmal nicht lustig, sondern ehrverletzend. Auch ohne juristischen Sachverstand ist dann zu bemerken, dass eine Pointe wider eine bestimmte Person nicht wirklich witzig ist. Rechtlich betrachtet stehen in solchen Fällen Kunst- bzw. Meinungsfreiheit und das Persönlichkeitsrecht, also nicht weniger als die persönliche Ehre eines Menschen, gegeneinander.
Ein Komiker und ein Fußballer
In einem besonders pikanten Fall – ein Comedian hatte einen ehemaligen Fußballnationalspieler in einem 14-minütigen Twitter-Video als „krankes Schwein“ bezeichnet – entschied sich das OLG Köln zugunsten des Persönlichkeitsrechts, d.h.: Der Humorist darf – Freiheit der Kunstform Satire hin oder her – den Fußballer nicht so bezeichnen, wie er es in dem Beitrag tat. Denn die Kunstfreiheit sei „anerkanntermaßen nicht schrankenlos gewährt und findet in kollidierenden Grundrechtspositionen Dritter – hier dem Recht der persönlichen Ehre des Verfügungsklägers – ihre Grenzen, wobei die kollidierenden Grundrechtspositionen im Wege der praktischen Konkordanz zum schonenden Ausgleich zu bringen sind“.
Abwägung der Grundrechte
Diesen Ausgleich nimmt das OLG Köln in der Urteilsbegründung vor, indem es die strittige Äußerung detailreich analysiert. Dabei sei „Schwein“ nicht in jedem Kontext eine Formalbeleidigung, mit der Folge eines unmittelbar zu sanktionierenden Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht. Es sei stattdessen genauer zu prüfen, wie sich die (etwa sexuell konnotierte) Bezeichnung zum satirisch kritisierten Sachverhalt stelle, in den die Person involviert ist. Insoweit sei abzuwägen, ob eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt.
„Krankes Schwein“ – das geht zu weit
Im vorliegenden Fall sei das so. Die betreffende Person müsse aufgrund seines Verhaltens zwar einiges über sich ergehen lassen, aber nicht alles. Mit der Titulierung als „krankes Schwein“ sei die Grenze des Hinzunehmenden überschritten worden, so das OLG Köln. Denn es handle sich um eine den „sozialen Geltungsanspruch tief treffende Äußerung“, auch wenn diese im Zustand besonderer „Emotionalität und Erregbarkeit“ getätigt wurde und die gesellschaftlichen Umstände als Argument für das Überwiegen der Kunst- bzw. Meinungsfreiheit zu bedenken seien.
Zudem: Haltlose Spekulationen
Auch die haltlosen Spekulationen zu weiteren Straftaten des Fußballers, die der Comedian in seinem Video anstellt, trugen dazu bei, dass die Kölner Richter, die Waage zugunsten des Persönlichkeitsrechts ausschlagen ließen: „Diese Umstände lassen den Begriff ‘krankes Schwein’ – ungeachtet des sonst vom Verfügungsbeklagten reklamierten Bedeutungswandels dieses Begriffs – jedenfalls hier weiterhin als übermäßigen Eingriff in die Rechte des Verfügungsklägers erscheinen, den dieser im konkreten Kontext in der Gesamtabwägung nicht mehr hinzunehmen hat“.
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.