Bushido klagt erfolgreich gegen Indizierung seines Albums “Sonny Black”
“Skandalrapper” Bushido hat vor dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen gegen die Eintragung seines Albums “Sonny Black” in die Liste jugendgefährdender Medien geklagt. Mit Erfolg: Die Entscheidung der Bundesprüfstelle wurde durch das Urteil in Münster – wegen Formfehler – aufgehoben.
Bundesprüfstelle setzt Bushido-Album auf den Index
Die Bundesprüfstelle hatte das Album als jugendgefährdend eingestuft, und im April 2015 auf die “schwarze Liste” gesetzt. Medien sind grundsätzlich dann jugendgefährdend, wenn sie geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden.
Gegen die Indizierung erhob der “Gangster”-Rapper vor dem Kölner Verwaltungsgericht Klage. Diese wurde dort jedoch zunächst abgewiesen. Nach Ansicht der Richter seien die Inhalte auf dem Album geeignet, jedenfalls labile und gefährdungsgeneigte Jugendliche in ihrer Erziehung und Entwicklung zu gefährden. Gewalt werde als adäquates Mittel der Auseinandersetzung propagiert und Frauen sowie Homosexuelle diskriminiert. Ferner seien die Texte auf der CD verrohend, und verherrlichten einen kriminellen Lebensstil. Zwar falle das Album grundsätzlich in den Schutzbereich der Kunstfreiheit, diese müsse letztlich aber hinter dem Jugendschutz zurücktreten. Dabei sei auch zu beachten, dass das Werk durch die Indizierung nicht gänzlich verboten werde. Vielmehr habe dies lediglich zur Folge, dass Kindern und Jugendlichen der Zugang verwehrt werde (VG Köln, Urteil v. 2.9.2016, Az. 19 K 3287/15).
Keine Anhörung der Texter und Komponisten durch die Bundesprüfstelle
Gegen das Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts legte der Musiker nun erfolgreich Berufung ein.
Die Bundesprüfstelle hatte zu den Verhandlungen lediglich das Tonträgerunternehmen sowie eine von Bushido allein vertretene GmbH geladen. Nicht von dem Termin unterrichtet wurden die acht Komponisten und Texteschreiber, die neben Bushido an dem Album künstlerisch mitgewirkt hatten. Nach Ansicht des OVG seien deshalb nur unzureichende Ermittlungen angestellt worden. Die Abwägung zwischen der Kunstfreiheit einerseits und dem Jugendschutz auf der anderen Seite sei demnach nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Für eine fundierte Interessenabwägung hätten eben auch die schöpferisch mitwirkenden Künstler angehört werden müssen. Zu diesen zählen auch die “Ghettokomplizen” Farid Bang und Kollegah.
Fehlende Eilbedürftigkeit des Indizierungsvorgangs
Es liege auch keine Ausnahmesituation vor, die die fehlende Anhörung hätte rechtfertigen können. Eine etwaige Eilbedürftigkeit des Verfahrens könne zwar grundsätzlich legitimieren, dass lediglich der Vertreiber vorgeladen wurde. Dann hätte die Bundesprüfstelle diesen jedoch auffordern müssen, die anderen an der Entstehung des Albums Beteiligten zumindest zu benennen. In der entsprechenden Terminbenachrichtigung hatte die Prüfstelle jedoch lediglich darauf hingewiesen, dass dem Vertreiber diese Option nach eigenem Ermessen offen stehe. Aus dieser Wortwahl gehe nicht eindeutig hervor, dass der Ausgang des Indizierungsverfahrens entscheidend von der Anhörung der Miturheber abhängt.
Auch sei eine erhebliche Verzögerung des Verfahrens im Falle der ordnungsgemäßen Anhörung wohl kaum zu befürchten gewesen. Eine entsprechende Anfrage an die Verwertungsgesellschaft GEMA sei von dieser binnen einer Woche beantwortet worden. Das bei der Abwägung der Bundesprüfstelle bestehende Ermittlungsdefizit hinsichtlich der Belange der grundrechtlich geschützten Kunstfreiheit könne nach Auffassung der Richter nicht nachträglich durch die Verwaltungsgerichte behoben werden (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 16.5.2018, Az. 19 A 2001/16).
Der Senat hat derweil die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Das Urteil ist demnach noch nicht rechtskräftig. Bis dahin bleibt das Album für Kinder und Jugendliche unzugänglich.
Fazit
Das OVG hat die Indizierung des Albums primär aufgrund der fehlerhaften Ermittlungen aufgehoben. Bushido darf sich also – für den Moment – glücklich schätzen. Wer die lyrischen Ergüsse des Möchtegern-Badboys kennt, dürfte wissen, dass diese ohne Weiteres als jugendgefährdend einzustufen sind. Homophobe und gewaltverherrlichende Aussagen werden hier am Fließband geliefert, dabei aber stets unter Berufung auf Kunst, Satire oder Überspitzung gerechtfertigt.
Bushido selbst äußerte im Rahmen der Verhandlungen vor dem VG Köln, Jugendliche seien heutzutage ohnehin wirklichkeitsnäheren Darstellungen von Gewalt und Sex ausgesetzt. Seine Inhalte passten also ins Bild und seien dadurch legitimiert. Ein erneutes Aufrollen des Indizierungsverfahrens inklusive ordnungsgemäßer Ermittlungen erscheint also mehr als dringend.