OLG Köln: "Wenn das Haus nasse Füße hat" oder wenn Tweets keinen urheberrechtlichen Schutz haben
Das Oberlandesgericht Köln hat laut einer entsprechenden Pressemitteilung vom 20.4.2016 entschieden, dass dem Ausdruck “Wenn das Haus nasse Füße hat” kein urheberrechtlicher Schutz zukommt (OLG Köln, Urteil v. 8.4.2016, Az. 6 U 120/15).
Geklagt hatte ein Verlag, dessen Autor die Zeile für sich reklamiert und der sie als Untertitel eines Buches über Mauerwerkstrockenlegung verwandt hat. Er verlangte Unterlassung von der Betreiberin einer Website, die mit dem Slogan auf Twitter für ihr Online-Angebot ebenfalls im Bereich der Mauerwerkstrockenlegung geworben hatte.
Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts bestätigte das klageabweisende Urteil des Landgerichts Köln. Der Senat begründete seine Entscheidung damit, dass der Ausdruck “Wenn das Haus nasse Füße hat” nicht als Sprachwerk im Sinn des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG schutzfähig sei. Denn es fehle an der erforderlichen sogenannten “Schöpfungshöhe”. Der Kläger hatte damit argumentiert, dass der im Untertitel vorgenommene Vergleich von durchnässten Schuhen mit einer feuchtigkeitsgeschädigten Wand Produkt eines geistigen “Schöpfungsprozesses” sei.
Dem folgte das Oberlandesgericht Köln nicht. Von einer persönlichen geistigen Schöpfung könne nicht ausgegangen werden. Je kürzer ein Text sei, umso höhere Anforderungen seien an die Originalität zu stellen, um noch eine eigenschöpferische Prägung annehmen zu können. Auf diese Weise werde zugleich sichergestellt, dass einfache Redewendungen der Alltagssprache für den allgemeinen Gebrauch freigehalten würden. Der Ausdruck “Wenn das Haus nasse Füße hat” weise aber schon keine besondere sprachliche Gestaltung auf, sondern sei eine schlichte, auch in der Alltagssprache mögliche Konstruktion. Er sei daher nicht mit dem Zitat von Karl Valentin “Mögen hätte ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut” vergleichbar, das vom Landgericht München im Jahr 2011 aufgrund seiner “Wortakrobatik” als schutzfähig angesehen worden sei. Der Ausdruck habe auch keinen besonders originellen gedanklichen Inhalt. Als Untertitel eines Buches, das sich mit Mauertrocknung und Kellersanierung befasse, handele es sich im Kern um eine beschreibende Inhaltsangabe. Titel, die sich auf den Inhalt des Werks beziehen, könnten aber grundsätzlich keinen Urheberrechtsschutz beanspruchen. Darüber hinaus lehne sich der Untertitel an das auf der Website “Wikiquote” veröffentlichte Sprichwort “Wer am Fluss baut, muss mit nassen Füßen rechnen” an, in dem ebenfalls ein Bezug zwischen Bauen und “nassen Füßen” hergestellt werde.
Die Entscheidung des OLG ist auf Tweets übertragbar
Die Überlegungen des OLG Köln sind insbesondere interessant in Bezug auf die Frage, ob den Kurznachrichten über Twitter (Tweets) urheberrechtlicher Schutz zukommen kann.
Dafür könnte sprechen, dass Twitter sich als Gegenleistung für die kostenlose Nutzung von allen Nutzern eine kostenlose Lizenz für die weltweite Verwertung aller Nutzer-Inhalte («Content») einräumen lässt. Diese Lizenz umfasst unter anderem auch die kostenlose Verwertung von Tweets durch Dritte wie beispielsweise Zeitungen. Allerdings ist Voraussetzung für die Lizenzierung eines Texts dessen urheberrechtliche Werkqualität. Existiert aber gar kein Werk, fehlt es schlicht am Gegenstand, an dem (ausschließliche) Nutzungsrechte eingeräumt werden könnten.
Bezüglich ganz besonders kurzer Slogans, gibt es in der Rechtsprechung jedoch nur wenige Beispiele, in denen vereinzelt Urheberschutz bejaht wurde. So hat das OLG Düsseldorf den Slogan
“Ein Himmelbett als Handgepäck“
als Sprachwerk eingestuft. (OLG Düsseldorf, DB 1964, 617). Das OLG Köln fand den Spruch
„Biegsam wie ein Frühlingsfalter bin ich im Forma-Büstenhalter“
urherrechtswürdig (OLG Köln, GRUR 1934, 758, 759). Ferner wurde – worauf das OLG Köln in seiner Entscheidung bereits hinweist – das Zitat von Karl Valentin
“Mögen hätte ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut”
vom Landgericht München im Jahr 2011 aufgrund seiner “Wortakrobatik” als schutzfähig angesehen (LG München I, Urteil v. 8.9. 2011, Az. 7 O 8226/11.
Es ist allerdings festzuhalten, dass Tweets in ihrer Mehrzahl “vogelfrei” oder, um es mit einem urheberrechtlichen Terminus zu sagen “gemeinfrei”sind und damit nicht nur retweetet, sondern auch ausserhalb von Twitter verbreitet werden dürfen. (la)
(Bild: © andreykr – Fotolia.com)[:]