Heinz Müller gegen Mainz 05
Über die Hintergründe des Rechtsstreits wurde bereits viel geschrieben, so dass wir hier nur noch in Kürze darauf eingehen wollen. Heinz Müller hatte bei seinem letzten Verein Mainz 05 einen befristeten Arbeitsvertrag, der sich per Option automatisch um ein Jahr verlängern sollte, wenn er mindestens 23 Pflichtspiele in einer Saison absolviert. Da der ehemalige Mainzer Trainer Thomas Tuchel ihn aber nach einer längeren Verletzungspause ausmusterte, konnte er die 23 Pflichtspiele nicht mehr erreichen und wurde am Ende der Saison vereinslos. Die Gründe der Suspendierung sind zwischen den Parteien strittig. Laut Mainz 05 hatte Tuchel damals rein sportliche Gründe, laut Müller sollte er nicht mehr aufgestellt werden, damit sich der Vertrag nicht verlängert.
Verfahren vor dem Arbeitsgericht
Vor dem Arbeitsgericht Mainz erhob Müller nach dem Ablauf seines Vertrags Klage auf die Fortzahlung eines Jahresgehalts, welches ihm durch die fehlenden Einsatzzeiten und damit die Nichtverlängerung seines Vertrags entgangen sei. Da das Gericht aber im Laufe des Verfahrens durchklingen ließ, der Klage nicht stattgeben zu wollen, jedoch die Befristung von Arbeitsverträgen im Profifußball grundsätzlich in Frage stellte, stellte Müller seinen Klageantrag um und begehrte die Feststellung des Fortbestandes seines Vertrags als unbefristetes Arbeitsverhältnis. Das Arbeitsgericht gab der Feststellungsklage Müllers statt. Das Landesarbeitsgericht hob diese Entscheidung nunmehr wieder auf.
rechtliche Aspekte der Befristung im Profisport
Wir möchten das Verfahren an dieser Stelle zum Anlass nehmen und die rechtlichen Probleme von befristeten Arbeitsverträgen im Profisport näher beleuchten.
Vereine und Sportler haben als Vertragsparteien die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis zu befristen. Unter Befristung versteht man dabei die anfängliche Vereinbarung des Endes des Arbeitsvertrages. Die Einzelheiten richten sich dabei nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Nach § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG bedarf die Befristung eines Arbeitsverhältnisses eines sachlichen Grundes. Die Befristung muss sowohl dem Grunde nach als auch nach der konkreten Dauer gerechtfertigt sein. In der Sportpraxis gibt es fast ausnahmslos sowohl bei Spieler- als auch bei Trainerverträgen befristete Arbeitsverträge. Prominente Ausnahme bildet dabei etwa Huub Stevens als Trainer von Schalke 04 während seines ersten Engagements bis 2002.
Sachlicher Grund für die Befristung von Spielerverträgen
Im Sport wichtige Gründe stellen dabei § 14 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 6 TzBfG dar, wonach ein sachlicher Grund dann vorliegt, wenn die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt oder die Gründe der Befristung in der Person des Arbeitnehmers liegen.
Aufgrund der hohen körperlichen Anforderungen besteht insbesondere im Hochleistungssport eine latente Ungewissheit darüber, ob der jeweilige Sportler die Sportart weiterhin zufrieden stellend ausüben kann. Für Sportler stellt sich daher die Frage, ob der Arbeitgeber Befristungen mit deren nachlassender Leistungsfähigkeit begründen kann. Die Rechtsprechung geht dabei teilweise davon aus, dass die altersbedingt abnehmende physische und psychische Leistungsfähigkeit des Sportlers die Befristung eines Arbeitsvertrags rechtfertigen kann (LAG Nürnberg, Urteil v. 28.3.2006, Az. 7 Sa 405/05). Allerdings verlangt die Rechtsprechung in diesem Fall, dass sich innerhalb des Vertragszeitraumes eine relevante Verschlechterung der Leistungsfähigkeit einstellen kann. Doch allein auf die nachlassende Leistungsfähigkeit werden sich die Vereine im Streitfalle nicht berufen können. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht bei der Überprüfung eines sachlichen Grundes für eine Befristung auch auf die Branchenüblichkeit abgestellt. Diesen Ball hat nun auch das Landesgericht Rheinland-Pfalz aufgenommen und in der Gesamtbetrachtung auf die im Profifußball geltenden Besonderheiten berücksichtigt. Zwar bestehe unabhängig vom Alter der Spieler ein außergewöhnlich hohes Maß an Ungewissheit bezüglich der sportlichen Leistung, etwa durch Verletzungen oder Formtiefs. Profis allein aufgrund ihres Alters auszusortieren sei jedoch nicht mit dem gängigen Arbeitnehmerschutz und dem Gesetz gegen Altersdiskriminierung zu vereinbaren. Neben der Leistungsfähigkeit seien deshalb weitere nicht vorhersehbare Umstände zu berücksichtigen, etwa Änderungen des Spielsystems, Trainerwechsel und Veränderungen im Kader. Hierdurch könne – im Ausnahmefall – eine Befristung gerechtfertigt werden.
Weiter wurde in der Praxis diskutiert, ob als weiterer Grund das Interesse des Publikums an neuen Gesichtern in Betracht kommt, was etwa bei Theaterhäusern anerkanntermaßen einen sachlichen Grund darstellt. Bislang haben die Arbeitsgerichte das „Abwechslungsbedürfnis des Publikums“ im Sport noch nicht akzeptiert.
Sachlicher Grund für die Befristung von Trainerverträgen
Bei Trainern wird als sachlicher Grund häufig der „Verschleiß“ herangezogen. „Verschleiß“ bezeichnet das sportpsychologische Phänomen, dass sich Trainer und Sportler nach gewisser Dauer aneinander gewöhnen und der Sportler dann nicht mehr wie zu Beginn der Trainertätigkeit motiviert werden kann. Hierbei differenziert die Rechtsprechung aber zu Recht zwischen den verschiedenen Tätigkeitsbereichen eines Trainers, etwa zwischen Individual- oder Mannschaftssport.
Im Einzelsport hat das Bundesarbeitsgericht den „Verschleiß“ als allein ausreichend für eine Befristung des Arbeitsverhältnisses anerkannt, da der „Verschleiß“ die Entwicklung der zu betreuenden Sportler hemmen könne. Für den Mannschaftssport wurde der „Verschleiß“ nicht ohne weiteres als sachlicher Grund anerkannt, da aufgrund der ständigen Fluktuation der zu betreuenden Spieler ein „Verschleiß“ nicht drohe. Dies gelte vor allem für Trainer von Jugendmannschaften, wo es alle ein bis zwei Jahre altersbedingt zu einem vollständigen Wechsel der Mannschaft komme. Dennoch hat sich das Bundesarbeitsgericht, trotz massiver Kritik, von diesem Grundsatz bislang nicht verabschiedet.
Ein sachlicher Grund kann auch darin liegen, dass der Trainer ausdrücklich eine Befristung gewünscht hat. Gleiches soll gelten, wenn das Interesse des Trainers an einer Befristung sich nach objektiven Gesichtspunkten richte, etwa der Ligazugehörigkeit oder einem besonderen Vertrauensverhältnis zur aktuellen Klubführung.
erhebliche Auswirkungen auf den Profisport
Würde man sich den Stimmen anschließen wollen, wonach eine Befristung von Arbeitsverträgen im Profisport unzulässig sein müsse, dann hätte das massive Auswirkungen auf die gesamte Branche. Insoweit war in manchen Medien bereits von „Bosman II“ zu lesen.
Denn Vereine müssten ihre Spieler dann nicht nur bis ins hohe Alter weiterbeschäftigen, wenn nicht die Spieler „freiwillig“ ihren Vertag kündigen würden. Daneben hätten die Vereine einen im Laufe der Jahre stetig anwachsenden Kader, der insbesondere für kleinere Vereine nicht mehr finanzierbar wäre.
Daneben könnten auch die Spieler jederzeit ihre Verträge unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist ordentlich kündigen, was den Parteien bei befristeten Arbeitsverträgen gemäß § 15 Abs. 3 TzBfG grundsätzlich verwehrt ist. Da der Spieler dann z.B. nach einer Kündigungsfrist von drei Monaten vertragslos wäre, könnte er auch ablösefrei den Verein wechseln. Die wirtschaftlichen Risiken für die Vereine, die kurz zuvor noch eine hohe Ablösesumme gezahlt hätten, wären dann praktisch nicht mehr kalkulierbar.
Dennoch muss aufgrund der starken Kritik auch die künftige Rechtsprechung zeigen, ob sie an den bisherigen Grundsätzen festhalten oder abrücken möchte. Die erste Gelegenheit hierzu hat Heinz Müller, wenn er das Bundesarbeitsgericht oder den Europäischen Gerichtshof anruft. (th)
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