Klage des Bundesverbands für Verbraucherzentralen
Das Landgericht Berlin hatte in vorliegender Sache über eine Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände zu entscheiden, welche sich gegen die Betreiberin einer Internetseite richtete, auf der diese mit einer konzentrationssteigernden Wirkung der sogenannten „Focus Kapseln“ warb.
Laut der Klägerin seien die beanstandeten Aussagen auf der Internetseite unzulässig, weil sie gegen Vorschriften der Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (HCVO) verstoße und damit nach den Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerbs (UWG) unlauter sind.
Verbot gesundheitsbezogener Angaben
Maßgeblich für die Unterscheidung, ob die Aussagen auf der Internetseite gegen die HCVO verstoßen ist, ob es sich bei der Bezeichnung um gesundheitsbezogene Angaben i.S.d. Art. 10 Abs. 1 HCVO handelt oder um einen Verweis auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile eines Nährstoffs oder Lebensmittels i.S.d. Art. 10 Abs. 3 HCVO. Gesundheitsbezogene Angaben sind Angaben, mit denen suggeriert wird, dass ein Zusammenhang zwischen einem Lebensmittel und der Gesundheit besteht.
Erstere sind demgemäß verboten, sofern sie nicht bestimmten Anforderungen entsprechen, während letztere zulässig sind, wenn den Aussagen in der HCVO spezielle gesundheitsbezogene Angaben beigefügt sind.
Die Unterscheidung kann jedoch dahinstehen, wenn die Aussagen nach beiden Varianten verboten sind. Laut dem Landgericht Berlin stünden die Aussagen nämlich in keinem Fall mit den in Art. 10 HCVO enthaltenen Vorgaben in Einklang.
Begriff „Focus Kapseln“ ist bereits unzulässig
Das Landgerichts entschied, dass die von der Beklagten angesprochenen Verkehrskreise bereits die Worte „Focus Kapseln“ so verstehen, dass mit der Einnahme des Produkts Vorteile für die Gesundheit einhergehen.
Die angesprochenen Verkehrskreise gelangen dabei nicht unmittelbar auf die Produktseite, sondern werden regelmäßig über die Eingangsseite zu dem Produkt navigiert. Dort würde in Zusammenhang mit der Gestaltung der Eingangsseite der Eindruck vermittelt, dass das Nahrungsergänzungsmittel der Förderung der Konzentration diene.
Dies sei insbesondere durch die Darstellung der Worte „Focus Kapseln“ in Großbuchstaben und der Zufügung des Begriffs „Konzentration“ so zu beurteilen. Der Eindruck verstärke sich durch die Angabe bestimmter Inhaltsstoffe und dem Vertrieb unter der Dachmarke „Braineffect“. Beim Scrollen durch die Seite wurden die Worte „Focus Kapseln“ wiederholt als Bezeichnung des Produkts aufgegriffen und in Verbindung mit einer stets sichtbaren Produktverpackung abgebildet. Diese Gestaltung suggeriere, dass das Nahrungsergänzungsmittel der Beklagten in nicht erläuterter Weise bei der Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit hilft.
Unzulässige Produktbeschreibung
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände rügte außerdem die Produktbeschreibung der Focus Kapseln. Speziell ging es um die folgenden zwei Aussagen der Beklagten:
„Ob im Homeoffice, bei deinem Herzensprojekt oder einem entscheidenden Moment im Familienalltag: überall ist Focus gefragt. Doch manchmal fällt es einfach schwer, sich zu konzentrieren. Deshalb haben wir FOCUS KAPSELN entwickelt. Dank ihrer innovativen Power-Formel ohne Koffein; dafür mit Vitamin B5, kannst Du jetzt jederzeit zur Höchstform auflaufen.“
„Um die geistige Leistung ohne Koffein aufrechtzuerhalten, bedarf es einer feinjustierten Zusammensetzung an Inhaltsstoffen. Deshalb beinhaltet unsere Formel Vitamin B5 und B12. zudem haben wir eine Reihe pflanzlicher Inhaltsstoffe wie Ginkgo und Brahms zugesetzt.“.
Mithilfe der beiden Aussagen wurden unter der Überschrift „Innovative Formel für mentale Power“ Angaben zum Produkt gemacht. In diesem Zusammenhang verstehen das die angesprochenen Verkehrskreise laut dem Landgericht Berlin so, dass das Produkt trotz des Fehlens von Koffein und dank des enthaltenen Vitamin B5 und B12 hilft, die geistige Leistung aufrechtzuerhalten und sich zu konzentrieren.
Verstoß gegen Art. 10 HCVO
Sowohl bei einer Einordnung als gesundheitsbezogene Aussage i.S.d. Art. 10 Abs. 1 HCVO, als auch bei einer Einordnung als Verweis auf nichtspezifische Vorteile eines Nährstoffs oder Lebensmittel i.S.d. Art. 10 Abs. 3 HCVO liegen die Voraussetzungen für eine zulässige Angabe nicht vor. Für ersteres sind die weiteren Anforderungen nicht erfüllt und für letzteres müssten zulässige gesundheitsbezogene Angaben beigefügt worden sein.
Weder das eine noch das andere liegt hier vor. Folglich verstoßen die Aussagen auf der Internetseite der Beklagten gegen Art. 10 HCVO und sind somit unlauter.