Bezeichnung „IMMUN WATER“ Irreführend

IMMUN WATERIn einer Zeit in der eine gesunde Lebensweise eine immer größere Rolle spielt, versuchen Lebensmittelhersteller ihre Produkte attraktiver zu machen, indem sie diesen einen besonderen gesundheitlichen Nutzen zuschreiben. So auch Eckes Granini, die ihr Wasser als „IMMUN WATER mit Vitamin C + D“ bezeichneten und damit suggerierten, dass der Konsum des Wassers das Immunsystem stärkt.

Die Verbraucherzentrale hatte Klage gegen Eckes Granini („hohes C“) eingereicht, da sie der Ansicht war, dass das von der Beklagten vertriebene Produkt „IMMUN WATER MIT VITAMIN C + D“ gegen die Health-Claim-Verordnung (HCVO) verstößt, da es sich um eine unzulässige spezifische gesundheitsbezogene Angabe i.S.d. Art. 10 Abs. 1 HCVO handele. Das Landgericht Mainz hatte die Klage in erster Instanz noch vollumfänglich zurückgewiesen. Die Klägerin legte daraufhin Berufung bei dem Oberlandesgericht Koblenz ein. Dieses gab ihr nun mit Urteil vom 04.06.2024 (OLG Koblenz, Urteil vom 04.06.2024, Az. 9 U 1314/23) recht. Die Beklagte änderte noch vor Beginn des Verfahrens die Verpackung des Produktes, wollte aber den Restbestand mit der alten Verpackung aufbrauchen.

Was sind gesundheitsbezogene Angaben?

„Gesundheitsbezogene Angaben“ gem. Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO suggerieren oder bringen mittelbar zum Ausdruck, dass ein Zusammenhang zwischen dem Produkt bzw. seinen Bestandteilen und der Gesundheit besteht (Bsp.: „Calcium wird für die Erhaltung normaler Knochen benötigt“). Der Begriff „gesundheitsbezogene Angabe“ erfasst daher jeden Zusammenhang, der eine Verbesserung des Gesundheitszustandes durch den Verzehr des Lebensmittels impliziert. Solche Angaben sind nur nach erfolgreichem Durchlauf eines Zulassungsverfahrens zulässig. Wird ein Lebensmittel mit gesundheitsbezogenen Angaben beworben, müssen diese Aussagen wahr und zutreffend sein.

Gesundheitsbezogene Angaben werden nach ihrer Zulassung in eine von der Europäischen Kommission erstellten Positivliste aufgenommen. Wenn ein Lebensmittel die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt, können die Aussagen allgemein verwendet werden. Alle nicht zugelassenen – ausgenommen der noch nicht abschließend geprüften – gesundheitsbezogenen Angaben sind seit dem 14. Dezember 2012 auf Lebensmittelverpackungen verboten.

Die Health-Claims Verordnung

Gemäß Art. 10 Abs. 1 HCVO dürfen gesundheitsbezogene Angaben nur unter speziellen Bedingungen gemacht werden. Werden diese Anforderungen nicht eingehalten, so sind die gesundheitsbezogenen Angaben auf dem Produkt verboten. Art. 10 Abs. 2 HCVO sagt ferner, dass gesundheitsbezogene Angaben nur dann gemacht werden dürfen, wenn die Kennzeichnung fehlt, wenn die Aufmachung der Lebensmittel(-werbung) weitere Informationen und Hinweise z.B. zur Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise, Informationen zur Menge und zum Verzehrmuster, Hinweise zu Personen, die es vermeiden sollten diese Lebensmittel zu verzehren und Warnhinweise bei Produkten, die bei übermäßigem Verzehr eine Gesundheitsgefahr darstellen könnten, enthält. Gemäß der Ausnahme des Art. 10 Abs. 3 HCVO sind Verweise auf allgemeine, nicht spezifische Vorteile des Nährstoffes oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden nur zulässig, wenn diesen eine in einer der Listen nach Art. 13 oder Art. 14 enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt wird.

„IMMUN WATER“

Anknüpfungspunkt ist der Begriff „IMMUN WATER“. Auf der Schauseite der Flasche war ausschließlich „IMMUN WATER“ sowie in deutlich kleinerer Schrift „MIT VITAMIN C + D“ aufgedruckt. Auf der Rückseite der Flasche stand: „Vitamin C und D tragen zur normalen Funktion des Immunsystems bei.“ In diesem Kontext – so das OLG – ist die Bezeichnung „IMMUN WATER“ aus Sicht des normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers gleichbedeutend mit der Aussage, dass das beworbene Getränk im Allgemeinen einen positiven Einfluss auf das Immunsystem habe. Die Aussage stellt daher eine spezifische gesundheitsbezogene Angabe dar, die gem. Art. 10 Abs. 1 HCVO verboten ist, da sie nicht in die Liste der zugelassenen Angaben gem. Art. 13 und Art. 14 HCVO aufgenommen ist. Zugelassen nach Art. 13 HCVO i.V.m. der Liste der zulässigen gesundheitsbezogenen Angaben im Anhang der VO (EU) Nr. 432/2012 ist demnach nur die Aussage „… trägt zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei“ in Verbindung mit u.a. den Stoffen Vitamin C und D. Diese Aussage ist mit „IMMUN WATER“ nicht identisch. Eine gesundheitsbezogene Angabe, die nicht erkennen lässt, auf welche der in der Liste der zugelassenen Angaben aufgeführten Nährstoffen, Substanzen, Lebensmittel oder Lebensmittelkategorien die behauptete Wirkung des Produkts beruht, ist mit den zugelassenen Angaben nicht inhaltsgleich und daher unzulässig.

Bei der Abgrenzung zwischen speziellen und nicht spezifischen gesundheitsbezogenen Angaben ist entscheidend, ob mit der Angabe ein unmittelbarer Wirkungszusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile und einer Funktion des menschlichen Organismus hergestellt wird, dessen wissenschaftliche Absicherung nach den Regelungen der HCVO überprüft werden muss.

Es kommt darauf an, wie die Angaben über das Produkt vom Verbraucher verstanden werden. Hier ist von einem normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher auszugehen. Demnach liegt eine gesundheitsbezogene Angabe auch dann vor, wenn nach dem Verständnis des Durchschnittsverbrauchers, welches naturgemäß auch durch Vorerwartungen und Kenntnisse geprägt wird, ein Zusammenhang zwischen den Bestandteilen des Produkts und dem Gesundheitszustand des Konsumenten suggeriert wird. Durch die unmittelbare Verknüpfung des Wortes „immun“ mit dem Getränk selbst, könne dies im streitgegenständlichen Kontext – so das OLG – nur dahingehend verstanden werden, dass das Immunsystem durch den Verzehr des Getränkes positiv beeinflusst wird. Die Aussage wird auch nicht erst durch den der Produktbezeichnung beigefügten Zusatz „mit Vitamin C + D“ begründet. Es wird schon durch die Kombination der Wörter „IMMUN“ und „ WATER“ für den Verbraucher deutlich, dass die Eigenschaft des Getränkes beschrieben wird. Nur durch den Begriff „immun“ wird bereits eine Verbindung zum Immunsystem hergestellt, die keinen weiteren Zusatz benötigt. Durch das Design würde auch nicht deutlich, dass die positive Wirkung des Produkts den zugefügten Vitaminen zugesprochen wird, sondern der Verbraucher gehe vielmehr davon aus, dass die Wirkung dem „WATER“ zuzuschreiben sei und nicht einzelnen Bestandteilen. Der Zusatz „mit Vitamin V + D“ trifft keine Aussage über das Immunsystem und ist daher auch kein direktes Bezugsobjekt.

Dass die Angabe „Vitamin C und D tragen zur normalen Funktion des Immunsystems bei“ auf der Rückseite des Produktes abgedruckt war, ist laut OLG unerheblich, da diese Angabe nicht ordnungsgemäß i.S.d. Art. 10 Abs. 3 HCVO beigefügt war. „Beifügen“ (visuelle Dimension) bedeutet im Rahmen des Art. 10 Abs. 3 HCVO, dass eine sofortige Wahrnehmung eines unmittelbaren visuellen Zusammenhangs zwischen dem Verweis auf die allgemeinen, nicht spezifischen Vorteile für die Gesundheit und der speziellen gesundheitsbezogenen Angabe durch einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Durchschnittsverbraucher möglich sein muss. Dies erfordert grundsätzlich eine räumliche Nähe oder unmittelbare Nachbarschaft zwischen dem Verweis und der Angabe. Ausnahmsweise kann dieses Erfordernis auch durch einen Sternchenhinweis erfüllt werden, wenn damit in räumlicher Hinsicht klar und für den Verbraucher vollkommen verständlich die inhaltliche Entsprechung zwischen der gesundheitsbezogenen Angabe und dem Verweis sichergestellt wird. Vorliegend hätte die Angabe „Vitamin C und D tragen zur normalen Funktion des Immunsystems bei“ unproblematisch auf der Schauseite des Produktes Platz gehabt. Dadurch dass der Verbraucher die Fasche drehen musste, um an diese Information zu gelangen, besteht kein Bezug mehr zu den Angaben auf der Vorderseite.

Eine Aufbrauchfrist wurde der Beklagten ebenfalls nicht gewährt, da diese bereits im Frühjahr 2022 das Produktdesign geändert hatte.

Fazit

Am vorliegenden Fall wird deutlich, dass beim Produktdesign sehr auf Feinheiten geachtet werden muss. Eckes Granini vertreibt seit 2022 dasselbe Produkt unter der Bezeichnung „hohes C IMMUN WATER MIT VITAMIN C + D zur UNTERSTÜTZUNG DES IMMUNSYSTEMS.“ Diese Angabe ist unproblematisch möglich. Folglich muss genau darauf geachtet werden welche Angaben getätigt werden dürfen und wo auf dem Produkt diese zu platzieren sind.

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