Es gibt die perfekten kulinarischen Kombinationen. Pommes und Majo. Fish ‘n’ Chips. Curry und Wurst. Nicht erst seit der jüngsten Veggie- und Gesundheitswelle ist Deutschland das Land, in dem Milch und Müsli zusammenfließen. Müsli und Milch – die perfekte Kombination.
Dachte sich auch Dr. Oetker und gab die Kalorien einer verzehrfertigen 100g-Portion seines Knuspermüslis unter Berücksichtigung einer entsprechenden Menge Milch an. Halt!, meinte der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände: Der Müsli-Magnat möge „zusätzlich den Brennwert, bezogen auf 100 Gramm des Produkts zum Zeitpunkt des Verkaufs, das heißt des nicht zubereiteten Produkts“ angeben.
Müsli mit Milch, oder?
In der Tat kann man auch anders auf die 100g verzehrbereite Frühstücks- oder Zwischenmahlzeit kommen. Indem man etwa das Müsli in Erdbeerjoghurt gibt. Daraus resultiert freilich ein völlig anderer Nährwert und entsprechend ändert sich die Zahl der Kalorien. Korrekt wäre es also wirklich, das reine Müsli zu bemessen.
Andererseits isst (fast) niemand sein Müsli trocken, so dass eine lebensfremde Angabe im Raum stünde, spräche man von der Kalorienzahl, die allein das gepresste oder gecrunchte Korn in sich trägt. Und am Ende stimmt die Rechnung beim Verbraucher nicht, der möglicherweise aus medizinischen Gründe eine exakte Angabe braucht und dem Wert als „Bemessungsgrundlage“ vertraut, obwohl dieser tatsächlich am Ende – zumal mit gezuckertem Joghurt – deutlich höher liegt.
Eine europäische Frage
Komplizierte Angelegenheit, die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hat. Die Frage lautet: „Darf sich die Kalorienangabe auf der Vorderseite einer Müsliverpackung auf eine Mischportion von Milch und Müsli beziehen oder ist die Kalorienangabe für eine reine Portion des Müslis anzugeben?“ Der BGH kapitulierte einstweilen vor dieser Frage und legte die Sache dem EuGH vor (BGH, Beschluss v. 23.7.2020, Az. I ZR 143/19).
Denn es geht dabei um die Auslegung einer europäischen Norm, nämlich um Art. 31 Abs. 3 Unterabs. 2 der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV). Dort heißt es, die Nährwertangaben könnten sich auch „auf das zubereitete Lebensmittel beziehen, sofern ausreichend genaue Angaben über die Zubereitungsweise gemacht werden und sich die Informationen auf das verbrauchsfertige Lebensmittel beziehen“. Die Frage lautet demnach präzisiert: „Ist Art. 31 Abs. 3 Unterabs. 2 LMIV dahin auszulegen, dass diese Regelung allein für Lebensmittel gilt, bei denen eine Zubereitung erforderlich und die Zubereitungsweise vorgegeben ist?“
Zu klären: Korrekte Nährwertangabe für Müsli nach der LMIV
Falls ja, wäre die Norm auf Müsli nicht anwendbar, denn dass eine Zubereitung erforderlich und die Zubereitungsweise vorgegeben ist, ist für Müsli gerade nicht der Fall (man kann es mit Milch, Joghurt oder auch was anderem verzehren). Falls nein, soll der EuGH entscheiden, wie dann die Angabe „je 100 g“ in Art. 33 Abs. 2 Unterabs. 2 LMIV („Sind die Nährstoffmengen gemäß Unterabsatz 1 lediglich je Portion oder je Verzehreinheit ausgedrückt, wird der Brennwert je 100 g oder je 100 ml und je Portion oder je Verzehreinheit ausgedrückt.“) im Falle von Knuspermüsli zu interpretieren ist: 100 Gramm des Produkts zum Zeitpunkt des Verkaufs oder aber – zumindest auch – 100 Gramm des zubereiteten Lebensmittels?
Das Verfahren ist bis zur Antwort aus Luxemburg ausgesetzt. Zeit für ein Müsli. Oder eine Currywurst.
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.