LG Düsseldorf: Werbung mit 3 Orgasmen pro Kondom irreführend

LG Düsseldorf Kondome Irreführung

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Das Landgericht Düsseldorf hatte in einer Entscheidung (LG Düsseldorf, Urteil v. 26.11.2015, Az. 14c O 124/15) über die Zulässigkeit einer Werbeaussage eines Kondomherstellers zu entscheiden.

Die Antragstellerin ist auf den Handel mit „Fair Trade“ Produkten spezialisiert und vertreibt unter anderem Kondome aus fairem Handel.

Ebenso vertreibt die Antragstellerin bundesweit entsprechende Kondome. Anders als ihre Mitbewerber werden die Kondome der Antragsgegnerin nicht in Faltschachteln angeboten sondern in verschweißten Folienbeuteln.

Auf diesen Folienbeuteln ist unter anderem der folgende Werbehinweis zu finden:

„1 Tüte á 7 Stück entspricht bis zu 21 Orgasmen“.

Hintergrund

Hiergegen wehrt sich die Antragstellerin mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, weil sie der Ansicht ist, dass dieser Werbehinweis irreführend sei, weil dieser zum einen beim angesprochenen Verkehrskreis eine Täuschung herbeiführe, dergestalt, dass gerade junge Käufer annehmen könnten, dass ein Kondom bis zu dreimal verwendet werden dürfe. Zum anderen würde durch den Werbehinweis der falsche Eindruck erweckt, dass mithilfe dieser Kondome Mehrfachorgasmen – nämlich bis zu drei pro Stück – hervorgerufen werden könnten.

Gegen die vom Landgericht Düsseldorf daraufhin erlassene Verfügung wehrt sich die Antragsgegnerin und beantragt im Widerspruchsverfahren die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen. Die Antragsgegnerin behauptet, sie mache an keiner Stelle der Produktumverpackung oder sonst wo eine Angabe, wonach die von ihr vertriebenen Kondome mehrfach genutzt werden könnten. Das in der Europäischen Gemeinschaft einheitlich benutzte  „Einmalgebrauchssymbol“ werde gut sichtbar auf der Rückseite der Verpackung abgebildet:

Auch enthalte die innenliegende Packungsbeilage sämtliche gesetzlich vorgeschriebenen  Angaben. Die Aussage selbst sei auch nicht missverständlich, sondern nehme ersichtlich humorvoll bzw. satirisch Bezug auf das sensible, aber auch häufig kreativ beworbene Thema der multiplen Orgasmen.

Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf

Das Landgericht Düsseldorf hat die einstweilige Verfügung schließlich bestätigt. Hierzu führt es an, dass die Antragstellerin einen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 8 UWG i.V.m. § 4 MPG hat. Nach § 4 Medizinproduktegesetz (MPG), welches Schutzgesetz im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG ist, ist es verboten, Medizinprodukte in den Verkehr zu bringen, wenn sie mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Zweck dieses Gesetzes ist es gemäß § 1 MPG, den Verkehr mit Medizinprodukten zu regeln und dadurch für die Sicherheit, Eignung und Leistung der Medizinprodukte sowie die Gesundheit und den erforderlichen Schutz der Patienten, Anwender und Dritter zu sorgen.

Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn zur Täuschung über die in den Grundlegenden Anforderungen nach § 7 MPG festgelegten Produkteigenschaften geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Medizinproduktes mitbestimmend sind. In Anhang I der Richtlinie 93/42/EWG vom 14.06.1993, auf die § 7 Abs.1 MPG verweist, ist unter Ziffer 13.1 vorgeschrieben, dass jedem Produkt Angaben beizufügen sind, die die sichere und ordnungsgemäße Anwendung des Produktes möglich machen. Gemäß Ziffer 13.3 f) des Anhangs I ist ggfs. darauf hinzuweisen, dass das Produkt nur für den einmaligen Gebrauch bestimmt ist.

Kodome sind für den einmaligen Gebrauch bestimmt

Eine entsprechende Irreführung hat das Gericht bejaht. Kondome sind zunächst Medizinprodukte im Sinne des § 3 Abs. 1 d MPG und dürfen, wie sich aus der für Kondome anwendbaren EN ISO 4074: 2002 ergibt, nur einmal verwendet werden.

Ferner hat das Gericht festgestellt, dass die verfahrensgegenständliche Angabe „1 Tüte á 7 Stück entspricht bis zu 21 Orgasmen“ geeignet ist, über die relevante Tatsache, nämlich dass ein Kondom nur einmal verwendet werden darf, zu täuschen. Maßgebend für die Bestimmung des Inhalts einer Werbung ist, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung aufgrund ihres Gesamteindrucks versteht (vgl. BGH GRUR 2012, 942 – Neurologisch/Vaskuläres Zentrum). Die Werbung muss so abgefasst sein, dass der durchschnittlich informierte und verständige Leser, der sich auf sie verlässt, nicht getäuscht wird (vgl. BGH GRUR 1983, 654). Überdies gilt, dass bei gesundheitsbezogener Werbung besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussage zu stellen sind, da mit irreführenden gesundheitsbezogenen Angaben erhebliche Gefahren für das hohe Schutzgut des Einzelnen sowie der Bevölkerung verbunden sein können (vgl. BGH GRUR 2013, 649 – Basisinsulin mit Gewichtsvorteil). Dies gilt gerade für Kondome.

Insbesondere bei Jugendlichen, die zum angesprochene Verkehrskreis gehören und von der Antragsgegnerin durch die besondere Aufmachung der Verpackung auch gezielt angesprochen werden sollen, ist der Aufklärungsbedarf nach wie vor anhaltend hoch und die mehrfache Verwendung eines Kondoms nachgewiesenermaßen einer der häufigsten Fehler bei der Benutzung eines Kondoms.

Die vorliegende Werbung ist mehrdeutig und damit irreführend. Daran ändern auch nichts die Hinweise auf der Rückseite der Verpackung, in der Packungsbeilage oder das oben angegebene „Einmalgebrauchssymbol“, da dieses nicht allgemeinverständlich ist, wie die Kammer aus eigener Anschauung zu beurteilen vermag.

Festzuhalten bleibt, dass bei medizinischen Produkten bzw. bei gesundheitsbezogener Werbung besonders strenge Maßstäbe an die Zulässigkeit einer Werbeaussage zu stellen sind und mögliche Mehrdeutungen oder Unklarheiten zu Lasten des Werbenden gehen.

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