Der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, hatte die Beklagte wegen einer gegen die Preisangabenverordnung verstoßende Werbung abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert.
Unterlassungserklärung nur mit Vertragsstrafeversprechen wirksam
Grundsätzlich kann die so genannte Wiederholungsgefahr in Bezug auf einen bereits begangenen Wettbewerbsverstoß nur durch eine Unterlassungsverpflichtung beseitigt werden, die mit einem Versprechen verbunden ist, im Verstoßensfalle an den Gläubiger eine nicht unerhebliche Geldsumme zu zahlen. auch, wenn sich Schuldner nach einer Abmahnung grundsätzlich unterwerfen wollen, so wohnt es jedoch häufig, dass sie im Falle eines Verstoßes, dem Gegner mit einer Zahlung die “Kassen füllen sollen”. Manche Schuldner versuchen vor diesem Hintergrund, eine wirksame Unterlassungsverpflichtung zu begründen, ohne gleichzeitig dem Gläubiger die Hoffnung auf einen Geldsegen zu verschaffen. Dieser Spagat gelingt meistens nicht.
Die Vertragsstrafe muss dem Gläubiger versprochen werden
Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte der Klägerin eine Vertragsstrafe mit der Maßgabe versprochen , „dass die Wettbewerbszentrale die Vertragsstrafe in voller Höhe als Spende an die Stiftung Deutsche Krebshilfe weiterreicht“. Die Klägerin akzeptierte diese Formulierung nicht. In der Folge gab die Beklagte ein erneutes Vertragsstrafenversprechen ab , wobei nunmehr eine bezifferte Vertragsstrafe „verbunden mit der Maßgabe, dass die Wettbewerbszentrale die Vertragsstrafe in voller Höhe als Spende an eine andere gemeinnützige Organisation ihrer Wahl weiterreicht“, versprochen wurde. Auch diese Erklärung wollte die Klägerin nicht annehmen.
Das Versprechen, den Betrag an einen Dritten zu spenden, reicht nicht
Zu Recht, wie das Landgericht Köln befand.
Unter Bezugnahme auf eine Entscheidung ebenfalls des Landgerichts Köln (LG Köln, Urteil v. vom 22.08.2012, Az. 84 O 104/12) meinte die Kammer, dass eine solche Vereinbarung nicht geeignet sei, die Wiederholungsgefahr wirksam auszuräumen. Der Beklagte habe nicht dargelegt, weshalb es ihm nicht zuzumuten sei, die geschuldete Vertragsstrafe gegebenenfalls unmittelbar an die Klägerin zu zahlen. Das Landgericht Köln führte in der Entscheidung 84 O 104/12 aus: Eine Vertragsstrafe verliere an Wirkung, wenn der Verletzte alle Risiken der Geltendmachung der Vertragsstrafe tragen muss, während der Erfolg einem Dritten zugute komme. Dies muss erst Recht im vorliegenden Fall gelten, in dem die Beklagte die Unterlassungserklärung nach „Hamburger Brauch“ abgegeben hat. Hält z. B. die Klägerin bei einem Verstoß der Beklagten eine Vertragsstrafe von 10.000,00 € für angemessen und muss diese im Klagewege verfolgen, hält das zuständige Gericht aber nur eine Vertragsstrafe von 5.000,00 € für angemessen, trägt die Klägerin die Hälfte der Kosten, ohne letztendlich in den Genuss der zugesprochenen Vertragsstrafe zu kommen. (la)
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Das Urteil im Volltext:
LANDGERICHT KÖLN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Verkündet am 20.08.2013
In dem Rechtsstreit
Klägers,
Prozessbevollmächtigte: …
gegen
Beklagte,
Prozessbevollmächtigte: …
hat die 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 16.07.2013 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Schwitanski, die Richterin am Landgericht Dr. Bruhns und die Richterin Dr. Krings
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen,
wie nachstehend wiedergegeben mit einem Netto-Preis zu werben:
Bild
und/oder
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2. an den Kläger 219,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 08.01.2013 zu zahlen.
II.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,- € vorläufig vollstreckbar.
TATBESTAND
Bei dem Kläger handelt es sich um einen gerichtsbekannten Verband im Sinne von § 8 Absatz 3 Nr. 2 UWG.
Die Beklagte stellt Fahrzeuge der Marke … her und betreibt die Internetseite „…de“. Dort bewarb sie wie im Tenor wiedergegeben die Fahrzeuge … und … mit Nettopreisen ohne Mehrwertsteuer.
Der Kläger meint, diese Werbung verstoße gegen die §§ 3, § 4 Nr. 11 UWG i. V. m. 1 PAngV bzw. gegen die §§ 3, 5 a UWG, da der Netto-Preis ohne Mehrwertsteuer ausgelobt werde und damit nicht der geforderte Endpreis.
Mit Schreiben vom 16.04.2012 (Anlage 1 zur Klageschrift – Bl. 15 ff. d. A.) mahnte der Kläger die Beklagten wegen dieser Preiswerbung ab.
Diese gab unter dem 02.05.2012 die als Anlage 2 zur Klageschrift zur Akte gereichte Unterlassungserklärung (Bl. 19 f. d. A.) ab, wobei nach dem sog. neuen Hamburger Brauch eine Vertragsstrafe mit der Maßgabe versprochen wurde, „dass die Wettbewerbszentrale die Vertragsstrafe in voller Höhe als Spende an die Stiftung Deutsche Krebshilfe weiterreicht“.
Der Kläger wies dieses Vertragsstrafenversprechen wegen Zweifeln an der Ernstlichkeit zurück.
In der Folge gab die Beklagte unter dem 22.11.2012 ein erneutes Vertragsstrafenversprechen ab (Anlage 6 zur Klageschrift – Bl. 36 ff. d. A.), wobei nunmehr eine bezifferte Vertragsstrafe „verbunden mit der Maßgabe, dass die Wettbewerbszentrale die Vertragsstrafe in voller Höhe als Spende an eine andere gemeinnützige Organisation ihrer Wahl weiterreicht“, versprochen wurde.
Der Kläger hält auch diese Erklärung nicht für annahmefähig. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags des Klägers wird Bezug genommen auf die Seiten 8 ff. der Klageschrift (Bl. 8 ff. d. A.) und seinen Schriftsatz vom 18.03.2013 (Bl. 77 ff. d. A.).
Der Kläger beantragt,
– wie erkannt -.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint, als Herstellerin, die kein Endkundengeschäft betreibe, sei sie bei der beanstandeten Werbung nicht an die Regeln der Preisangabenverordnung gebunden. Eine Irreführung durch Unterlassen sei nicht gegeben. Sie meint ferner, dass es möglich sein müsse, eine die Wiederholungsgefahr ausschließende Unterlassungserklärung abzugeben, die die gleichen Folgen herbeiführe wie ein gerichtlicher Unterlassungstitel, bei dessen Vollstreckung ein entsprechendes Ordnungsgeld ebenfalls nicht dem Gläubiger zufließe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Beklagten wird Bezug genommen auf die Klageerwiderung (Bl. 59 ff. d. A.) und ihren Schriftsatz vom 11.07.2013 (Bl. 95 ff. d. A.).
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Ansprüche des Klägers auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten folgen im tenorierten Umfang aus den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, 1 PAngV.
Der Kläger kann von der Beklagten gemäß § 8 Abs. 1 UWG Unterlassung der Preiswerbung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang verlangen, da die Beklagte damit § 3 UWG zuwidergehandelt hat.
Danach sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig, die geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Unlauter im Sinne von § 3 UWG handelt gemäß § 4 Nr. 11 UWG insbesondere, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Marktteilnehmer sind neben Mitbewerbern und Verbrauchern alle Personen, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig sind.
Durch die von dem Kläger beanstandete Preiswerbung hat die Beklagte gegen die Marktverhaltensregel des § 1 PAngV verstoßen.
Danach muss der Anbieter von Waren in der Preiswerbung gegenüber Letztverbrauchern den Endpreis einschließlich der Mehrwertsteuer angeben.
Dies hat die Beklagte verbotswidrig nicht getan, indem sie in der beanstandeten Werbung unstreitig Nettopreise angegeben hat.
Dem kann die Beklagte auch nicht entgegenhalten, dass sie als Herstellerin kein Endverbrauchergeschäft betreibe und für ihre Werbung die entsprechende Vorschrift der PAngV nicht gelte. Denn § 1 PAngV erfasst auch eine Werbeanzeige, die zwar vom Hersteller stammt, die aber aus Sicht der angesprochenen Verbraucher als eine Werbung erscheint, mit der sich ein „Anbieter“ von Waren an sie wendet (so BGH GRUR 1990, GRUR Jahr 1990 Seite 1022, GRUR Jahr 1990 1023 – Importeurswerbung). Dies ist vorliegend der Fall: So richte sich die Bewerbung nach ihrer Art bei dem … ausschließlich, bei dem … jedenfalls auch an Endverbraucher. Zugleich wird in beiden Werbungen eine Suche nach dem …-Partner vor Ort eröffnet. Hinzu kommt, dass an keiner Stelle deutlich gemacht wird, dass es sich bei der Preisangabe um die Preisempfehlung des Herstellers handeln soll. D. h. die angesprochenen Verbraucher können und müssen ohne weiteres davon ausgehen, dass die beworbenen Fahrzeuge zu den benannten Preisen bei den über die Suchmaske zu ermittelnden Händlern zum Verkauf angeboten werden.
Die durch den Verstoß gegen die §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, 1 PAngV begründete Wiederholungsgefahr ist nicht durch die unter dem 22.11.2012 angebotene Unterlassungsverpflichtungserklärung entfallen.
An die Beseitigung der Wiederholungsgefahr sind strenge Anforderungen zu stellen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Verletzer die durch einen Wettbewerbsverstoß begründete Vermutung der Wiederholungsgefahr grundsätzlich nur dadurch ausräumen, dass er gegenüber dem Gläubiger des Unterlassungsanspruchs eine uneingeschränkte, bedingungslose und durch ein Vertragsstrafeversprechen angemessen zu sichernde Unterlassungsverpflichtung eingeht. Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann angenommen werden, dass der Verletzer die beanstandete Wettbewerbshandlung künftig auch ohne Unterlassungsurteil nicht mehr wiederholen wird (so OLG Brandenburg WRP 2000, WRP Jahr 2000 Seite 427 f.).
An der erforderlichen Ernsthaftigkeit der Unterwerfungserklärung fehlt es vorliegend, da der Kläger verpflichtet sein soll, die Vertragsstrafe an eine andere gemeinnützige Einrichtung weiter zu reichen. Die Kammer nimmt insofern Bezug auf die Ausführungen im Urteil des Landgerichts Köln vom 22.08.2012 – LG KOELN Aktenzeichen 84 O 104/12 – (Anlage 5 zur Klageschrift – Bl. 29 ff. d. A.), die sie sich zu eigen macht. Soweit dort auf das Prozessrisiko des Klägers im Falle der Vertragsstrafenklage abgehoben wird und auf die nicht zu tolerierende Zielsetzung, die Arbeit des Klägers zu erschweren und diesen zu „düpieren“, abgestellt wird, gelten diese Ausführungen auch in der vorliegenden Fallgestaltung entsprechend. Hinzu kommt, dass das von der Beklagten vorgeschlagene „Vertragsstrafenmodell“ die geradezu absurde Konsequenz hat, dass der Kläger beispielsweise die Vertragsstrafe ohne weiteres an einen anderen gemeinnützigen Verband im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG weiterreichen könnte, der dann mit dem Geld die gleichen aus Sicht der Beklagten mglw. mehr oder weniger sinnvollen Aufgaben und Arbeiten finanzieren könnte. Weshalb dies dem Kläger zumutbar sein soll und welchen Sinn dies haben soll, erschließt sich der Kammer auch deshalb nicht, weil die Beklagte nicht einen objektiven Grund dafür angegeben hat, weshalb es ihr unzumutbar ist (siehe dazu auch OLG Köln WRP 2012, WRP Jahr 2012 Seite 221 ff.), dass der wirtschaftliche Erfolg einer verwirkten Vertragsstrafe dem Kläger zugute kommen soll. Die Frage, ob dieser Grund nachvollziehbar wäre, stellt sich daher erst gar nicht.
Der Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten in der zuerkannten Höhe folgt aus § 12 Absatz 1 S. 2 UWG.
Die Kostenentscheidung beruht § 91 Absatz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.
Streitwert: 21.000 €