Im Markenrecht gilt: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“.
Allerdings nicht immer! Mit einem neuen Beschluss zeigt das Bundespatentgericht deutlich, wie es sich verhält, wenn ein Mitbewerber eine Marke in erster Linie mit der Absicht anmeldet, den Konkurrenten zu behindern.
Erweist sich dann in der Anmeldung unteranderem eine unlautere Behinderungsabsicht des Mitkonkurrenten, kann hierin ein bösgläubiges Verhalten begründet werden, was zur Löschung der Marke führt.
Kein eingetragenes Markenrecht
Die Beschwerdeführerin und Markeninhaberin wendete sich gegen einen wegen bösgläubiger Markenanmeldung erfolgreichen Löschungsantrag der Beschwerdegegnerin bezüglich der Marke „VTIGER“. Bereits seit vielen Jahren nutzte die Beschwerdegegnerin das Zeichen weltweit für eine – unentgeltliche – Open-Source-Software. Ein eingetragenes Markenrecht in Deutschland hatte sie jedoch zu keinem Zeitpunkt erworben.
Diese Software wurde in den weiteren Jahren von ihr an andere Unternehmen lizensiert, sodass die Unternehmen Folgedienstleistungen für Kunden erbringen durften. Unter anderem schloss die Beschwerdegegnerin auch mit der Beschwerdeführerin einen solchen Partnerschaftsvertrag. Nach dem Abschluss des Vertrages meldete die Beschwerdeführerin das Zeichen dann als Marke in verschiedenen Klassen beim Deutschen Patent- und Markenamt an.
Beeinträchtigung der Entfaltung fremden Wettbewerbs
Das Gericht führt in seinem Beschluss (BPatG, Beschluss v. 14.05.2020, Az. 25 W (pat) 71/17) aus, dass eine Böswilligkeit der Beschwerdeführerin im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 14 des Markengesetztes (MarkenG) vorläge, wenn die Anmeldung in erster Linie auf die Beeinträchtigung der Entfaltung fremden und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist. Dies folge schon aus der notwendigen objektiven Gesamtbetrachtung aller Umstände.
Bei der Annahme einer bösgläubigen Markenanmeldung sind insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen: Die Kenntnis der Vorbenutzung des angemeldeten Zeichens für gleiche oder verwechselbar ähnliche Waren durch einen Dritten sowie die Behinderungsabsicht des Anmelders als subjektives Tatbestandsmerkmal, das sich aufgrund der objektiven Umstände des Falles beurteilen lässt. Zu diesen objektiven Umständen zählt beispielsweise die fehlende Benutzungsabsicht. Da die Markeninhaberin aufgrund der langandauernden geschäftlichen Beziehung mit der Beschwerdegegnerin im Zeitpunkt der Markenanmeldung über hinreichend Kenntnis von dem mehrjährigen Besitzstand der Beschwerdegegnerin verfügte, müsse schon von einer vorrangigen Beeinträchtigung ausgegangen werden. Weiter sei die Anmeldung auch in unlauterer Behinderungsabsicht erfolgt. Das sei immer dann der Fall, wenn die Markenanmeldung – wie hier – in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung der Beschwerdegegnerin gerichtet sei. Das müsse nicht der einzige Beweggrund für die Anmeldung sein, jedoch ein wesentliches Merkmal darstellen.
Weiter könne die unlautere Behinderungsabsicht als Motiv nicht nur deswegen ausgeschlossen werden, weil die Marke benutzt wird, so das Gericht. Vielmehr ergebe sich die Unlauterkeit der Behinderungsabsicht aus der vertraglichen, partnerschaftlichen Beziehung zwischen den Parteien. Das Bundespatentgericht ist der Ansicht, die Markenanmelderin wolle sich sowohl einen Vorteil gegenüber anderen „VTIGER“-Partnern als auch gegenüber der Beschwerdegegnerin an sich verschaffen, indem sie aus der Marke gegen diese vorgehe. Außerdem könne auch die vorgenommene Weiterentwicklung der Software durch die Anmelderin ein schutzwürdiges Interesse nicht begründen. Durch die Weiterentwicklung könne zwar ein Recht an der Software an sich erwachsen, nicht aber ein Recht auf freie Bezeichnung der Software ohne Rücksicht auf die in den Partnerschaftsverträgen geregelte Bindung, so die Richter.
Bösgläubige Markenanmeldung
Eine bösgläubige Markenanmeldung im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 14 MarkenG stellt regelmäßig auch eine gezielte Mitbewerberbehinderung im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG dar. Im Rahmen dessen stellt das Bundespatentgericht nun in einer weiteren relevanten Entscheidung betreffend bösgläubige Markenanmeldungen klar, dass selbst bei grundsätzlich bestehendem Eigeninteresse an einer Markenanmeldung die notwendige Gesamtabwägung zur Annahme der Bösgläubigkeit des Anmelders führen kann. Das sei immer dann anzunehmen, wenn er sich bei der Anmeldung in unlauterer Weise über vertragliche Bindungen hinwegsetzt und sich damit einen nicht vorgesehenen Vorteil gegenüber dem Vertragspartner und anderen Lizenznehmern verschaffen will.
Die höchstrichterliche Rechtsprechung wird durch diesen Beschluss fortgeführt und weiterentwickelt. Danach sind Markenanmeldungen, die primär auf Beeinträchtigungen fremden, statt auf Förderung eigenen Wettbewerbs gerichtet sind, als bösgläubig einzustufen. Somit werden Markenanmeldungen, die zu dem Zweck erfolgen, sich im Rahmen von Vertragsbeziehungen mit partnerschaftlichen Bindungen einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, ein Riegel vorgeschoben.