Das Gras ist immer etwas lilaner auf der anderen Seite des Zaunes – Mondelez gegen Ritter Sport
Als mich neulich eine Freundin von der Arbeit abholte, sagte sie, dass sie noch nicht gegessen hat und der Einfachheit halber kurz in einen Drive Through einer bekannten Fast Food Kette fährt, um während der Fahrt zu essen. Ob ich auch eine Portion Pommes wolle? Schließlich hätten wir eine dreistündige Fahrt vor uns. Aber meine Antwort war ein eindeutiges nein. Ich hatte bereits gegessen und der Gedanke an die fettigen Kartoffelstangen bereitete mir eine leichte Übelkeit.
Fünf Minuten später schaute ich neidisch auf ihre Pommes. Der Geruch breitete sich im Auto aus und das, was mir gerade noch wenig reizvoll erschien, war plötzlich mein Objekt der Begierde. Doch die Blöße konnte ich mir nicht geben und so saß ich schmollend auf meinem Sitz und versuchte, mir selbst auf die Schulter zu klopfen. Dafür, dass ich eben ausnahmsweise kein ungesundes Fast Food am späten Abend zu mir nahm. Aber ich belügt mich nur selbst. Ich wollte diese Pommes. Und ich nahm sie mir. Meine Freundin riss mir empört die Tüte aus der Hand und wiederholte nochmal meinen 10 Minuten vorher mit Nachdruck geäußerten Unwillen gegenüber diesem fettigen Abendbrot. Sie hatte ja Recht. Dass sie trotzdem nicht mit mir teilen wollte, empfand ich als unfair.
Zehn Jahre Streit ums Quadrat
Milka ging es wohl seit 10 Jahren ähnlich wie mir. Eigentlich waren sie knapp 110 Jahre ziemlich zufrieden, ihre Schokolade in einer rechteckigen Form zu verkaufen. Rechteckig kam gut an und war ja auch irgendwie zur charakteristischen Form einer Tafel Schokolade geworden. Wenn ein Kind eine Tafel Schokolade malt, malt es diese rechteckig.
Etwa zehn Jahre nach der Entwicklung der berühmten lila Schokolade wollten Clara und Alfred Ritter allerdings eine Schokolade entwickeln, die das gleiche Gewicht einer handelsüblichen Tafel Schokolade hat, aber in die Tasche eines Sportjacketts passt. Die quadratische Ritter Sport war geboren – und Milka war doch eigentlich okay damit. Aber manchmal will man dann eben doch das haben, was man nicht haben kann und warum soll eigentlich nur Ritter Sport eine quadratische Schokolade verkaufen dürfen? Vielleicht wollen wir ja auch mal was quadratisches machen? Das hatte Milka sich mal ein bisschen früher überlegen sollen, denn die quadratische Form von Ritter Sport ist erst seit den 1990ern als Marke geschützt. Aber geht das überhaupt? Eine geometrische Form als Marke schützen lassen?
Quadrat hat keinen wesentlichen Wert
Absurderweise ja, wenn der Wert der Marke nicht ausschließlich durch die Form bestimmt wird. Und das sei bei Ritter Sport eben nicht Fall. Die Form führe nicht zu einem Preisunterschied und hat auch keinen wesentlichen Wert. Dies hat der Bundesgerichtshof nun noch einmal bestätigt und beendet damit eine Dekade von Prozessen. Obwohl 2017 bereits der Bundesgerichtshof und 2018 das Bundespatentgericht entschieden hatten, dass Ritter die Marke behalten darf, wollte Mondelez nicht akzeptieren, dass es für Milka und alle anderen Schokoladenhersteller vorerst keine quadratische Ware geben wird.
Ich kann mir vorstellen, wie Milka sich fühlen muss. Der Geruch der Pommes lag noch einige Zeit in der Luft und ich konnte mir nur schwer das Weinen verkneifen, als ich an die Tupperdose mit den geschnittenen und schon leicht braun angelaufenen Apfelspalten dachte, die noch in meinem Rucksack waren. Das war einfach nicht das Gleiche. Obwohl ich morgens noch ganz zufrieden war mit meinem Proviant.
Der Beitrag stammt von unserer freien Autorin Katharina Reber. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.