Es kommt manchmal vor, dass eine Markenbezeichnung zum Gattungsbegriff wird, d.h., alle Waren oder Dienstleistungen einer bestimmten Art werden mit der Marke bezeichnet, auch, wenn diese Waren oder Dienstleistungen von ganz anderen Anbietern stammen. Dann wird „gegooglet“ und „gekärchert“, auch, wenn Suchmaschine oder Hochdruckreiniger anderer Provenienz sind als mit den Verben angedeutet wird. Das spielt keine Rolle, weil die Marken in unserem Bewusstsein längst die Stelle der Gattung eingenommen haben.
Zehentretersandalen, Kopfbedeckungen und Christbaumschmuck
Ein Beispiel für einen solchen Okkupationsprozess (und dessen rechtliche Grenzen) wurde nun Gegenstand eines Verfahrens vor dem OLG Zweibrücken. Das Gericht entschied, die Wortmarke „Flip-Flop“ sei mittlerweile zur gebräuchlichen Gattungsbezeichnung für Zehentretersandalen geworden, die Marke mithin für Schuhwaren wegen Verfalls zu löschen; in weiteren Warenklassen (die Inhaberin hatte sich „Flip-Flop“ für allerlei eintragen lassen, u.a. auch für Kopfbedeckungen und Christbaumschmuck) sei die Marke wegen Nichtnutzung ebenfalls verfallen und entsprechend zu löschen (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 25.3.2022, Az.: 4 U 63/21).
Kaum Unterscheidungskraft
In der Urteilsbegründung hieß es, in den relevanten Verkehrskreisen, also bei Händlern und Verbrauchern, habe die Marke „Flip-Flop“ ihre Unterscheidungskraft verloren und sei längst „zur gebräuchlichen Bezeichnung für ‘Schuhwerk der beschriebenen Art’ geworden“. Das brachten demoskopische Verkehrsbefragungen ans Licht. Die Markeninhaberin habe zu wenig unternommen, ihr eingetragenes Wortzeichen zu schützen. Als Andere damit begannen, „Flip-Flop“ für ihre Zwecke zu nutzen, habe sie mit „vergleichsweise geringen Verteidigungshandlungen“ reagiert, so dass unter’m Strich nach Ansicht der Richter die Voraussetzungen des § 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erfüllt seien, der den Verfall einer Markeneintragung regelt.
Die Marke als Onomatopoetikum
Ein nettes Zusatzargument lieferte das OLG Zweibrücken in einem Hinweisbeschluss vom 2.3.2022: „Flip-Flop“ enthalte „ein deutliches lautmalerisches Element“, es erinnere nämlich an den „beim Tragen von Zehentrennersandalen“ – und zwar gleich welcher Marke – „typischerweise zu hörenden Klang“, und sei schon deswegen, also wegen der begrenzten spezifischen Kennzeichnungskraft des für Zehentrennersandalen charakteristischen „Flip-Flop“-Geräuschs, als Markenzeichen fragwürdig. Man muss also gar nicht genau hinschauen (und auch nicht hinhören), was an den Stränden der Welt die Fußsohlen vom Sand trennt – es werden „Flip-Flops“ sein. Passt immer!
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.