Der BGH hat in Umsetzung eines Urteils des EuGH (EuGH, Urteil v. 19.12.2018 – Az.: C-367/17) entschieden, dass Schwarzwälder Schinken nicht zwingend im Schwarzwald geschnitten und verpackt werden muss (Beschluss vom 3.9.2020 – Az.: I ZB 72/19).
Dieses Erfordernis sei – so der BGH – nicht produktspezifisch gerechtfertigt.
Keine produktspezifische Rechtfertigung
Eine produktspezifische Rechtfertigung liege nach Auffassung des BGH nämlich nur dann vor, wenn das betreffende Erzeugnis – hier: der Schwarzwälder Schinken – bei einer Verarbeitung (Schneiden, Verpacken) außerhalb des Erzeugungsgebiets im Vergleich zu anderen vergleichbaren Erzeugnissen erhöhten Risiken ausgesetzt ist, die geeignet sind, das Vorliegen mindestens einer der drei Bedingungen für die Zuerkennung der geschützten geografischen Angabe zu gefährden: Qualitätswahrung, Ursprungsgewährleistung, Kontrollgewährleistung.
Kontrolle darf nicht schlechter sein
Es ist also zu fragen, ob sich Qualität oder Ursprung ändert, wenn der Schinken aus dem Schwarzwald nicht im Schwarzwald geschnitten und verpackt wird. Es ist ferner zu fragen, ob die bei der Verarbeitung des Schinkens nötigen Kontrollen von Ursprung und Qualität außerhalb des Schwarzwalds genauso ergebnissichernd und effektiv durchgeführt werden können wie innerhalb des Schwarzwalds. Die erste Frage kann vereint, die zweite Frage kann bejaht werden, so der BGH. Damit steht einer Verarbeitung des Schwarzwälder Schinkens außerhalb des Erzeugungsgebiets nichts im Weg.
Höchstrichterliche Feststellung
Das bedeutet im Ergebnis: Herkunft und Qualität des Schwarzwälder Schinkens hängt nicht davon ab, wo er geschnitten und verpackt wird. Wäre das auch geklärt.
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.