Herkunftstäuschung auch bei unvollständiger Nachahmung

Herkunftstäuschung

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Wer viel Zeit und Mühe in die Entwicklung oder Herstellung eines Produkts gesteckt hat, sollte auch alleinig die Früchte seiner Arbeit tragen. So sieht es jedenfalls das Wettbewerbsrecht, das in dem in § 4 Nr. 3 UWG verankerten Nachahmungsverbot die Nachahmung von Produkten eines Mitbewerbers als unlautere Handlung einordnet. 

Der Bundesgerichtshof hat sich in einem Revisionsverfahren zwischen zwei Wettstreitern aus der Lebensmittelindustrie mit der Variante der wettbewerbswidrigen Herkunftstäuschung auseinandergesetzt und dessen rechtlichen Voraussetzungen konkretisiert (BGH, Urteil vom 26.01.2023, Az. I ZR 15/22).

Bloß nicht die Butter vom Brot nehmen lassen

Die Klägerin vertreibt seit 1973 Butter, Mischstreichfette und andere Milcherzeugnisse eines irischen Unternehmens unter der Marke „Kerrygold“ in Deutschland. Die Butter wird in Verpackungen mit goldenem Grundton für die ungesalzene und silbernen Grundton für die gesalzene Variante vertrieben. Im Zentrum der Verpackung ist der Schriftzug „Kerrygold“ auf grünen Grund abgedruckt, darüber eine grasende Kuh. Auf der rechten Seite prangert ein goldenes Siegel. Die Mischstreichfettprodukte weisen eine nahezu identische Gestaltung auf. 

Im Jahr 2019 brachte die Beklagte, ein in Irland ansässiges Unternehmen, ebenfalls Butter und Mischstreichfette in den deutschen Markt ein. Diese wurden wie die Markenprodukte der Klägerin in goldenen bzw. silbernen Verpackungen, auf der grasende Kühe und ein goldenes Siegel abgebildet sind, vertrieben. Anstelle des Schriftzugs „Kerrygold“ befindet sich die Marke „Dairygold“, versehen mit dem Zusatz „from County Kerry“. 

Die Klägerin sah hierin eine unlautere Nachahmung kraft wettbewerbswidriger Herkunftstäuschung und erwirkte nach erfolgloser Abmahnung eine Unterlassungsverfügung gegen das Konkurrenzunternehmen. Die Beklagte hatte hiergegen zunächst Berufung und schließlich Revision eingelegt. Der BGH gab der Revision nun statt und verwies die Sache zurück an das Berufungsgericht, nachdem es den rechtlichen Rahmen des Nachahmungsschutzes neu abgesteckt hatte.

Eigenart verpackter Produkte

Der lauterkeitsrechtliche Nachahmungsschutz gilt nur für Waren, die eine wettbewerbliche Eigenart aufweisen. Bei verpackten Produkten kann sich eine solche Eigenart insbesondere aus der äußeren Gestaltung der Verpackung ergeben, sofern diese geeignet ist, den interessierten Verkehrskreis auf deren betriebliche Herkunft hinzuweisen. 

Im Falle der Produkte der Klägerin sah der BGH einen herkunftsbeschreibenden Charakter als gegeben an, da durch prägende Gestaltungselemente hervorgehe, dass es sich um Butter aus Weidemilch aus Irland handle. Die Karlsruher Richter wiesen darauf hin, dass auch Konkurrenzunternehmen auf ähnliche Gestaltungselemente setzen und die wettbewerbliche Eigenart der klägerischen Produkte im Ausgangspunkt daher nur gering sei. Die hohe Bekanntheit der Markenbutter werte dessen Eigenart allerdings auf. 

Vermeidbare Herkunftstäuschung auch bei unterschiedlichen Herstellerangaben 

Eine wettbewerbswidrige Nachahmung verneinte das Gericht. Der Beklagten sei keine vermeidbare Herkunftstäuschung zur Last zu legen. Eine solche liegt vor, wenn der angesprochene Verkehrskreis den Eindruck gewinnen könnte, die Nachahmung stamme vom Hersteller des Originals. 

Der BGH verwies zunächst auf ein vergleichbares Urteil (BGH, Urteil vom 19.10.2000, Az. I ZR 225/98). Demnach orientiere sich der Verkehr bei Produkten des täglichen Bedarfs in erster Line an der Produktbezeichnung und den Herstellerangaben und nur sekundär an der äußeren Gestaltung der Ware. Das frühere Urteil konnte den Eindruck erwecken, dass eine vermeidbare Herkunftstäuschung auch bei nahezu identischer Nachahmung der äußeren Gestaltung ausgeschlossen sei, solange sich die Produkt- und Herstellerangaben deutlich unterscheiden.

Doch so einfach soll es nicht sein. Wie der oberste Gerichtshof nun in seinem Revisionsurteil klarstellte, ist eine Herkunftstäuschung auch bei unterschiedlichen Herstellerangaben möglich. Es bedürfe bei divergierenden Herstellerbezeichnungen stets einer Einzelfallprüfung, ob nicht doch eine Herkunftstäuschung vorliege. 

In dem zu entscheidenden Fall lägen die Produkt- und Herstellerbezeichnungen („Kerrygold“ und „Dairygold – from County Kerry“) sprachlich so nahe beieinander, dass eine wettbewerbswidrige Herkunftstäuschung nicht auszuschließen sei. Allerdings fehle es an weiteren Feststellungen, dass eine tatsächliche Gefahr dafür bestehe, dass der angesprochene Verkehrskreis die Produkte der Beklagten der Klägerin zuordne. 

Stärkung des Nachahmungsschutzes

Für Unternehmen bedeutet das Urteil: Eine unlautere Nachahmung kann nicht allein durch eine deutlich hervorgehobene vom Original abweichende Herstellerangabe vermieden werden. Vielmehr kommt es darauf an, ob im Einzelfall der Gesamteindruck von Herstellerangaben und äußerer Gestaltung die Gefahr einer Herkunftstäuschung des Verkehrs begründen kann. Der Nachahmungsschutz wird dadurch insgesamt gestärkt. 

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