Saugen Sie noch oder putzen Sie schon? Neues BGH-Urteil zum Thema Staubsauger- und Domain-Marketing

Domain-Marketing Domainrecht Zeichennutzung Markenrecht

Photo by The Creative Exchange on Unsplash

Wer sich in die Sogwirkung einer bekannten Marke begibt, um von ihrer Anziehungskraft zu profitieren, handelt unlauter. So heißt es in ständiger Rechtsprechung des BGH.

Ein Staubsauger-Verkäufer konnte der Sogwirkung der Firma Vorwerk nicht widerstehen, er ließ ansaugen. Dies missfiel dem Staubsauger-Hersteller. Auch die Richter des BGH waren sich in einer aktuellen Entscheidung einig: Das verstoße eindeutig gegen die guten Sitten.

Domain-Marketing und Sogwirkungen

Es scheint inzwischen gängiger Praxis zu entsprechen, geschützte Markenzeichen auch innerhalb der eigenen Domain zu verwenden. Gar nicht mal so blöd, denn eine derartige Nennung – insbesondere bekannter Marken – führt oftmals dazu, im Google-Ranking ein paar Listenplätze nach oben zu rutschen. Doch darf man die Rechnung nicht ohne den Wirt machen. Das BGH-Urteil zeigt, die Grenzen zulässiger Zeichennutzung sind auch im Domain-Marketing zu berücksichtigen.

Ein Fuchs und Staubsauger-Verkäufer machte sich diese “Marketingstrategie” zunutze. Als Staubsauger-Verkäufer kennt er sich schließlich mit Sogwirkungen aus. Die Firma Vorwerk ist allseits bekannt für Ihre saugenden Parkett-Flitzer. Warum soll der Staubsauger-Hersteller nicht auch für ihn potentielle Kunden ansaugen?

So ging der Verkäufer mit seinem Staubsaugerhandel unter der Domain „keine-vorwerk-vertretung.de“ online. Welch „pfiffige“ Idee, schließlich erkenne ja jeder durch den Zusatz „keine…Vertretung“, dass er weder wirtschaftliche Verbindungen zu der Firma Vorwerk hatte noch ausschließlich Vorwerk-Staubsauger verkaufte. So saugte er munter weiter. Falsches Verhalten könne man ihm ja nicht vorwerfen. Die Richter allerdings sahen das ganz anders (Urteil v. 28.06.2018, Az. I ZR 236/16). Das Verhalten sei irreführend und verstoße gegen die guten Sitten.

Doch nun im Einzelnen:

„Sie nutzen mein Zeichen!“ – „Mir doch egal!“

Wenig beeindruckt von den Versuchen der Firma Vorwerk, das schmuddelige Verhalten des Verkäufers zu bereinigen, berief sich der Staubsauger-Händler auf eine Nutzungsberechtigung. Er müsse schließlich Zeichen der Firma Vorwerk verwenden, damit er seine Produkte überhaupt verkaufen könne.

So hat der Verkäufer im Ansatz nicht Unrecht. Nicht jede Nutzung markenrechtlich geschützter Zeichen muss zur Abmahnung führen. So gibt es gewisse Umstände, unter denen eine Zeichennutzung durchaus gerechtfertigt sein kann. So z.B., wenn die Verwendung erforderlich ist, um auf gewisse Eigenschaften und Funktionen eines Produktes hinzuweisen. Dies gilt vor allem für Ersatzteile. Wie soll ein Verkäufer von Ersatzteilen seine Kunden darüber informieren, dass das Ersatzteil für ein bestimmtes Markenprodukt verwendet werden kann, ohne die Marke selbst zu nennen? Für diesen Fall schafft die sog. „Nutzungsbestimmung“ des § 23 Nr. 3 MarkenG Abhilfe.

Ein weiterer Fall zulässiger Zeichennutzung ist die sog. Erschöpfung, § 24 MarkenG. Erschöpfung tritt ein, wenn die Ware vom Markeninhaber in den Verkehr gebracht wurde. Diese Vorschrift dient der Verkehrsfähigkeit von Waren, aber spiegelbildlich auch dem Werterhalt der Markenprodukte. Anderenfalls wäre jede verkaufsfördernde Zeichenverwendung mit Lizenzgebühren verbunden, was sich freilich auf den Kaufpreis auswirken würde.

Was hat das mit Domain-Marketing zu tun?

Auch bei einer Zeichennutzung in der Domain greifen diese Grundsätze. Dabei seien aber ebenso die „guten Sitten“ zu berücksichtigen, gegen die der Verkäufer nach Ansicht der Richter verstoßen habe. Er verwende den Zusatz „vorwerk“ in seiner Domain nicht zu dem Zweck, um im Sinne des § 23 Abs. 1 MarkenG auf die Funktionsweise seiner Geräte hinzuweisen. Vielmehr mache er sich die Bekanntheit der Marke zunutze. Er werbe mit einer fremden Marke, um seinen Absatz auch durch den Verkauf von Produkten anderer Hersteller zu fördern. Dies sprenge den Rahmen zulässiger Nutzung und gehe über den für die Ausnahme gebotenen Zweck hinaus.

Im Falle einer Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG kann sich der Markeninhaber bei „berechtigten Gründen“ einer Zeichennutzung widersetzen. Hier sah der erste Zivilsenat einen solchen Grund darin, dass der Verkäufer mit dem Namen „Vorwerk“ für seinen Online-Shop werbe. Dies übersteige angesichts der Bekanntheit der Marke das erforderliche Maß, um Produkte des Herstellers im Sinne des § 24 Abs. 1 MarkenG verkaufen zu können.

Was hat das mit Gebrauchtwarenhändlern zu tun?

Interessanterweise zieht der BGH noch einen Vergleich zwischen Online-Shop-Weiterverkäufern und Gebrauchtwarenhändlern. So seien beide darauf angewiesen, mit bestimmten Markenzeichen zu werben. Bietet der Gebrauchtwarenhändler aber auch Waren anderer Hersteller an, so entspricht dies grundsätzlich nicht dem Interesse des Markeninhabers. Schließlich soll das Zeichen ja nur zur eigenen Absatzförderung eingesetzt werden.

Weiterverkäufer dürfen aber grundsätzlich mit fremden Zeichen werben, auch wenn sie nicht nur die Produkte des werbenden Markenzeichens verkaufen. Ein hinreichender „Produktbezug“ wie er nach § 24 Abs. 1 MarkenG erforderlich ist, sei gegeben, so die Richter. Dabei müsse der Verwender aber darauf achten, dass er das Zeichen nicht missbräuchlich verwende. Die Grenze der zulässigen Nutzung wäre erreicht, wenn eine nicht bestehende Geschäftsverbindung zwischen Markeninhaber und Händler angedeutet werde oder das Zeichen nur oder überwiegend zum Verkauf fremder Produkte eingesetzt werde.

Also: Vorsicht bei der Zeichennennung innerhalb der eigenen Domain!

Domain-Marketing ist eine wichtige Unternehmensstrategie, dessen Nutzen nicht zu unterschätzen ist. Bei der Verwendung markenrechtlich geschützter Zeichen ist jedoch Vorsicht geboten. Überwiegt das Interesse der Absatzförderung gegenüber dem Bedürfnis, auf gewisse Produkteigenschaften hinzuweisen, so ist mit Abmahnungen zu rechnen. Begrüßenswert ist an dem Urteil, dass es für Rechtssicherheit und Transparenz im Online-Handel sorgt. Ferner führt die Feststellung zum „Produktbezug“ zur Stärkung des Wettbewerbs. Dadurch haben auch kleinere Betriebe die Chance, Aufmerksamkeit hinsichtlich ihrer Produkte zu erhalten.

 

Exit mobile version