Der Fall ging bis zum Bundesgerichtshof. Das Oberlandesgericht Stuttgart bestätigte nach einem Werbemailing eine Schadenersatzforderung des Baugerüstherstellers Layher (OLG Stuttgart, Urteil vom 14.01.2020, Az. 2U 34/20).
Der Gerüsthersteller Peralta produzierte ein Gerüstsystem, das einen Nachbau eines Gerüstsystems des Gerüstherstellers Layher darstellt. In einem Werbemailing warb Peralta auf Umschlägen mit der Angabe „Layher Blitzgerüst 70 S verschmischbar mit Peralta-Gerüstteilen mit Vermischungszulassung.“ Dagegen klagte der Gerüsthersteller Layher, der Inhaber zahlreicher Marken, auch der deutschen Wortmarke „Layher“ ist.
Fiktive Lizenzgebühr wegen Markenrechtsverstoß
Das Landgericht Stuttgart urteilte, dass Peralta Layher gem. § 14 Abs. 6 Markengesetz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie Schadenersatz schulde – und zwar in Höhe von acht Prozent des Nettoumsatzes (LG Stuttgart, Urteil v. 14.01.2020, Az. 17 O 607/19). Eine Lizenzgebühr in dieser Höhe sei sachgerecht, da die in Fachkreisen sehr bekannte Bezeichnung „Layher“ in dem Werbeschreiben blickfangmäßig hervorgehoben worden sei. Dadurch sei der Eindruck vermittelt worden, es handle sich um ein Angebot von Layher. Dies berge die Gefahr des Verlusts von Kunden und mache die wirtschaftliche Bedeutung der Werbung deutlich. Pro Werbeschreiben müsse Peralta daher rund 1,50 Euro als Schadenersatz entrichten.
Übliche Spanne: Ein bis fünf Prozent des Netto-Umsatzes
Dagegen ging Peralta in Berufung. Das OLG Stuttgart sah die Sache anders und hielt einen fiktiven Lizenzsatz von fünf Prozent für angemessen. Eine marktübliche Lizenz müsse nach allgemeinen Kriterien geschätzt werden. Der Bundesgerichtshof habe einen Lizenzsatz zwischen einem und fünf Prozent vom Netto-Umsatz nicht beanstandet. Selbst bei äußerst wertvollen und berühmten Marken und Unternehmenskennzeichen wie zum Beispiel „Mercedes“ bewege sich die gerichtliche Praxis in diesem Bereich; nur ganz selten fänden sich höhere Werte.
Bekanntheitsgrad der Marke ausschlaggebend
Entscheidend für die Bemessung des Lizenzsatzes ist laut OLG Stuttgart der Bekanntheitsgrad und der Ruf des verletzten Kennzeichens. Der Bekanntheitsgrad der Marke Layher sei nach dem durch ein Gutachten belegten Vortrag der Klägerin überragend und liege bei 88,5 Prozent. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass die Werbebriefe nicht nur an Gerüstbaubetriebe versandt wurden, sondern auch an Unternehmen, die Gerüste in kleineren Mengen benötigen, wie zum Beispiel Stuckateure. Bei diesen Unternehmen könne man nicht unterstellen, dass die Bekanntheit der Marke Layher gleich hoch sei.
Hohe Verwechslungsgefahr und Beeinträchtigung der Marke
Es liege, so das OLG Stuttgart, eine hohe Verwechslungsgefahr vor, da Peralta das Zeichen der Klägerin Layher für dieselben Waren verwendet habe wie die Klägerin. Bei flüchtiger Betrachtung sei der Eindruck entstanden, es handle sich um einen Werbebrief von Layer. Die Marke Layher werde genutzt, um Werbeadressaten zur Öffnung der Werbesendung zu verleiten. Deshalb sei die Intensität der Beeinträchtigung der Marke der Klägerin sehr hoch. Immerhin seien knapp 35.000 Empfänger im gesamten deutschen Markt für Gerüste und Gerüstbauteile angesprochen worden. Zu berücksichtigen sei außerdem, dass es sich bei der Marke Layher, die seit 1988 eingetragen sei, um eine alte Marke handle. Denn ein höheres Markenalter sei mit einer höheren Rechtssicherheit für den Lizenznehmer verbunden und spreche für eine tendenziell höhere Lizenzgebühr.
Marktverwirrungsschaden wegen Eindruckserweckung
Es sei, heißt es im Urteil des OLG Stuttgart, auch ein Marktverwirrungsschaden gegeben. Dieser liege darin, dass durch die Werbung falsche Vorstellungen über die Herkunft der Waren von Peralta erweckt worden seien. Hier bestehe eine entsprechende tatsächliche Vermutung. Auch habe Layher vorgetragen, dass sich Kunden im Anschluss an das Werbemailing erkundigt hätten, ob Layher eine Zweitmarke mit dem Namen Peralta gestartet habe. Allerdings habe es sich hierbei um Einzelfälle gehandelt. Die meisten Adressaten hätten spätestens bei der Bestellung gemerkt, dass sie nicht bei Layher kaufen, deshalb halte sich der Marktverwirrungsschaden in Grenzen.
Da Oberlandesgericht Stuttgart hat die Revision zugelassen. Wie bei Markenverletzungen eine Lizenzanalogie zu berechnen ist, wurde bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden.