Messeauftritt in Deutschland genügt für Unterlassungsanspruch auch ohne Vertrieb in Deutschland
Im Rahmen eines Hinweisbeschlusses hat das OLG Nürnberg ausgeführt, dass ein Messeauftritt in Deutschland für einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch auch dann genügt, wenn ein Vertrieb in Deutschland nicht geplant ist. Ferner hat das Gericht Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen “Lavera” und “Levrana” im Bereich Naturkosmetik angenommen. OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss v. 16.02.2022, Az.3 U 3933/21)
Das OLG stellte heraus, dass für die Benutzung eines Zeichens in der Werbung als eigenständige markenrechtliche Verletzungsform jede unmittelbar oder mittelbar absatzfördernde Zielrichtung genüge, einschließlich bloß imagepflegender oder aufmerksamkeitserzeugender Maßnahmen, solange die Zuordnung zu der Art nach bestimmbaren Waren möglich sei.
Einstweilige Verfügung erlassen – Unterlassungsanspruch aus MarkenG
Dem Beschluss lag der folgende Sachverhalt zugrunde :
Die Klägerin war ein Naturkosmetikunternehmen und vertreibt in Deutschland seit 1987 unter dem Unternehmensnamen „Laverana GmbH & Co. KG“ und der – unter anderem als Unionswortmarke geschützten – Dachmarke „LAVERA“ ihr mittlerweile aus über 240 Produkten bestehendes Körperpflege- und Kosmetiksortiment. Sämtliche Produkte der Klägerin sind neben der Dachmarke „LAVERA“ mit dem klägerischen Unternehmensnamen gekennzeichnet.
Die Beklagte, die im Jahr 2014 in Russland gegründet wurde, produziert und vertreibt unter dem Firmenschlagwort „Levrana“ sowie unter Verwendung des als Unionsmarke angemeldeten Zeichens „LEVRANA NATURAL“ ebenfalls unter anderem Naturkosmetik, aber auch andere Waren. Beide Parteien nahmen als Aussteller an einer jährlich stattfindenden, internationalen Fachmesse für Naturkosmetik teil.
Das Landgericht erließ am 07.02.2020 eine einstweilige Verfügung, mit welcher der hiesigen Beklagten u.a. untersagt wurde, in der Bundesrepublik Deutschland unter dem Zeichen „Levrana“ Naturkosmetik und / oder flüssige Pflaster zu bewerben. Das Endurteil des LG Nürnberg Fürth vom 7.10.2021 bestätigte die einstweilige Verfügung.
Das LG legte dar, dass sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 5, § 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG ergebe. Die Bewerbung der Produkte im Inland auf der Messe VIVANESS 2020 stelle einen selbständigen zeichenrechtlichen Verletzungstatbestand dar. Es liege auch Verwechslungsgefahr vor. Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte in ihrer Berufung. Sie beantragte, das verkündete Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führte sie insbesondere aus, dass der Schutzbereich des § 15 MarkenG nicht eröffnet sei, da es an dem notwendigen Inlandsbezug fehle. Darüber hinaus bestünde auch keine Verwechslungsgefahr. Die Unterscheidungskraft und Kennzeichnungskraft des Klagezeichens sei gering. Die zulässige Berufung der Beklagten hatte in der Sache keinen Erfolg. Das OLG Nürnberg entschied, dass der Klägerin die vom Landgericht zugesprochenen Unterlassungsansprüche nach § 5 Abs. 2, § 15 Abs. 2 MarkenG zustehen.
Klägerin ist Inhaberin eines prioritätsälteren Unternehmenskennzeichenrechts
Dazu wies das Gericht daraufhin, dass die Klägerin Inhaberin eines prioritätsälteren Unternehmenskennzeichenrechts im Sinne des § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG an der Bezeichnung „Levrana“ sei. Insbesondere komme dem Firmenbestandteil „Levrana“ ursprünglich namensmäßige Kennzeichnungskraft zu. Denn er sei originär unterscheidungskräftig und damit schutzfähig. Hierfür genügt es nach ständiger Rechtsprechung, dass die Bezeichnung geeignet ist, bei der Verwendung im Verkehr als Name des Unternehmens zu wirken und dass eine bestimmte beschreibende Verwendung nicht festzustellen ist. (BGH, Urteil v.15.02.2018, Az. I ZR 201/16) Nach Auffassung des OLG sei das Firmenschlagwort „Laverana” geeignet, als schlagwortartiger Hinweis auf ein Unternehmen zu dienen. Damit komme ihm selbstständiger Schutz zu.
Schutzbereich des Kennzeichens beschränkt sich auf Deutschland
Nach dem Territorialitätsprinzip, das auf Unternehmenskennzeichen anwendbar ist, beschränkt sich der Schutzbereich eines inländischen Kennzeichens auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Voraussetzung des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs nach § 15 Abs. 4 MarkenG war somit eine das Kennzeichenrecht verletzende Benutzungshandlung im Inland durch die Beklagte.
Das OLG führte dazu aus, dass die Präsentation als Unternehmen und das Ausstellen von schutzrechtsverletzenden Produkten anlässlich einer Fachmesse in Deutschland eine in das Unternehmenskennzeichenrecht eingreifende Benutzungshandlung der Bewerbung im Inland begründen könne. Damit sei auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr gegeben.
Es werde zwar noch keine Vermutung für ein Anbieten oder Inverkehrbringen dieses Produkts im Inland begründet, sofern ein Unternehmen ein Erzeugnis im Inland auf einer Messe ausstellt. Die Ausstellung stelle jedoch eine Benutzung im Inland im Rahmen einer kommerziellen Tätigkeit dar, sodass eine rechtsverletzende Verwendung in Form der Bewerbung gegeben ist (BGH, Urteil v. 22.04.2010 , Az. I ZR 17/05). In der Verwendung eines mit einer geschützten Marke verwechslungsfähigen Zeichens auf dem Stand einer in Deutschland stattfindenden internationalen Fachmesse durch ein ausländisches Unternehmen liege somit eine Benutzung des beanstandeten Zeichens gegenüber dem auf dieser Messe anwesenden Fachpublikum.
Das OLG bejahte folglich bei Würdigung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls einen Eingriff in das Unternehmenskennzeichenrecht der Klägerin in Form der Benutzung in der Werbung. Der Begriff der „Werbung“ als eigenständige markenrechtliche Verletzungsform ist dabei im denkbar weitesten Sinne zu verstehen. Unter ihn fallen alle Formen der Werbung. Es genügt inhaltlich jede unmittelbar oder mittelbar absatzfördernde Zielrichtung einschließlich bloß imagepflegender oder aufmerksamkeitserzeugender Maßnahmen, solange die Zuordnung zu der Art nach bestimmbaren Waren/Dienstleistungen noch möglich ist.
Verwechslungsgefahr im Sinne des § 15 Abs.2 MarkenG liegt vor
Weiter besteht nach Auffassung des Gerichts auch Verwechslungsgefahr im Sinne des § 15 Abs. 2 MarkenG zwischen den Kollisionszeichen „Laverana“ und „Levrana“.
Bei Feststellung der Verwechslungsgefahr ist die Wechselwirkung zwischen der Nähe der Unternehmensbereiche, der Kennzeichnungskraft des Kennzeichens der Klagepartei und dem Ähnlichkeitsgrad der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen zu beachten. (BGH, Urteil v. 05.11.2015, Az. I ZR 50/14)
Die Kennzeichnungskraft einer Firmenbezeichnung wird nach gefestigter Rechtsprechung durch den Grad der Eignung des Zeichens bestimmt, sich auf Grund seiner Eigenart und seines durch Benutzung erlangten Bekanntheitsgrades dem Verkehr als Name des Unternehmensträgers einzuprägen. Für die Bestimmung des Grades der Kennzeichnungskraft kommt es bei einem Unternehmenskennzeichen deshalb – anders als bei der Marke – darauf an, ob der Verkehr das fragliche Kennzeichen nicht nur einem bestimmten, sondern gerade dem Unternehmen zuordnet, das für diese Bezeichnung Schutz beansprucht. (BGH, Urteil v. 22.03.2012, Az.I ZR 55/10 ) Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs verfüge das Unternehmensschlagwort „Laverana“ über mindestens durchschnittlichen Kennzeichnungskraft.
Es bestehe zudem auch Branchenidentität, da beide Kennzeichen von den Parteien in der Branche der Naturkosmetik verwendet werden.
Die erforderliche Zeichenähnlichkeit sei bei den Zeichen „Laverana“ und „Levrana“ ebenfalls gegeben.