BGH zur Berichterstattung über eine Liebesbeziehung
Wenn es um Berichterstattung geht, welche die Privatsphäre betrifft, kennt das Presserecht klare Grenzen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte nun zu entscheiden, inwieweit ein Medium in der Berichterstattung über das Bestehen einer Liebesbeziehung spekulieren darf (BGH, Urteil v. 02.08.2022, Az. VI ZR 26/21).
Geklagt hatte ein Komiker und TV-Moderator, der mit einer Person, die in sozialen Medien als „Sexbloggerin“ auf sich aufmerksam macht und Protagonistin einer Fernsehsendung ist, liiert ist. Beide verbrachten einen gemeinsamen Urlaub und stellten Fotos davon in ihre jeweiligen Instagram-Accounts. Der Beklagte berichtete darüber im Internet unter voller Namensnennung mit Aussagen wie „Liebt er Sex-Bloggerin [Y]?“ und „Dennoch ranken sich immer mal wieder Pärchen-Gerüchte um den 28-Jährigen […] Laut Freunden sind die Sex-Bloggerin und [X] ein Paar“. Zitiert wurde auch die Bild-Zeitung, laut der „die beiden bereits länger ein Paar“ seien.
Das Kammergericht Berlin untersagte dem Medium, in Bezug auf den Kläger über eine neue Beziehung zu berichten. Es könne sich nicht darauf berufen, dass dem Persönlichkeitsschutz des Klägers, dessen Privatsphäre durch die Berichterstattung über seine neue Liebesbeziehung betroffen sei, infolge einer Selbstbegebung des Klägers sowie der Bloggerin Y kein Vorrang mehr gegenüber der durch Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützten Berichterstattung zukomme.
Berufungsgericht: Keine Selbstöffnung
Das Kammergericht verneinte eine entsprechende Selbstöffnung. Zwar habe der Kläger sich in der Vergangenheit mehrfach allgemein und abstrakt zu einer Beziehung zu einer Frau geäußert. Dabei habe er aber stets seinen Single-Status in den Vordergrund gestellt und sich allenfalls zu Vorstellungen und Wünschen hinsichtlich einer möglichen Partnerin erklärt. Gerüchte über eine mögliche Beziehung zu einer Kollegin habe der Kläger jedoch dementiert. Der BGH sah auch keine Selbstöffnung durch die Veröffentlichung von Fotos durch den Kläger und die Bloggerin Y auf ihren jeweiligen Instagram-Accounts.
Berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit
Das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) gewährleistete Recht des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit sei abzuwägen mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht des berichtenden Mediums auf Meinungsfreiheit. So sah es der BGH. Dieser gelangte zu dem Abwägungsergebnis, dass das Schutzinteresse des Klägers die schutzwürdigen Belange des veröffentlichenden Mediums nicht überwiege. Die angegriffenen Äußerungen ließen sich durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen.
BGH: Selbstöffnung durch Presseinterviews
Für den BGH-Senat sind Spekulationen über eine Beziehung des Klägers mit der Bloggerin Y. keine Belanglosigkeit, die diesen oberflächlich betreffen. Die Mitteilung, dass und mit wem der Kläger liiert sein könnte, stellte für sich genommen keinen schwerwiegenden Eingriff in die Privatsphäre dar. Im Übrigen habe der Kläger über Interviews die Öffentlichkeit gesucht.
Erfolgreiche Revision
Das Kammergericht Berlin hatte der Beklagten untersagt, in Bezug auf den Kläger mit Aussagen wie „Liebt er Sex-Bloggerin [Y]?“ über eine neue Beziehung zu berichten. Der BGH lies die Revision der Beklagten zu und wies die Klage ab. Gleichzeitig hob der BGH ein entsprechendes Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts Berlin auf und änderte ein Urteil der Zivilkammer 27 des Kammergerichts Berlin ab. Die Kosten des Rechtsstreits muss der Kläger nun tragen.