Die E-Mails, die all dies offenbarten, veröffentlichte die Bild-Zeitung unter voller Namensnennung im September 2010. Sie waren dem Axel Springer Verlag zugespielt worden.
Während das Landgericht Berlin und das Kammergericht den Springer-Verlag unter anderen noch dazu verurteilt hatten, es zu unterlassen, über das Verhältnis des ehemaligen Ministers zur Kindsmutter, seine mögliche Vaterschaft und die daraus resultierenden Unterhaltspflichten zu berichten und den Inhalt einzelner E-Mails in direkter oder indirekter Rede zu verbreiten, sah der Bundesgerichtshof dies gänzlich anders (BGH, Urt. v. 30.09.2014, Az.: VI ZR 490/12).
Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht
Zwar greife die Berichterstattung, die sich auf den Inhalt der zwischen dem ehemaligen Minister und der Kindsmutter gewechselten E-Mails stützt und die oben aufgeworfenen Fragen thematisiert, in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des ehemaligen Ministers ein, so der Bundesgerichtshof. Betroffen seien insbesondere die Vertraulichkeitssphäre und das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung. Diese Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts schützen vor allem auch die Telekommunikationsverbindungsdaten einschließlich der jeweiligen Kommunikationsinhalte, soweit sie nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeichert werden. Insoweit ergänze das Recht auf informationelle Selbstbestimmung den grundgesetzlich garantierten Schutz des Fernmeldegeheimnisses.
…Aber keine Rechtswidrigkeit des Eingriffs
Diese Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei jedoch nicht rechtswidrig: Das vom Springer-Verlag verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit gingen dem Interesse des ehemaligen Ministers am Schutz seiner Persönlichkeit vor. Auch die Veröffentlichung rechtswidrig beschaffter oder erlangter Informationen sei vom Schutz der Meinungsfreiheit umfasst, denn andernfalls sei die Funktion der Presse als “Wachhund der Öffentlichkeit” beeinträchtigt, zu der es gehöre, auf Missstände von öffentlicher Bedeutung hinzuweisen. Werden rechtswidrig erlangte Informationen zum Zwecke der Berichterstattung verwertet, komme es maßgeblich auf den Zweck der beanstandeten Äußerung und auf das zugehörige Mittel an, begründen die Richter ihre Entscheidung weiter.
Vorliegend habe sich der Springer E-Mails nicht durch vorsätzlichen Rechtsbruch verschafft, um sie zu publizieren. Zum anderen, so die Richter weiter, hätten die Informationen eine hohen „Öffentlichkeitswert“ und offenbarten einen Missstand von erheblichem Gewicht. So offenbarten die Informationen auch, dass der Kläger aus Eigeninteresse die wirtschaftliche Verantwortung für sein nichteheliches Kind auf den Steuerzahler abgewälzt hatte. Ein derartiges Verhalten sei für die Beurteilung der persönlichen Eignung des Klägers als Finanz- und Innenminister und Landtagsabgeordneter von maßgeblicher Bedeutung.
Bundesgerichtshof schafft mit neuem Urteil Rechtssicherheit
Bereits in der Cicero-Entscheidung (BGH, Urt. v. 27.02.2007, Az.: 1 BvR 538/06, 1 BvR 2045/06) stellte das BVerfG fest, dass die Presse auch Informationen veröffentlichen darf, welche durch eine Straftat erlangt wurden, so lange sie nicht selbst an selbiger Straftat beteiligt ist. Dies bestätigt mit diesem Urteil nun auch der Bundesgerichtshof und schafft zumindest etwas Rechtssicherheit für die Pressevertreter.(sh)
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