Investigativer Journalismus ist ein wichtiger Bereich der Medienarbeit. Dabei geht es um das Aufdecken und Aufzeigen von Missständen in Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport. Allerdings müssen dabei Grenzen beachtet werden, die insbesondere das Persönlichkeitsrecht derjenigen markiert, deren kritisiertes Tun oder Unterlassen Gegenstand der betreffenden Recherche ist.
Vorwürfe ohne Beweisgrundlage
Das ZDF bzw. ein für den öffentlich-rechtlichen Fernsehsender tätiger Journalist hat in einem Beitrag diese Grenzen überschritten. So sah es zumindest das LG Hamburg, das im Zuge eines Verfahrens zum Erlass einer einstweiligen Verfügung Passagen der Reportage „Das System Tönnies“ rügte, in denen gegenüber einem namentlich genannten und im Film gezeigten Tönnies-Mitarbeiter massive Vorwürfe erhoben wurden. Er wurde mit Schwarzgeld, Schmiergeld und Bestechungsgeld in Verbindung gebracht, ohne dass es dafür Beweise gibt. Das ist eine unzulässige Verdachtsberichterstattung. Der Mitarbeiter sah sich in seinen Rechten verletzt und erwirkte die einstweilige Verfügung.
Mit Änderungen weiterhin abrufbar
Weder der Sender noch der Journalist haben dieser einstweiligen Verfügung widersprochen. Statt dessen teilte das ZDF mit, der Beitrag sei weiterhin abrufbar – in leicht überarbeiteter Fassung. Der Sender stellte klar, dass es nicht um den Sendebeitrag „Das System Tönnies“ insgesamt ging, sondern nur um Mängel „an sehr wenigen Stellen“. Diese Mängel habe man behoben.
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.