Facebook darf Pseudonyme verbieten
Muss ich mich bei Facebook mit meinem echten Namen anmelden oder ist die Nutzung eines Pseudonyms erlaubt?
Macht es einen Unterschied, ob ich mich mit meinem Rufnamen anmelde oder vielleicht einfach als Mister X?
Das Oberlandesgericht München hat sich mit dieser juristischen Debatte befasst.
Facebook-Konto mit Fantasienamen
Zwei Personen legten sich jeweils ein Profil bei dem Online-Netzwerk Facebook an. Jedoch nicht unter ihrem Klarnamen, sondern unter Verwendung eines Fantasienamens.
Daraufhin sperrte Facebook beide Profile und verwies auf ihre Nutzungsbedingungen:
„Bei dem Namen in deinem Profil sollte es sich um den Namen handeln, unter dem dich deine Freunde im Alltag kennen. Dieser Name sollte auch auf einem Ausweis erscheinen.“
Die Nutzer gingen sodann gegen die Sperrung ihres Benutzerkontos vor. In erster Instanz kamen die Landgerichte noch zu unterschiedlichen Meinungen – doch das Oberlandesgericht München verdeutlicht nun: Die Klarnamenpflicht ist rechtens.
Klarnamenpflicht – Eine Schranke für die steigende Anonymität in sozialen Netzwerken
Die Verwendung von Pseudonymen in sozialen Netzwerken sei geeignet, Hassreden und Cyber-Mobbing zu fördern und zu erleichtern. Solchen Gefahren könne nur entgegengewirkt werden, indem man sich für eine „Wahre-Namen-Politik“ einsetze, so Facebook. Zwar stehe diese Politik den Interessen der Nutzer, ihre Meinung nach außen anonym zu äußern und so gegenüber anderen Nutzern nicht identifizierbar zu sein, gegenüber.
Jedoch sei es aufgrund des bezweckten Schutzes nicht zumutbar, die anonyme Nutzung der Plattform zu ermöglichen. Es solle gerade den Schutz vor verletzenden Verhaltensweisen ermöglichen – Nutzer müssen und können dadurch für das, was sie online sagen, stärker in die Verantwortung genommen werden.
So sei die Hemmschwelle hinsichtlich beleidigender, strafbarer Äußerungen und Handlungen bei Nutzung des tatsächlichen Namens deutlich höher als bei Verwendung eines Fantasienamens. Eine bereits präventive Einwirkung auf die Nutzerinnen und Nutzer müsse somit „angesichts eines mittlerweile weit verbreiteten sozialschädlichen Verhaltens im Internet“ gestattet sein.
Klarnamenprinzip als unangemessene Benachteiligung des Nutzers?
Die Regelung des Klarnamenprinzips stelle eine unangemessene Benachteiligung der Nutzerinnen und Nutzer gemäß § 307 Abs. 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) dar, da es gegen die zwingende Vorschrift des § 13 Abs. 6 Telemediengesetz (TMG) verstoße, so zahlreiche Juristen und Verbraucherschützer.
Die Vorschrift verpflichte Online-Netzwerke, wie Facebook, die Nutzung von Telemedien anonym oder unter der Verwendung eines Pseudonyms zu ermöglichen.
Facebook hingegen sieht die Klausel als rechtmäßig an. Würde die Klausel gegen die Vorschrift des § 13 Abs. 6 TMG verstoßen, so sei diese ihrerseits unionsrechtswidrig und mit den Grundsätzen und der Zielsetzung der aktuellen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nicht vereinbar – Ziel sei es, ein klares Verbot nationaler Vorschriften zu schaffen, die ein einheitliches Datenschutzniveau verhindern.
Das Oberlandesgericht München entschied nun, dass Facebook nicht gemäß § 13 Abs. 6 S. 1 TMG verpflichtet ist, die Nutzung der Dienste unter einem Pseudonym zu ermöglichen.
Die Nutzungsbedingungen, die jeden Nutzer verpflichtet seinen Rufnamen anzugeben, sei rechtmäßig. Das Gericht zog zur Lösung des Streits eine europarechtskonforme Auslegung der Vorschrift heran. Danach ist ein Anbieter durch die Vorschrift nur insoweit dazu verpflichtet, eine anonyme Nutzung zu gewährleisten, als ihm das auch zumutbar sei.
Die Entstehungsgeschichte der DSGVO sichere Facebook hier einen großen Spielraum zu – der in diesen Fällen nicht überschritten sei. So müsse Facebook die Nutzung der Dienste unter einem Pseudonym nach der Zumutbarkeitsprüfung nach § 13 Abs. 6 TMG gerade nicht ermöglichen.
OLG München: Klarnamenrichtlinie dient einer sichereren Gemeinschaft
Das soziale Netzwerk Facebook begründet das Festhalten an ihren Nutzungsbedingungen und der darin festgelegten Klarnamenrichtlinie damit, dass jede Person, die hinter ihren Meinungen und Handlungen stehe, zu einer sichereren Gesellschaft beitrage und vor allem stärker zur Rechenschaft gezogen werden könne.
Dieser Begründung schließt sich auch das Oberlandesgericht München an. Denn anders als im realen Leben – Angesicht zu Angesicht – sei die Hemmschwelle bei der Verwendung eines Pseudonyms, an einem sowieso schon anonymen Ort, nach allgemeiner Lebenserfahrung deutlich niedriger.
Die Verwendung des wahren Namens sei grundsätzlich geeignet, alle Nutzer von einem rechtswidrigen Verhalten im sozialen Netzwerk abzuhalten.