Facebook: Man spricht Deutsh
Das Amtsgericht Berlin Mitte hat entschieden, dass die Zustellung einer Klageschrift in deutscher Sprache an die in Irland ansässige Facebook Ireland Ltd. wirksam ist.
Eine Übersetzung in die dortige Amtssprache Englisch ist nicht erforderlich (AG Mitte, Versäumnisurteil v. 8.3. 2017, Az. 15 C 364/16; Quelle: Pressemitteilung vom 11.4.2017).
Facebook hatte ein Mitglied grundlos ausgesperrt
Facebook hatte den Kläger offenbar im Juni 2016 gesperrt. Dieser hatte zunächst versucht, Facebook außergerichtlich dazu zu bewegen, die Sperrung rückgängig zu machen.
Dies lehnte Facebook mit einer E-Mail vom 6.7.2016 mit der lapidaren Begründung ab, dass der Kläger zur Nutzung von Facebook nicht berechtigt sei. Aus Sicherheitsgründen könnten jedoch leider keine zusätzlichen Informationen zur Sperrung erteilt werden.
Facebook verweigerte die Entgegennahme der Klage
Da auch die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erfolglos blieb, hat der Nutzer gegen die für die deutsche Facebookseite unter facebook.de zuständige Niederlassung in Ireland Klage erhoben und die Klageschrift nebst Anlagen in deutscher Sprache eingereicht. Die Zustellung dieser Dokumente ist am Sitz der Beklagten in Irland erfolgt, ohne dass die Klageschrift nebst Anlagen zuvor in die englische Sprache übersetzt worden waren.
Nach der europäischen Zustellungs-Verordnung darf der Empfänger die Annahme des zuzustellenden Schriftstücks verweigern, wenn es nicht in der Amtssprache des Empfangsmitgliedstaates oder in einer Sprache, die der Empfänger versteht, verfasst bzw. keine entsprechende Übersetzung beigefügt ist.
Facebook verteidigte sich gegen die Klage nicht, sondern zog sich auf den formellen Standpunkt zurück, dass die Rechtsabteilung kein Deutsch verstehe und die Klage daher nicht wirksam zugestellt worden sei.
Facebook muss schon wegen 20 Millionen deutscher Nutzer Deutsch können
Dieser – gelinde gesagt – interessanten Auffassung erteilte das Gericht eine Absage:
Es sei bei Unternehmen für die Sprachkenntnisse nicht auf die persönlichen Fähigkeiten der Mitglieder der Geschäftsleitung abzustellen, sondern auf die Organisation des Unternehmens insgesamt. Entscheidend sei insoweit, ob aufgrund des Umfangs der Geschäftstätigkeit in einem bestimmten Land davon ausgegangen werden kann, dass im Unternehmen Mitarbeiter vorhanden sein müssten, welche sich um rechtliche Auseinandersetzungen mit den Kunden kümmern können.
Dabei könnten regelmäßig schon ausreichende Kenntnisse derjenigen Sprache zugrundegelegt werden, die im Geschäftsverkehr des Adressaten genutzt worden sind. Das Amtsgericht hielt die Einwände von Facebook aufgrund der folgenden Punkte für nicht stichhaltig:
- Die gesamte Facebook-Oberfläche ist in deutscher Sprache gehalten.
- Sämtliche im Verhältnis zwischen den Parteien verwendeten Dokumente sind auf Deutsch (zB die AGB, die Datenrichtlinie und die Cookie-Richtlinie).
- Die Deutsche Sprache wird in den AGB nicht ausgeschlossen.
- Ein Mitarbeiter hatte die Beschwerde des Klägers in deutscher Sprache beantwortet.
- Facebook hat 20 Millionen deutsche Kunden.
Fazit:
Die Entscheidung des Amtsgerichts Berlin Mitte ist uneingeschränkt zu begrüßen. In der Praxis bereiten neben der materiellen Rechtslage insbesondere die formellen Spitzfindigkeiten, die sich die aus dem (europäischen) Ausland operierende Internetunternehmen wie Google, eBay, Amazon und eben auch Facebook einfallen lassen, immer wieder Probleme.
In vielen Fällen ist die materielle Rechtslage klar. Sogar die Zuständigkeit deutscher Gerichte kann mittlerweile unter Bezugnahme auf aktuelle europäische Rechtsprechung in den meisten Fällen unproblematisch dargelegt werden. Selbst, wenn in vielen Fällen somit zügig einstweilige Verfügungen gegen das betreffende Unternehmen erwirkt werden können, verursachen notwendig werdende Übersetzungen jedoch erheblichen Zeit- und Kostenaufwand.
Schließlich ist dies insbesondere problematisch, wenn das entscheidende Gericht, so wie es nicht wenige Gerichte tun, auch die Zustellung der Antragsschrift mit Anlagen anordnet, die nicht selten bis zu 100 Seiten stark sind. Auch diese Unterlagen müssen nämlich sicherheitshalber vollständig übersetzt werden, um eine wirksame Vollziehung gewährleisten zu können. Die entsprechenden Kosten, die der Schuldner zwar später erstatten, der Gläubiger aber zunächst vorschießen muss, können in die Tausende Euro gehen.
Es steht daher zu hoffen, dass die Berufungsinstanz, die Facebook unserer Erfahrung nach mit Sicherheit anrufen wird, die Entscheidung des Amtsgerichts hält und so ein für alle Mal Rechtssicherheit schafft.
Wir haben uns auf den Schutz von Unternehmen und Persönlichkeiten spezialisiert. Falls Sie Fragen zur internationalen Rechtedurchsetzung haben, rufen Sie uns gerne an oder schreiben uns eine E-Mail.