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LG Frankfurt: Unterlassungsanspruch wegen der Verletzung des Rechts am eigenen Bild bei Versenden eines Bildnisses über WhatsApp

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Vor einiger Zeit berichteten wir über einen von durch unsere Kanzlei beim Landgericht Frankfurt am Main erwirkten Beschluss (LG Frankfurt, Beschluss v. 30.9.2014, Az. 2-03 O 378/14), in welchem es zwei „Youtubern“ untersagt wurde, die Fotografie unserer Mandantin im Internet öffentlich zur Schau zu stellen.

Unsere Mandantin war eines Tages völlig unvorbereitet von Freunden auf ein von ihr im Internet kursierendes Bild hingewiesen worden, welches sie in Rückenansicht zeigt und entgegen der wahren Tatsachen vermuten ließ, dass sie sehr spärlich bekleidet am Schulunterricht teilgenommen hatte. Eine Klassenkameradin hatte das Bild heimlich aufgenommen und zu allem Überfluss nicht nur an zahlreiche Freunde und Bekannte über das Anwendungsprogramm Whatsapp-Messenger versendet, sondern auch noch auf einer der weltweit größten „Funny-Websites“ hochgeladen und kommentiert. Das auf der Website hochgeladene Bild wurde daraufhin tausendfach geteilt, bewertet und kommentiert, teils in massiv herabwürdigender und beleidigender Art und Weise. Auch die beiden „Youtuber“ hatten das Bild „aufgegriffen“ und auf ihren Facebook-, Instagram- und Twitter-Präsenzen noch einmal mehrfach in die virtuelle Welt hinaus getragen.

Neben einem Vorgehen gegen die „Youtuber“ war auch ein gerichtliches Vorgehen gegen die Klassenkameradin unserer Mandantin erforderlich geworden. Denn die Klassenkameradin und ihre Eltern hatten sich trotz zahlreicher Versuche seitens der Mutter unserer Mandantin und auch unsererseits, geweigert, eine nach den Vorgaben der Rechtsprechung in solchen Fällen erforderliche Unterlassungserklärung außergerichtlich abzugeben.

Klage gegen die Klassenkameradin: Richter in Frankfurt bestätigen sämtliche geltend gemachten Unterlassungsbegehren

Ende Mai fand die mündliche Verhandlung in dieser Sache vor dem Landgericht in Frankfurt am Main statt. Schnell wurde deutlich, dass die angerufene Kammer sämtliche unsererseits geltend gemachten Unterlassungsbegehren als begründet ansah. Diese Auffassung der Kammer bestätigte sich später auch in der Begründung der Ablehnung des Antrags der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe – diese wurde abgelehnt, da der Verteidigung der Beklagten keine Erfolgsaussicht beigemessen wurde (LG Frankfurt, Beschluss v. 28.05.2015, Az. 2-03 O 452/14).

Der Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte nach §§ 1004 Abs. 1 S. 2 analog, 823 Abs. 1 wegen der heimlichen Anfertigung der streitgegenständlichen Aufnahme zu.

Die Beklagte sei deliktsfähig und damit auch für ihre Tat verantwortlich. Nach § 828 Abs. 3 BGB sind Jugendliche zwischen 7 und 18 Jahren dann verantwortlich, wenn sie bei der Begehung der Handlung die zur Erkenntnis ihrer Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht besaßen. Vorliegend sei davon auszugehen, dass es der Beklagten möglich war, das Unrecht ihrer Handlung und damit die Verpflichtung zu erkennen, für die Folgen ihres Tuns einstehen zu müssen.

Ferner bestätigte das Gericht die für den Anspruch erforderliche Erkennbarkeit der Klägerin. Trotz der Abbildung in Rückenansicht ergebe sich diese aus den sichtbaren Umständen: Insbesondere sei auf der Fotografie ein Klassenraum und zwei Mitschüler deutlich zur erkennen, sodass die Klägerin jedenfalls für Teilnehmer dieses Unterrichts und auch für weitere Personen an der Schule erkennbar gewesen sei. Dabei reiche es aus, dass aus der Sicht der Klägerin die Erkennbarkeit zu befürchten sei, so das Gericht weiter.

Weiterhin bestätigte das Gericht unsere Auffassung, dass bereits die Anfertigung von Fotografien von Personen eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Abgebildeten darstellt, sofern sie ohne dessen Einwilligung erfolgt und spezielle Rechtfertigungsgründe nicht ersichtlich sind – was vorliegend der Fall sei. Ist eine rechtswidrige heimliche Anfertigung eines Bildnisses erfolgt, so besteht eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer den Unterlassungsanspruch auslösenden Wiederholungsgefahr, so die Kammer weiter. Die Wiederholungsgefahr sei nicht durch die Abgabe einer den Anforderungen der Rechtsprechung genügenden Unterlassungserklärung außergerichtlich ausgeräumt worden.

Der Klägerin stehe zudem ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte nach §§ 1004 Abs. 1 S. 2 analog, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KunstUrhG wegen der Verbreitung des streitgegenständlichen Bildnisses über das Anwendungsprogramm WhatsApp-Messenger zu.

Letztlich stehe der Klägerin auch auch ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte nach §§ 1004 Abs. 1 S. 2 analog, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KunstUrhG wegen der öffentlichen Zurschaustellung des Bildnisses im Internet zu. Die Beklagte habe unstreitig das Bildnis auf einer Internetplattform hochgeladen und das Bildnis damit im Sinne des KunstUrhG öffentlich zur Schau gestellt.

Nun also doch: Abgabe der Unterlassungserklärung und Erteilen der geforderten Auskunft vor dem Richterpult in der mündlichen Verhandlung

Nachdem die Kammer im Termin ihre Auffassung dargelegt hatte und klar wurde, dass sie im Ergebnis alle Ansprüche als gegeben ansahen, wurde die außergerichtlich so vehement verweigerte Unterlassungserklärung im Termin durch die Beklagte abgegeben. Die Beklagte verpflichtete sich, es bei Meidung einer von der Klägerin angemessen festzusetzenden Vertragsstrafe, die im Streitfalle über die Angemessenheit vom zuständigen Gericht zu überprüfen ist, zu unterlassen, Bildnisse der Klägerin heimlich anzufertigen und/oder die das Bildnis der Klägerin enthaltenden Aufnahmen zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, und/oder das Bildnis der Klägerin öffentlich zur Schau zu stellen und/oder zur Schau stellen zu lassen.

Darüber hinaus erteilte die Beklagte – nach einiger Diskussion – die klägerseits geforderten Auskünfte und nannte insbesondere auch die Namen derer, an die die Beklagte das Bildnis über den Whatsapp-Messenger geschickt hatte.

Auch bezüglich der unserer Mandantin entstandenen – und dementsprechend eingeklagten – Kosten für das außergerichtliche Vorgehen wurde eine vergleichsweise Einigung erzielt, so dass diese unserer Mandantin nunmehr erstattet werden.

Selbstverständliche Annahme eines „Verbreitens“ bei unkörperlicher Weitergabe eines Bildnisses

Besonders hervorzuheben ist in diesem Fall die fasst selbstverständliche Annahme des Gerichts, dass das Versenden eines Bildnisses über das Anwendungsprogramm Whatsapp-Messenger ein „Verbreiten“ im Sinne des § 22 KunstUrhG darstelle.

§ 22 KunstUrhG erfasst grundsätzlich zwei Verletzungshandlungen, welche die Annahme eines Unterlassungsanspruchs wegen der Verletzung des Rechts am eigenen Bild rechtfertigen: Das „Verbreiten“ eines Bildnisses und das „öffentliche zur Schau stellen“ eines Bildnisses. So heißt es in § 22 S. 1 KunstUrhG:

„Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.“

Das öffentliche zur Schau stellen eines Bildnisses ist dabei die Schaffung der Möglichkeit, das Bildnis wahrzunehmen. Für den Begriff der „Öffentlichkeit“ ist es erforderlich, dass die Wiedergabe einer Aufnahme für eine Mehrzahl von Personen bestimmt ist. Der Kreis der Personen ist dabei nicht bestimmt abgegrenzt und die jeweiligen Personen sind nicht durch gegenseitige Beziehungen oder durch Beziehung zu dem Veranstalter miteinander verbunden. Insbesondere wird von der Verletzungshandlung des öffentlichen zur Schau Stellens die Verwendung des Bildnisses im Internet umfasst.

Das „Verbreiten“ eines Bildnisses ist eine Handlung, bei welcher ein Bildnis in den Verkehr gebracht wird oder in sonstiger Weise angeboten wird. Erfasst ist jedes in den Verkehr bringen oder Anbieten, ob im privaten oder im öffentlichen Bereich – dies im Unterschied zur Verletzungshandlung des öffentlichen zur Schau Stellens.

Bisher galt dabei in der Literatur und auch in der Rechtsprechung allein eine körperliche Verbreitung des Bildnisses als „Verbreiten“ im Sinne des § 22 KunstUrhG, d.h. eine meist nach einer Vervielfältigung eines Bildnisses erfolgende körperliche Weitergabe eines Abzuges oder auch des Originals selbst. Die unkörperliche, d.h. die „digitale“ Weitergabe hingegen war nicht erfasst.

Demensprechend erstaunt die selbstverständliche Annahme des Gerichts, eine unkörperliche, digitale Weitersendung eines Bildnisses über ein Messenger-Programm stelle ein „Verbreiten“ im Sinne des KunstUrhG dar.

Übertragung des Grundsätze der Auslegung des § 17 UrhG auf das Recht am eigenen Bild

Bedauerlicherweise enthält die Begründung der Kammer zur Ablehnung des Antrags der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe keine begründenden Ausführungen zu dieser hochspannenden und brisanten Rechtsfrage.

Völlig zu Recht geht das Gericht jedoch unserer Ansicht nach im Ergebnis von der Annahme aus, dass es nicht darauf ankommen kann, ob eine körperliche oder eine unkörperliche Verbreitung des Bildnisses vorliegt.

Dies gilt unseres Erachtens insbesondere vor dem Hintergrund, dass für den Begriff des „Verbreitens“ in § 22 KunstUrhG auf den Begriff des „Verbreitens“ im Sinne des § 17 UrhG zurückzugreifen ist. Insoweit kann im Hinblick auf die jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil v. 3.7.2012, Az. C-128/11) und ihm folgend auch die des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil v. 17.7.2013, Az. I ZR 129/08) zum Urheberrecht in Bezug auf das Recht am eigenen Bild nichts anderes gelten, als dass das „Verbreiten“ sowohl die körperliche als auch die unkörperliche Weitergabe erfasst.

Denn der EuGH – und ihm folgend der BGH – urteilte ausdrücklich, dass eine Veräußerung von gebrauchter Software über das Internet in der Weise, dass einem Kunden die Möglichkeit geboten wird, die entsprechenden Dateien herunterzuladen und lokal auf einem Datenträger zu speichern, ein „Verbreiten“ im Sinne des § 17 Abs. 1 UrhG darstelle. Damit bestätigt die höchstrichterliche Rechtsprechung, dass ein „Verbreiten“ im Sinne des § 17 UrhG gerade auch durch ein digitales, unkörperliches Verbreiten eines Werkes vorliegen kann – in anderer Weise also als durch Übergabe eines körperlichen Vervielfältigungsstückes.

Erst recht muss eine solche Auslegung des Begriffes des „Verbreitens“ aufgrund der aktuellen Entwicklungen und der zunehmenden Digitalisierung im Bereich der Verbreitung von Bildnissen und damit im Rahmen des § 22 KunstUrhG gelten. Anders wäre ein – nicht öffentliches – Versenden eines Bildnisses in digitaler Form – wie etwa bei einer Versendung über sämtliche Messenger-Programme – rechtlich nicht greifbar.

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