Lolita, Lügen, Landgericht: einstweilige Verfügung gegen Springer-Zeitungen in vermeintlicher Hertha-BSC Sex-Affäre
Wie unter anderem der Tagesspiegel und der Focus berichten hat das Landgericht Berlin den Zeitungen BILD und B.Z. per einstweiliger Verfügung untersagt, wesentliche Teile ihrer Berichtserstattung in der sogenannten „Lolita-Affäre“ des Fußballvereins Hertha BSC fortzusetzen.
Was war geschehen?
Für diejenigen, die „verpasst“ haben, worum es geht: Ein 16-jähriges Mädchen hatte gegenüber den vorgenannten Zeitungen behauptet, gleichzeitig sexuelle Beziehungen zu mehreren Spielern des Vereins unterhalten zu haben. BILD und B.Z. zauberten aus dieser Behauptungen unter dem Schlagwort „Hertha-Lolita“ mehrere geschmacklose Titelgeschichten über schmutzigen Sex im Kinderzimmer, unter Verwendung von ganzseitigen Fotos, welche das Mädchen in engen Hotpants, im leicht verschwommenen Profil oder mit einem das Gesicht nur teilweise verdeckenden Smartphone zeigten. Außerdem griffen sie für ihre Berichterstattung auf vermeintliche Chat-Protokolle zwischen den Fußballspielern und dem Mädchen zurück. Als Gegenleistung für die Berichterstattung und die Verwendung der Fotos erhielt das Mädchen einen Betrag in Höhe von EUR 5.000,00. Bemerkenswert ist, dass offenbar keiner der verantwortlichen Redakteure jemals direkt mit den Eltern des Mädchens kommuniziert hat. Sie verließen sich auf die Unterschrift unter einer Einverständniserklärung, welche das Mädchen ihnen vorlegte.
Kurze Zeit später nahm die 16-jährige ihre Behauptungen dann zurück: Per eidesstattlicher Versicherung gab sie nunmehr an, dass sie gelogen und niemals Geschlechtsverkehr mit einem Hertha-Spieler gehabt hätte. Außerdem versicherte sie an Eides statt, dass ihre Eltern ihr den Interview-Termin mit den Reportern verboten hätten und sie daraufhin deren Unterschrift gefälscht habe. Angeblich zeigte sich das Mädchen sogar selbst wegen Urkundenfälschung an. Doch ungeachtet dessen setzten die Zeitungen ihre Berichterstattung unverändert fort. Auch als das Mädchen die EUR 5.000,00 wieder zurückzahlte.
Berichterstattung mangels Einwilligung der Eltern rechtswidrig
Das Landgericht Berlin untersagte nun per einstweiliger Verfügung die weitere Bildberichterstattung sowie weite Teile der Wortberichterstattung, weil es an der erforderlichen Einwilligung der Eltern fehlte. Gemäß § 106 BGB ist diese nämlich solange erforderlich bis der Betroffene die Volljährigkeit erlangt. Zwar geht das Bürgerliche Gesetzbuch in § 1617 BGB davon aus, dass ab dem 14. Lebensjahr eine grundsätzliche Einsichtsfähigkeit besteht. Dies bedeutet jedoch nur, dass die Einwilligung der Eltern nicht mehr allein ausschlaggebend ist, sondern weiterhin neben der Einwilligung des Minderjährigen zu berücksichtigen ist. Je älter und einsichtsfähiger der Betroffene ist, desto weniger darf die Einwilligung der gesetzlichen Vertreters zwar gegen den Willen des Minderjährigen ausgeübt werden, jedoch wird man bei lasziven Fotos und einer Wortberichterstattung aus dem (vermeintlichen) Sexualleben einer Minderjährigen wohl zurecht davon ausgehen müssen, dass die Einwilligung der erziehungsberechtigten Eltern letztlich ausschlaggebend sein muss.
Die betroffenen Zeitungen gehen dennoch weiterhin von einer zulässigen Wort- und Bildberichterstattung aus. Wie zu lesen ist, werden sie gegen die einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin Widerspruch einlegen.
Mit Sex und Fußball ist eben immer Kasse zu machen. Und wenn Sex und Fußball dann auch noch zusammentreffen, gibt es beim Boulevard im Kampf gegen bröckelnde Auflagen leider immer weniger moralische Bedenken… (ab)