Ist die Bezeichnung „Rabauken-Jäger“ eine Beleidigung? Diese Frage beschäftigte gleich mehrere Instanzen.
Dass man als „Presseopfer“ mal mit Grund den Glauben an die Menschheit verlieren kann, mag ein Jäger aus Pasewalk wohl gut nachempfinden.
Ein totes Reh in einer Gefahrenzone
Der Mann hatte in vor längerer Zeit durch ein Unfallereignis exorbitant in Mitleidenschaft gezogenes und schon länger totes Reh kurzerhand mit einem Strick an der Anhängerkopplung befestigt und dann aus der Gefahrenzone gezogen, um sich an sicherer Stelle um eine ordnungsgerecht- und waidgerechte Kadaverentsorgung zu kümmern.
Die Szene mit dem Seil war nun einem Lokaljournalisten vor die Linse gekommen, der ohne groß nachzufragen die Mär vom „Rabaukenjäger“ niederschrieb und in der ansonsten für knallharte Recherche bekannten Haff-Zeitung veröffentlichte. Vermeintlich grundlos angegriffen erstatte der Jäger Anzeige wegen Beleidigung und obsiegte auch in den gängigen und für solcherart Kleinkram zuständigen Instanzen (Amtsgericht Pasewalk, Landgericht Neubrandenburg).
Das Urteil des OLG Rostock
Der Redakteur akzeptierte das Bußgeld nicht und rief das Oberlandesgericht Rostock (OLG Rostock, Urteil v. 09.09.2016, Az. 20 RR 66/16) an. Dieses setzte sich auf eine – sagen wir mal – intellektuellere Art und Weise mit der Berichterstattung auseinander und sprach den Zeitungsmann vom Vorwurf der Jäger-Beleidigung frei: Presserecht und Meinungsfreiheit gehen vor.
Der Begriff “Rabauken-Jäger” habe in der konkreten Verwendung keinen relevanten herabsetzenden Charakter. Der Fotograf der Haff-Zeitung habe den Begriff in „feuilletonistischironisierender“ Weise genutzt – eventuell um die Verschiedenartigkeit der Möglichkeiten des Wildtransportes zu erörtern und Grenzverletzungen zu veranschaulichen, so darf vermutet werden.
Strafrechtlich sei da gar nichts zu beanstanden, zumal sich der Jäger wegen urlaubsbedingter Abwesenheit auch selbst der Möglichkeit beraubte, zum Sachverhalt vor Veröffentlichung Stellung zu beziehen. Im Ganzen sei der Umgang mit dem Reh schon nicht waidmännisch gewesen, die Dokumentation des Vorganges also schon Bringschuld eines aufmerksamen Lokal- bzw.. Jagd-Journalismus‘. Da gehe das berechtigte Interesse der Presse an aktueller Berichterstattung vor etwaiger Ehrverletzung. Ein Abwarten bis zur Rückkehr des Rabaukenjägers war wegen der Brisanz der Thematik nicht in Frage gekommen, da die sozialen Medien das Thema schon befeuert hatten.
Fazit
Mit Hinblick auf die Ereignisse eine zweifelhafte Entscheidung, die nur aufgrund ihrer strafrechtlichen Natur hingenommen werden kann. Zivilrechtlich dürfte der Fall nämlich ganz anders aussehen, da der Jäger völlig unberechtigterweise als “Rabauke” da steht. Er hatte schließlich nur die Drecksarbeit für einen rücksichtslosen Autofahrer gemacht, der das Reh nicht nur totgefahren sondern auch achtlos auf der Straße liegen gelassen hatte. (la)
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