Das Landgericht Hamburg sprach Corinna Schumacher mit Urteil vom 25.09.2015 (Az. 324 O 161/15) wegen der wiederholten, hartnäckigen Veröffentlichung von Bildern, auf welchen sie wenige Tage nach dem Skiunfall ihres Mannes auf dem Weg zu ihm ins Krankenhaus gezeigt wurde, eine Geldentschädigung in Höhe von 60.000,00 € zu.
Die Voraussetzungen für eine Geldentschädigung dem Grunde nach
Der Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung als Ausgleich für erlittene Persönlichkeitsrechtsverletzungen infolge rechtswidriger Medienberichterstattung findet seine Berechtigung grundsätzlich darin, dass anderenfalls die Beeinträchtigung dieses Rechts ohne Rechtsschutz und damit der vom Grundgesetz vorgesehene Schutz der Persönlichkeit lückenhaft blieben.
Ein Anspruch auf Geldentschädigung nach § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG wird bei Verletzungen des Persönlichkeitsrechts von der Rechtsprechung immer dann gewährt, wenn die Persönlichkeitsrechtsverletzung schwer ist, der Eingriff schuldhaft begangen wurde, keine anderweitigen befriedigenden Ausgleichsmöglichkeiten in Betracht kommen oder erfolglos angestrebt wurden und demzufolge ein unabwendbares Bedürfnis für eine Geldentschädigung besteht.
Diese Voraussetzungen sahen die Richter in Hamburg als gegeben an.
Das der Veröffentlichung entgegenstehende berechtigte Interesse
Grundsätzlich dürfen Bildnisse einer Person nach § 22 des Kunsturhebergesetzes (KunstUrhG) nur veröffentlicht werden, wenn die abgebildete Person damit einverstanden ist – Recht am eigenen Bild. Ausnahmsweise ohne Einwilligung dürfen Bildnisses nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG dann verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt werden, wenn dadurch Informationsinteressen wahrgenommen werden und die Verbreitung des jeweiligen Bildnisses einen zeitgeschichtlichen Nachrichtenwert hat und einem Informationszweck dient. Die Vorschrift nimmt damit auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit Rücksicht.
Ob die Veröffentlichung der Bilder von Corinna Schumachers Besuch ihres Mannes im Krankenhaus als zeitgeschichtliches Ereignis – getragen von der Ausnahme des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG – zulässig war, kann nach dem Hamburger Richterspruch dahinstehen, da jedenfalls der Absatz 2 der vorgenannten Regelungen greife, nach dem § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG nur vorbehaltlich dessen gilt, dass keine berechtigten Interessen des Abgebildeten entgegen stehen. Gerade dies sei vorliegend der Fall.
Zwar bestehe nach Ansicht des Gerichts auf der einen Seite ein ganz erhebliches Interesse der Öffentlichkeit daran zu erfahren, wie die Klägerin mit einer solchen Ausnahmesituation umgeht und zurechtkommt. Auf der anderen Seite aber sei die Klägerin im Kern ihrer Privatsphäre betroffen, da sie in einer Situation gezeigt werde, in der sie die Möglichkeit haben müsse, mit ihrem Schmerz, ihrer Verzweiflung und ihrer Unsicherheit umzugehen, was ihr gerade nur unbeobachtet und abseits der Öffentlichkeit möglich sei. Das Gericht betonte insoweit auch noch einmal, dass es sich bei der Klägerin gerade nicht um das Unfallopfer selbst handele, sondern eben seine Frau und bejahte die der Veröffentlichung entgegenstehenden berechtigten Interessen der Klägerin.
Die schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts
Die Richter stuften die vorliegende Persönlichkeitsrechtsverletzung auch als so schwerwiegend ein, dass sie die Zahlung einer Geldentschädigung rechtfertige. Insbesondere wertete das Gericht die Intensität des Eingriffs, die Beweggründe der Beklagten und den Grad des vorliegenden Verschuldens als gewichtig.
Die vorliegende Veröffentlichung erschöpfe sich nicht in der bloßen Veröffentlichung von Fotos. Vielmehr erhalte sie ihr besonderes Gewicht dadurch, dass die Beklagte durch die wiederholte einwilligungslose Veröffentlichung der Fotos der Klägerin dessen Recht am eigenen Bild mit besonderer Hartnäckigkeit verletze und sich zumindest nach der durch die Klägerin ausgesprochenen ersten Abmahnung mit der weiteren Veröffentlichung über ihren ausdrücklich erklärten entgegenstehenden Willen hinweggesetzt habe. Insgesamt seien die Fotos der Klägerin über einen Zeitraum von drei Monaten immer wieder veröffentlicht worden, teilweise auf der Titelseite, teilweise großformatig im Innenteil einer Zeitschrift. Zu diesem wiederholten Rechtsbruch trete damit die bewusste Missachtung des erklärten Willens der Klägerin hinzu, wobei die Beklagte um des eigenen wirtschaftlichen Vorteils willen gehandelt habe.
Diese besondere Hartnäckigkeit der Berichterstattung begründe zugleich ein ganz erhebliches Verschulden der Beklagten, da ihre Mitarbeiter durch ihr Vorgehen die journalistischen Sorgfaltspflichten grob missachtet hätten.
Weiterhin sei die Eingriffsintensität aufgrund der Fokussierung auf „Gesicht und Haltung“ der Klägerin in dieser Ausnahmesituation außerordentlich erheblich. Die Bildnisveröffentlichungen könnten nach Ansicht der Richter bereits deshalb keinen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung leisten, weil es an einer entsprechenden selbstreflektiven Betrachtung der Situation fehle. Denn niemand, der sich nicht in einer solchen Situation befunden hat, könne ermessen, unter welcher psychischen Belastung die Klägerin stand. Es handele sich bei der Darstellung letztlich um nicht mehr als um Voyeurismus, der eine Entschädigung in der zugesprochenen Höhe rechtfertige.
Im Ergebnis lasse sich also die schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin nicht in anderer Weise als durch die Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes in Gestalt der Geldentschädigung ausgleichen.
Zahlung von Geldentschädigungen in Deutschland
Nach der „Rekord-Geldentschädigung“ in Höhe von 635.000,00 €, die Jörg Kachelmann gegen das Medienhaus Axel Springer vor dem Landgericht Köln durchgesetzt hatte, spricht nun auch das Landgericht Hamburg eine durchaus beachtliche Summe für eine Geldentschädigung aus. Es bleibt abzuwarten, wie sich die von den Gerichten zugesprochenen Geldentschädigungssummen – insbesondere auch in Fällen von weniger prominenten Betroffenen – in Zukunft weiter entwickeln.
UPDATE Februar 2017:
Das Oberlandesgericht Hamburg hat die Entscheidung des Landgerichts im Berufungsverfahren bestätigt (Az.: 7 U 94/15).