"Muppet-Show: … am besten in die Geschlossene!"
“Der Mann [Jens Lehmann, der Verfasser] gehört auf die Couch”.
Wir hatten über den Rechtsstreit zwischen den Torhütern Tim Wiese und Jens Lehmann berichtet.
In der mündlichen Verhandlung vor der 8. Zivilkammer des Landgerichts München II hatte der Vorsitzende Richter gegenüber den Kontrahenten angeregt, einen Vergleich zu schließen, um die Angelegenheit einer endgültigen Erledigung zuzuführen.
Die angesetzte Einigungsfrist lief ohne Einigung ab. Da eine Einigung grundsätzlich immer ein beidseitiges Entgegenkommen beinhaltet und weder Jens Lehmann noch Tim Wiese dafür bekannt sind, gerne nachzugeben, war der fruchtlose Ablauf der Einigungsfrist damit keine große Überraschung.
Als eine kleine Überraschung könnte auf den ersten Blick aber das jetzt ergangene Urteil des Landgerichts München II angesehen werden. Das Gericht sah in den eingangs noch einmal plakativ aufgezeigten Äußerungen von Tim Wiese streitgegenständlich im Ergebnis keine dem Antrag von Jens Lehmann entsprechende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Tim Wieses Aussagen waren als Meinungsäußerungen grundsätzlich erst einmal von der Meinungsfreiheit gedeckt. Das Gericht hatte nun zu entscheiden, ob die Äußerungen die Grenze zur Formalbeleidigung oder zur Schmähkritik überschritten haben oder nicht.
Zur Klarstellung: Handelt es sich bei einer Äußerung um eine Formalbeleidigung oder Schmähkritik, bei der nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die bloße Diffamierung einer Person im Vordergrund steht, oder berührt eine Äiußerung die Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG, so tritt die Meinungsfreiheit stets zurück und es liegt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor (vgl. exemplarisch BVerfGE 93, 266, 294).
Wenn man bedenkt, dass Tim Wiese mit den streitgegenständlichen Äußerungen auf eine Kritik von Jens Lehmann in Bezug auf seine Spielweise in einem Werder-Spiel konterte, kann man die Entscheidung der Richter zunächst schon als kleine Überraschung einstufen.
Nach dieser Entscheidung steht – unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und insbesondere des Klagebegehrens von Jens Lehmann – bei den Aussagen von Tim Wiese
«Der Lehmann soll in die Muppet-Show gehen. Der Mann gehört auf die Couch. Vielleicht wird ihm da geholfen. Einweisen – am besten in die Geschlossene!»
gerade nicht die Diffamierung der Person Jens Lehmann im Vordergrund. Auch die Menschenwürde von Jens Lehmann ist danach nicht betroffen. Die Richter beurteilen die Äußerungen von Tim Wiese damit in dem durch die Klage von Jens Lehmann vorgegebenen Prüfungsrahmen für eine Auseinandersetzung in der Sache – und das war doch eigentlich die Beurteilung der Spielweise von Tim Wiese durch Jens Lehmann.
Jetzt könnte man davon ausgehen, dass die Richter entweder ein ganz feines Gespür in Bezug auf die Person Jens Lehmann bewiesen haben, indem sie die erfolgten Äußerungen in einer Art Gesamtschau gerade in Bezug auf die Persönlichkeit von Jens Lehmann als sachlich und nicht diffamierend einstuften, oder aber, dass die Richter bei Torhütern grundsätzlich andere Maßstäbe ansetzen, als bei “normalen Menschen”.
Wenn man aber bedenkt, dass Jens Lehmann hier gerade einen Geldentschädigungsanspruch in Höhe von 25.000,00 € geltend gemacht hat, bei welchem die Voraussetzungen – entsprechend unseres vorhergehenden Blog-Artikels – sehr viel höher sind, als beim reinen Unterlassungsanspruch, erscheint das Urteil im Ergebnis doch nicht wirklich als überraschend.
Unter dem Strich bleibt die Erkenntnis: Muppet-Show eben (ha).