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Focus Markenrecht
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Natascha K., ein Phantombild und das Urheberrecht

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Das Handelsgericht Wien hat dem EuGH (Rechtssache C-145/10) u.a. die Rechtsfrage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob ein Phantombild, das auf der Grundlage einer Fotografie erstellt worden ist, ohne Zustimmung der Urheberin der Fotografie in Zeitungen, Zeitschriften und dem Internet veröffentlicht werden darf.

Hierbei spielen zwei interessante Teilfragen eine Rolle, zum einen, ob auch die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Phantombilds eine Vervielfältigung der Fotografie sein kann, die als Vorlage für seine Erstellung gedient hat, und zum anderen, ob die Verwendung eventuell durch Art. 5 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft gedeckt ist:

(3) Die Mitgliedstaaten können in den folgenden Fällen Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf die in den Artikeln 2 und 3 vorgesehenen Rechte vorsehen:

e. für die Nutzung zu Zwecken der öffentlichen Sicherheit oder zur Sicherstellung des ordnungsgemäßen Ablaufs von Verwaltungsverfahren, parlamentarischen Verfahren oder Gerichtsverfahren oder der Berichterstattung darüber

Die Generalanwältin ist in Ihrem Schlussantrag der Ansicht, dass eine urheberrechtlich geschützte Vervielfältigung naheliege, wenn zunächst die streitgegenständliche Fotografie eingescannt und dieser Scan dann mit Hilfe eines Programms modifiziert worden ist, das Phantombild somit unmittelbar aus dem eingescannten Bild entstanden ist. Voraussetzung sei jedoch, dass in dem Phantombild weiterhin die persönliche geistige Schöpfung verkörpert ist, die den urheberrechtlichen Schutz der fotografischen Vorlage begründet.

Hinsichtlich der Anwendbarkeit des Art. 5 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie 2001/29 sei zu beachten, dass sich die mit der Fahndung verfolgten Zwecke nicht erledigt haben dürfen (wie etwa durch den Tod des Täters) und die Vervielfältigung objektiv geeignet sein muss, diese Zwecke zu verfolgen.

„Allerdings kann trotz der Umstände, dass eine nationale Sicherheitsbehörde in der Vergangenheit zur Fahndung aufgerufen und in diesem Zusammenhang Bilder zur Veröffentlichung aufgelegt hat, eine objektive Eignung zur Verfolgung eines Zwecks der öffentlichen Sicherheit dann nicht mehr angenommen werden, wenn sich dieser Fahndungsaufruf bereits erledigt hat. Das vorlegende Gericht wird somit prüfen müssen, welche Zwecke mit dem ursprünglichen Fahndungsaufruf verfolgt worden sind und ob diese Zwecke sich mit der Flucht von Natascha K. und der sich unmittelbar anschließenden Selbsttötung ihres Entführers nicht bereits erledigt hatten.
Sollte das vorlegende Gericht zu dem Ergebnis kommen, dass mit der Fahndung noch weitere Zwecke verfolgt wurden, die sich nicht erledigt hatten, wie etwa die Fahndung nach einem potenziellen Mittäters, so wird es weiter prüfen müssen, ob die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Fotografien in den Zeitungen und der Zeitschrift objektiv geeignet war, zu diesem weiteren Fahndungszweck beizutragen. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass auch Zeitungsartikel, in denen selbst nicht zu einer Fahndung aufgerufen wird, objektiv geeignet sind, zu einer Fahndung der öffentlichen Sicherheitsbehörden beizutragen. In dem Artikel muss aber zumindest ein Bezug zu einer weiterhin laufenden Fahndung hergestellt werden. Weiter muss die Veröffentlichung der Bilder objektiv geeignet sein, diesen weiteren Fahndungszweck zu fördern. Das nationale Gericht würde in dieser Konstellation somit insbesondere prüfen müssen, ob die Veröffentlichung von acht Jahre alten Fotografien und eines Phantombilds der Entführten objektiv geeignet sein kann, einen potenziellen Mittäter aufzufinden, der unter Einsatz derselben Fotografien bereits vor acht Jahren nicht aufgefunden worden ist.“

Zudem könnten sich Medien nicht unmittelbar „über den Kopf der zuständigen Sicherheitsbehörden hinweg“ auf diese Bestimmung berufen, um eine Vervielfältigung ohne Zustimmung des Urhebers zu rechtfertigen.

Die Ausführungen sind nachvollziehbar und im Ergebnis sicherlich sachgerecht. Ob es der EuGH auch so sieht, werden wir nach der Urteilsverkündung berichten. (be)

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