Der EuGH hat durch die Klarstellung, dass Google aufgrund der systematischen Verknüpfung von personenenbezogenen Daten als Datenverarbeiter einzustufen ist, den Weg freigemacht für eine Entfernung von Verlinkungen, deren Inhalt nicht rechtsverletzend sein muss. Es genügt demnach,
“dass die Informationen in Anbetracht aller Umstände des Einzelfalls den Zwecken der in Rede stehenden Verarbeitung durch den Suchmaschinenbetreiber nicht entsprechen, dafür nicht oder nicht mehr erheblich sind oder darüber hinausgehen”.
Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung ist für eine Entfernung ebenso wenig erforderlich wie ein Schaden. Über das Urteil haben wir bereits hier und hier berichtet.
Das Formular ist an eher unpopulärer Stelle bei Google zu finden und wirkt auf den ersten Eindruck durchaus übersichtlich und damit benutzerfreundlich. Nach der Angabe des Landes, dessen Datenschutz-Gesetze für den Fall anwendbar sind, muss der Nutzer seinen Namen in das vorgegebene Pflichtfeld eingeben. Lässt man sich von einem Anwalt vertreten, muss auch der Anwalt seinen Namen und seine Stellung als Rechtsanwalt angeben. Erforderlich ist weiter die Angabe einer E-Mail-Adresse. Im Anschluss kopiert man die fragliche URL in das Formular. Will man mehrere Verlinkungen entfernen lassen, muss man jede einzelne URL in ein eigenes Feld eingeben. Weiterhin muss man in den Fällen, in denen es nicht sofort ersichtlich, warum sich die Verknüpfung auf die betroffene Person bezieht, eine diesbezügliche Erklärung abgegeben werden.
Wichtig ist die nachfolgend für jede URL abzugebende Erklärung, warum man die Entfernung der Verlinkung wünscht. Google fasst die diesbezüglichen Vorgaben der EU-Datenschutzrichtlinie (Richtlinie 95/46) vereinfacht unter den Begriffen “irrelevant, veraltet und anderweitig unangemessen” zusammen. Trifft eine dieser Voraussetzung auf die über die Suchmaschine verlinkte Information zu, besteht grundsätzlich ein Recht auf Entfernung.
Etwas anderes gilt nur, wenn wegen besonderer Umstände des Einzelfalls das Informationsinteresse der Öffentlichkeit gegenüber dem Interesse auf Datenschutz des Einzelnen überwiegt. Solche besonderen Umstände liegen nach den groben Vorgaben des EuGH vor, wenn der verlinkte Inhalt eine Person des öffentlichen Lebens betrifft, beispielsweise Prominente, Politiker aber auch Amtsträger. Man kann unter Umständen auch schon allein durch sein Verhalten in der Öffentlichkeit zu einer Person des öffentlichen Interesses werden. Die genauen Abwägungskriterien werden wohl erst durch die nationalen und europäischen Gerichte herausgearbeitet werden können.
Google kündigt im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Löschungsformular großspurig an, dass jeder einzlene Antrag individuell geprüft werden wird, wobei jeweils eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorgenommen werden soll. Unabhängig davon, ob Google sich in der Praxis wirklich an diese Ankündigung halten wird, ist mit einer erheblichen Bearbeitungszeit der eingehenden Anträge zu rechnen. Es ist daher ratsam, flankierend zum automatisierten Löschungsantrag über einen Anwalt ein weiteres Schreiben an die nach den Vorgaben des EuGH rechtlich nunmehr endlich verantwortliche Zweigniederlassung von Google in Hamburg zu versenden. Erfahrungsgemäß reagiert Google, wie sämtliche weiteren Großkonzerne, erheblich schneller, wenn man sein Anliegen über eine spezialisierte Kanzlei vermittelt.
Es bleibt festzuhalten, dass das Löschungsformular von Google nur ein erster Schritt als Reaktion auf das Urteil des EuGH ist, worauf Google auch ausdrücklich hinweist:
“Wenn Sie Inhalte entfernen lassen möchten, füllen Sie bitte das unten stehende Formular aus. Bitte beachten Sie, dass es sich bei diesem Formular um eine erste Maßnahme handelt. In den nächsten Monaten werden wir eng mit Datenschutzbehörden und anderen Stellen zusammenarbeiten und unsere Mechanismen verbessern.”
Dass man als Nutzer allein durch das Versenden des ausgefüllten Formulars eine zeitnahe Erledigung seines Anliegens erreicht, darf aber aufgrund der bisherigen Erfahrungen hinsichtlich automatisierter Verfahren bei Google zumindest nachhaltig bezweifelt werden.
Ganz wichtig ist abschließend auch hier noch einmal der Hinweis, dass die zugrunde liegenden Daten und Informationen entgegen vieler Berichterstattungen nicht gelöscht werden. Es gibt also kein Recht auf Vergessen, lediglich die Auffindbarkeit der Informationen über Suchmaschinen bei Eingabe des Namens wird eingeschränkt.
Die Betonung liegt dabei auf “eingeschränkt”. Das Auffinden der Informationen ist durch ein bewusstes Umgehen der Ländersperrungen, beispielsweise über einen Proxy-Server oder ein Tor-Netzwerk, problemlos möglich. In diesen Fällen erkennt Google nicht, dass die Suchanfrage tatsächlich aus Deutschland oder einem anderen Mitgliedstaat der EU kommt und gibt die Verlinkung auf die fraglichen Inhalte uneingeschränkt frei.
Es bleibt im Ergebnis also dabei: Das Internet vergisst nicht. Google vergisst nicht. Und deshalb sollte jeder mit der Preisgabe persönlicher Informationen im Internet weiterhin äußerst sorgfältig umgehen. (ha)[:]