Sommerzeit ist Urlaubszeit. Und wer bei den herbstlichen Temperaturen des Sommers 2012 im Büro ausharren muss, möchte wenigstens vom Urlaub träumen. Des Deutschen Sehnsucht nach Sonne, Strand und Palmen macht sich der Boulevard alljährlich zueigen, indem er lange Fotostrecken mit urlaubenden Prominenten abbildet.
Besonders beliebt sind dieses Jahr Fotostrecken von urlaubenden Fußballern: So konnte man auf www.bild.de beispielsweise in den letzten Tagen an den Strandurlauben von Mario Gomez, Sami Khedira und Rafael van der Vaart teilhaben. Dabei erfolgte die Aufmachung weitgehend nach dem gleichen Muster: Fußballer (freier Oberkörper, Badeshorts) planscht verliebt mit seiner Freundin (knapper Bikini) in den Wellen oder turtelt mit selbiger auf einem Bootssteg / einer Yacht, während in dem dazugehörigen Artikel neben der Nennung des Urlaubsortes in äußerst knappen Worten auf die zurückliegende Europameisterschaft oder die Vorbereitung auf die kommende Saison Bezug genommen wird.
Dass die Verbreitung von Bildnissen nach § 22 KUG grundsätzlich nur mit Einwilligung des Betroffenen zulässig ist, haben wir bereits an anderer Stelle erwähnt. Ebenso, dass eine Veröffentlichung ohne Einwilligung gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, ausnahmsweise rechtmäßig sein kann, wenn es sich um ein Bildnis aus dem Bereich des Zeitgeschichte handelt.
Da wir nicht wissen, ob die o.g. Fußballer gegenüber Bild Online eine Einwilligung erteilt haben, widmen wir uns im Folgenden der Frage, was wäre, wenn keine Einwilligung erteilt worden sein sollte? Hierbei helfen uns drei Damen weiter, die man mit Strandurlaub zunächst nicht in Verbindung bringt: eine Ex-Ministerpräsidentin, eine Ex-Tagesthemen-Moderatorin und – wie fast immer, wenn es um Persönlichkeitsrechte geht – eine monegassisches Prinzessin. Sie alle drei setzten sich vor Gericht – teils erfolgreich, teils erfolglos – gegen Veröffentlichungen von Bildnissen aus ihrem Privatleben zu Wehr. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass es sich in keinem der drei Fälle um Strandaufnahmen handelte.
Entscheidungsspielraum der Presse betrifft auch unterhaltende Beiträge
Ausgangspunkt für die Frage, ob im jeweils konkreten Fall von einer Unzulässigkeit der Veröffentlichung mangels Einwilligung ausgegangen werden muss, sind die nachfolgenden Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG in NJW 2000, 1021):
Es trägt der Bedeutung und Tragweite der Pressefreiheit Rechnung, ohne den Persönlichkeitsschutz unverhältnismäßig zu beschneiden, dass der Begriff der Zeitgeschichte in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG nicht nach Maßgabe einer richterlichen Inhaltsbestimmung etwa allein Vorgänge von historischer oder politischer Bedeutung erfasst, sondern vom Informationsinteresse der Öffentlichkeit her bestimmt wird. Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist. Unterhaltende Beiträge sind davon, wie dargelegt, nicht ausgenommen.
Die Ex-Ministerpräsidentin, welche gegen Fotos vorging, die sie am Tag nach ihrem Amtsverlust bei einer Shopping-Tour zeigten, scheiterte an diesem Entscheidungsspielraum der Presse:
Die politischen Akteure müssen sich am Maßstab ihrer Sphäre messen lassen und können sich, soweit ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht, der Berichterstattung der Presse nicht ohne Weiteres unter Berufung auf ihre Privatheit entziehen, wenn sie etwa auf Misserfolgserlebnisse in bestimmter Weise reagieren (BGH in NJW NJW 2008, 3134).
Beitrag zur Sachdebatte erforderlich
Der Ex-Tagesschaumoderatorin, welche sich gegen die Veröffentlichung von anlässlich eines Stadtbummels in Paris gefertigten Aufnahmen wehrte, war hingegen Erfolg beschieden:
Eine über die Wortberichterstattung hinausgehende Information mit hinreichendem Nachrichtenwert zur Orientierung in einer die Allgemeinheit interessierenden Sachdebatte fehlt. Die Berichterstattung diente erkennbar dazu, die visuelle Neugier sowie das Unterhaltungsbedürfnis der Leserschaft zu befriedigen. Der Text auf dem Titelblatt und der Bericht im Innenteil befassen sich spekulativ mit der Liebesbeziehung der Abgebildeten und deren Absicht, die Ehe zu schließen (BGH in NJW NJW 2009, 1502).
Wortberichterstattung ausschlaggebend, auch wenn sie einen anderen Kontext betrifft
Im Falle der monegassischen Prinzessin, welche die Veröffentlichung von Fotos, die sie im Skiurlaub in St. Moritz zeigten, verhindern wollte, entschied das Bundesverfassungsgericht zwar, dass der Abbildung selbst keine Information über ein zeitgeschichtliches Ereignis oder ein Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse zu entnehmen sei. Verhindern konnte sie die Veröffentlichung gleichwohl nicht, da zeitgleich zu dem Skiurlaub ihr Vater im Sterben lag:
Gegenstand der Wortberichterstattung ist jedoch auch die Erkrankung des damals regierenden Fürsten von Monaco und damit ein zeitgeschichtliches Ereignis im dargelegten Sinn, über das die Presse berichten darf. Insofern kommt es auf den redaktionellen Gehalt und die Gestaltung dieses Artikels nicht an, da die Garantie der Pressefreiheit es nicht zulässt, das Eingreifen dieses Grundrechts von der Qualität des jeweiligen Presseerzeugnisses oder redaktionellen Beitrags abhängig zu machen. Das gilt auch, soweit der Artikel das Verhalten von Familienmitgliedern während der Krankheit des Fürsten betrifft, zumal die Kl. die Wortberichterstattung auch in diesem Punkt nicht angegriffen hat. Diese Berichterstattung wird mit der beanstandeten Abbildung belegt und illustriert. Bei dieser Sachlage sind überwiegende berechtigte Interessen der Kl., die einer Veröffentlichung der Abbildung entgegenstehen könnten, bei der gebotenen Würdigung der Berichterstattung in ihrer Gesamtheit nicht zu erkennen (BGH in NJW 2007, 1977).
Auf unsere Strandbilder bezogen sind aus den vorgenannten Entscheidungen folgende Schlüsse zu ziehen: Ob die Veröffentlichung von Fotografien von Fußballern im Strandurlaub zulässig ist, richtet sich in erster Linie nach der begleitenden Wortberichterstattung. Liefert diese einen Beitrag zu einer die Allgemeinheit interessierenden Sachberichterstattung, ist die Veröffentlichung der Fotografie ohne Einwilligung des Betroffenen in der Regel wohl selbst dann zulässig, wenn zwischen der Fotografie und der Wortberichterstattung kein innerer Zusammenhang besteht. Insofern wird sich Bild Online im Fall der Strandbilder auch bei fehlender Einwilligung wohl mit dem Argument zurücklehnen können, man habe ja begleitend geschrieben, dass der jeweilige Fußballer die gescheiterte Europameisterschaft verarbeite bzw. sich geistig bereits auf die neue Saison vorbereite und damit einen Beitrag zur Sachdebatte geliefert, wodurch die Veröffentlichung der Fotografie rechtmäßig werde. Vor diesem Hintergrund dürften wohl auch bei fehlender Einwilligung der Fußballer keine Unterlassungsansprüche zu fürchten sein.
Nicht unerwähnt lassen wollen wir in diesem Zusammenhang, dass die vorgenannten Ausführungen selbstverständlich dann nicht gelten, wenn Prominente sich ohne Badebekleidung in einer abgelegenen Bucht aufhalten. So geschehen im Fall von Dieter Bohlen, der vom Landgericht Hamburg für die Veröffentlichung von FKK-Ausnahmen in einer Illustrierten eine Geldentschädigung in Höhe von EUR 40.000,00 zugesprochen bekam (LG Hamburg; Urteil vom 29.05.2009 – 324 O 951/08). Doch so weit lassen es die Fußballer sicherlich nicht kommen. Und auch Herrn Bohlen möchte man zurufen: Bitte rufen Sie sich beim nächsten Mal unsere Artikelüberschrift in Erinnerung! (AB)
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