Verfahrensgegenstand war eine Fotografie, welche eine alkoholkranke Schauspielerin beim Verlassen einer Entzugsklinik mitsamt ihrem Ehemann (gleichzeitig Manager) sowie ihrem minderjährigen Kind (dem Adoptivsohn ihres Ehemanns) zeigte. Diese Fotografie, welche heimlich aufgenommen worden war, wurde unter der Überschrift „K – Drama um ihr Kind! Der leibliche Vater ist in Sorge“ in einer Zeitschrift veröffentlicht. Alle drei Abgebildeten machten daraufhin gegenüber dem verantwortlichen Verlag Unterlassungsansprüche geltend. Sie waren der Auffassung, dass sich die Unzulässigkeit bereits aus der Heimlichkeit der Aufnahme ergebe. Außerdem zeige die Fotografie sie in einer erkennbar privaten und zurückgezogenen Situation, welche – wenn überhaupt – nur einen untergeordneten Bezug zu der Alkoholerkrankung der Schauspielerin aufweise.
Die Beklagte hingegen trug vor, dass die Schauspielerin durch eine langjährige und massive Zurschaustellung privater Angelegenheiten das Interesse an ihrer Person bewusst gefördert habe. Tatsächlich hatten die Schauspielerin und ihr Ehemann ihr gemeinsames Eheleben umfangreich in den Medien vermarktet. Auch die Alkoholabhängigkeit der Schauspielerin wurde von dem Ehepaar im Nachgang zu einem verunglückten TV-Auftritt umfassend in den Medien thematisiert. Dies ging so weit, dass sie sich im Rahmen von zwei Exklusiv-Titelgeschichten und einer TV-Reportage zu einer „Alkoholbeichte“ bereit erklärt hatte. Im Rahmen der TV-Reportage wurde im Übrigen in einer zehnsekündigen Sequenz dieselbe Situation gezeigt, welche auch der streitgegenständlichen Fotografie zugrunde lag. Ob die TV-Sequenz mit Zustimmung der Betroffenen ausgestrahlt wurde, blieb vor dem Landgericht Köln streitig. Nach Auffassung des Gerichts kam es hierauf aber auch gar nicht an.
Keine Unterlassungsansprüche für die Schauspielerin und ihren Ehemann
In Bezug auf die Schauspielerin und ihren Ehemann kam das Landgericht Köln unter Zugrundelegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem Schluss, dass keine Unterlassungsansprüche bestehen. In Bezug auf diese beiden Personen handle es sich bei der Fotografie um ein Bildnis der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Zu diesem Schluss kam das Gericht schlicht und ergreifend, weil das Ehepaar aus freien Stücken Bereiche ihres Lebens, die eigentlich der geschützten Privatsphäre zuzuordnen wären, öffentlich gemacht hatte:
„Das streitgegenständliche Foto sowie die begleitende Wortberichterstattung stehen im Zusammenhang mit der Alkoholerkrankung der Klägerin zu 2 und deren Umgang damit. Die Kläger zu 1 und zu 2 haben diese Umstände selbst in die Öffentlichkeit gebracht und in Fernsehinterviews und bebilderten Printinterviews thematisiert. Die Klägerin zu 2 hat sich in diesem Zusammenhang zu dem Klinikaufenthalt und ihrer Entlassung aus der Klinik in diversen Medien geäußert. Die Entlassung aus dieser Entzugsklinik nun ist Gegenstand der streitgegenständlichen Bildnisveröffentlichung. Diese Szene wäre zwar eigentlich und überwiegend der Privatsphäre zuzurechnen; im Fall der Kläger zu 1 und zu 2, die tatsächlich private Dinge im Allgemeinen und die Alkoholerkrankung und den Aufenthalt in der Entzugsklinik im Speziellen offensiv über die Medien diskutiert haben, ist gleichwohl von einem zeitgeschichtlichen Ereignis auszugehen. Hierzu haben die Kläger zu 1 und zu 2 letztlich auch ihr privates Alltagsleben gemacht, indem sie selbst öffentlich thematisiert haben, dass die Klägerin zu 2 sich in einer Entzugsklinik befindet und wie die Kläger nach dem Klinikaufenthalt mit dem Alkoholproblem der Klägerin zu 2 umgehen würden. Dieses Leben nach dem Aufenthalt in der Entzugsklinik aber wird durch das streitgegenständliche Lichtbild in seinem speziellen Veröffentlichungskontext dokumentiert.”
Weil die Ehepartner den Schutz ihrer eigenen Privatsphäre hinter das Interesse an einer Vermarktung ihrer Person gestellt hatten, sah das Gericht letztlich auch keine überwiegenden Interessen, welche der Bildnisveröffentlichung gemäß § 23 Abs. 2 KUG entgegenstehen könnten:
„Zwar handelt es sich im Ausgangspunkt um eine Szene, die einen alltäglichen Rückzugsbereich beträfe, die auch bei Prominenten geschützt sind […] Allerdings haben die Kläger zu 1 und zu 2 selbst private und alltägliche Umstände, die den vorliegend abgebildeten thematisch vergleichbar sind, einzelnen Medien zum Zwecke der Veröffentlichung zugänglich gemacht […] Auch haben die Kläger zu 1 und zu 2 nach der Entlassung der Klägerin zu 2 aus der Klinik der Veröffentlichung von Fotos zugestimmt, die sie und ihre Familie im Urlaub zeigen und mit denen sie dokumentieren wollten, dass der Weg der Klägerin zu 2 zurück in den Alltag gelingt und die Familie den Belastungen standhält („Wir statt Bier”). Die Gestaltung des Alltags nach der Rückkehr aus der Entzugsklinik, den die Klägerin auch in Interviews gegenüber der „O” thematisiert hat, ist jedoch gerade der Gegenstand der streitgegenständlichen Bildberichterstattung. Den Schutz der Privatsphäre hat die Klägerin zu 2 danach selbst hinter das Interesse an der Vermarktung der eigenen Person gestellt. Folgerichtig kann sie hierauf – vorbehaltlich veränderter Umstände – grundsätzlich keine Persönlichkeitsrechtsverletzung gründen, die dazu führen würde, dass ihre berechtigten Interessen, das selbst geschaffene öffentliche Interesse an diesen Umständen überwiegen könnten. Denn der Umfang des Privatsphärenschutzes wird eben wesentlich auch durch das eigene Verhalten der betroffenen Person definiert“.
Auch die Heimlichkeit der Herstellung der Aufnahme – so das Gericht weiter – führt in Bezug auf die Schauspielerin und ihren Ehemann zu keinem anderen Ergebnis.
Unterlassungsanspruch für das Kind der Schauspielerin gegeben
In Bezug auf das Kind der Schauspielerin kam das Gericht indessen zu einem anderen Ergebnis und sprach aufgrund dessen besonderen Schutzbedürftigkeit einen Unterlassungsanspruch zu:
Es ist aber anerkannt, dass Kinder eines besonderen Schutzes hinsichtlich der Gefahren, die von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer an Abbildungen von Kindern ausgehen, bedürfen, weil sie sich zu eigenverantwortlichen Personen erst entwickeln müssen […] Deren Persönlichkeitsentfaltung kann durch die Berichterstattung in Medien empfindlicher gestört werden als diejenige von Erwachsenen. Der Bereich, in dem Kinder sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, muss deswegen umfassender geschützt sein als derjenige erwachsener Personen […] Zur Entwicklung der Persönlichkeit gehört es, sich in der Öffentlichkeit angemessen bewegen zu lernen. Dies gilt auch für Kinder, deren Eltern von zeitgeschichtlicher Bedeutung sind. Zwar wird es regelmäßig an einem Schutzbedürfnis fehlen, wenn sich Eltern mit ihren Kindern bewusst der Öffentlichkeit zuwenden, etwa gemeinsam an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen oder gar in deren Mittelpunkt stehen. […] Im Übrigen kann der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zugunsten spezifischer Eltern-Kind-Beziehungen grundsätzlich aber auch dort eingreifen, wo es an den Voraussetzungen der örtlichen Abgeschiedenheit fehlt.
Den Umstand, dass in der Vergangenheit auch dem Kind in der medialen Selbstdarstellung der Schauspielerin eine nicht unbeachtliche Rolle zugekommen war, hielt das Gericht zwar grundsätzlich für bedeutsam. Jedoch kam es im Rahmen der Abwägung nach § 23 Abs. 2 KUG dennoch zu dem Ergebnis, dass kein überwiegendes Interesse der Berichterstattungsfreiheit feststellbar sei:
„Jedoch überwiegt bei Abwägung der widerstreitenden Interessen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers zu 3 das Berichterstattungsinteresse der Beklagten. Denn es ist beachten, dass es sich bei der Abholung der Mutter aus einer Entzugsklinik um eine Szene handelt, die den Rückzugsbereich eines Kindes betrifft, der auch bei Kindern von Prominenten geschützt ist. Denn auch diese haben das berechtigte und grundsätzlich geschützte Interesse, nicht zu jeder Zeit und in rein privaten Situationen Gegenstand der Berichterstattung zu werden. Es handelt sich vor dem Hintergrund der Erkrankung der Klägerin zu 2 und der mit dieser Krankheit verbundenen Belastungen auch des Klägers zu 3 im Alltag bei der Entlassung aus der Entzugsklinik um einen Moment des Wiedertreffens, mithin einen Moment sensiblen Charakters – auch für die Entwicklung des Klägers zu 3 und seiner Beziehung zu seiner Mutter – der besonders schutzwürdig ist, da den Kläger zu 3 in einem emotional besonders verletzlichen Moment abbildet wird […] Die Kammer hat nicht verkannt, dass der Kläger zu 3 bereits in bestimmten Medien abgebildet wurde. Es besteht jedoch ein Unterschied zwischen Situationen, in denen ein Kind sich aus eigenem Willen mittels Fotografien in die Öffentlichkeit begibt oder durch Fotografien, hinsichtlich derer keine Einwilligung vorlag, unfreiwillig in die Öffentlichkeit gezogen wird. Eine Selbstöffnung des Klägers zu 3 hinsichtlich sämtlicher auf die Alkoholkrankheit der Klägerin zu 2 bezogener Fotos kann – im Gegensatz zu den Klägern zu 1 und zu 2 – nicht angenommen werden, da dieser sich insofern weder bildlich hat darstellen lassen noch sich zu Wort gemeldet hat; vielmehr wurde lediglich über ihn gesprochen“.
Die Entscheidung des Landgerichts Köln wendet die höchstrichterliche Rechtsprechung konsequent an und kommt auf dieser Grundlage zu einem einwandfreien Ergebnis. Unter praktischen Gesichtspunkten hat das Urteil folgende Auswirkungen: Die Fotografie darf grundsätzlich erneut abgedruckt werden, jedoch muss das Kind der Schauspielerin unkenntlich gemacht werden.
Was ist für Sie aus dem Urteil zu lernen?
Wenn Sie ein Star sind oder ein solcher zu werden gedenken, halten Sie sich an folgende Spielregeln: Widerstehen Sie der Versuchung, Pleiten, Pech und Pannen in Ihrem Leben im Rahmen von Exklusiv-Interviews und Fernsehreportagen zu thematisieren! Denn dann geben Sie der Presse de facto einen Freibrief, immer und immer wieder eine neue bebilderte Geschichte über Ihr Sex-Drugs-&-Rock’n’Roll-Leben zu erzählen. Verzichten Sie aber auch darauf, den Mutter-Theresa-Aspekt in ihrer Persönlichkeit zu sehr in der Öffentlichkeit herauszukehren! Denn dann hat die Presse gegebenenfalls ein leichtes Spiel, Ihr Mutter-Theresa-Image mit zwielichten Bildern in Frage zu stellen, wenn Sie sich einmal so richtig daneben benehmen. Und halten Sie um Himmels Willen Ihre Kinder von den Medien fern! Denn je mehr Sie Ihr Kind der Öffentlichkeit preis geben, umso mehr muss auch dieses sich gegebenenfalls Eingriffe in seine Privatsphäre gefallen lassen. Sofern Sie sich an diese Spielregeln halten, haben Sie gute Chancen, dass Sie und Ihre Familie unbehelligt von unerwünschter Wort- und Bildberichterstattung Ihr Privatleben als (kommender) Star genießen können. (ab)
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