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Schmutzige Wäsche im Vatikan

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Heute berichten wir nochmal ausführlich über den aktuellen Rechtsstreit zwischen Papst und Titanic – inklusive rechtlicher Würdigung.

Für die einen ist er der Stellvertreter Christi auf Erden, für die anderen ein in mittelalterlichen Traditionen verhafteter absoluter Monarch. Dass Papst Benedikt XVI es gleichwohl versteht, die Errungenschaften des modernen Rechtsstaats in Anspruch zu nehmen, hat er gestern vor dem Landgericht Hamburg bewiesen: Wie u.a. der Focus und die FAZ berichteten, erwirkte der Papst eine einstweilige Verfügung, gegen das Satire-Magazin „Titanic“. Gegenstand des gerichtlichen Verbots ist die die Verbreitung der Titelseite der aktuellen Ausgabe, welche unter der Schlagzeile „Halleluja im Vatikan – Die undichte Stelle ist gefunden!“ ein Bildnis Benedikt XVI verwendet, auf dem dessen weiße Soutane im Schrittbereich mit einem großen gelben Fleck beschmutzt ist. Die Rückseite des Heftes, welche ebenfalls von dem Verbreitungsverbot umfasst ist, ziert offenbar unter der weiteren Schlagzeile „Noch eine undichte Stelle gefunden!“ eine Rückansicht des Papstes, welche in dessen Gesäßbereich einen bräunlichen Fleck aufweist.

Der Vatikan sieht in den jeweiligen Flecken Rückstände von Exkrementen und hält – wie auch das Landgericht Hamburg – eine nicht hinnehmbare Persönlichkeitsrechtsverletzung für gegeben. Die Herausgeber der Titanic halten dagegen, bei den Flecken handle es sich lediglich um Limonade und Schokoladenkuchen, welche der Papst im Freudentaumel über die Aufklärung der sogenannten „Vatileaks-Affäre“ verschüttet habe. Ob sie damit zum Ausdruck bringen wollen, bei dem verwendeten Bildnis handle es sich um keine Fotomontage, entzieht sich unserer Kenntnis, jedoch erscheint es schwer vorstellbar, dass sich der Papst tatsächlich mit entsprechend auffälligen Flecken in der Sichtweite von Fotografen blicken lässt. Die Betreiber des Magazins wollen sich jedenfalls gegen das Verbreitungsverbot notfalls bis zum „Jüngsten Gericht“ zur Wehr setzen.

Das Spannungsverhältnis der hier einschlägigen Grundrechtspositionen – allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 1 Abs. 1 GG) auf Seitens des Papstes, und Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) bzw. Meinungs- / Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) auf Seiten der Herausgeber – hat die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits in einer Vielzahl von Entscheidungen beschäftigt.

Ausgangspunkt für die Frage, welches Grundrecht im Einzelfall überwiegt, ist die Überlegung, dass eine Satire zunächst in ihren Aussagekern und ihre Einkleidung zerlegt werden muss, um ihren eigentlichen Inhalt zu ermitteln. Im Anschluss müssen Aussagekern und Einkleidung gesondert daraufhin überprüft werden, ob sie eine Kundgabe der Missachtung der karikierten Person enthalten. Dabei unterliegt die satirische Einkleidung weniger strengen Prüfmaßstäben als die Beurteilung des Aussagekerns, weil es der Satire wesenseigen ist, mit Übertreibungen, Verzerrungen und Verfremdungen zu arbeiten (vgl. BGH, GRUR 2004, 590).

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Grenzen des guten Geschmacks und des einwandfreien Sprachgebrauchs im Rahmen der Satire durchaus überschritten werden dürfen, weil eine Niveaukontrolle gerade nicht stattfinden darf. Der Abgebildete ist daher bei einer Fotomontage nur dann vor einer karikierenden Darstellung geschützt, wenn diese die von der Rechtsordnung gezogenen Grenzen, z.B. das Verbot unzulässiger Schmähkritik oder der Beleidigung überschreitet (vgl. BGH aaO).

Ob dies vorliegend der Fall ist, wird sich herausstellen, wenn die Herausgeber tatsächlich Widerspruch einlegen und der Rechtsstreit gegebenenfalls über mehrere Instanzen fortgeführt wird. Die Annahme, dass diese konkrete Satire die Grenzen der Rechtsordnung überschreitet, erscheint jedenfalls nicht vollkommen abwegig, wenn man sich vor Augen führt, dass der durchschnittliche Leser beim Anblick der Flecken wohl tatsächlich an Exkremente denken wird, zumal er durch die jeweiligen Schlagzeilen offensiv auf eine entsprechende Schlussfolgerung gelenkt wird und Inkontinenz bei älteren Herren (Benedikt XVI zählt derzeit 85 Jahre) bedauerlicherweise keine Ausnahmeerscheinung ist. Wenn man es auf die Spitze treiben will, könnte man vorliegend sogar eine Strafbarkeit nach § 166 StGB (Beschimpfung von religiösen Bekenntnissen) in Betracht ziehen.

Wie auch immer der Rechtsstreit letztlich ausgeht, eine Erkenntnis hat er schon jetzt gebracht: Allein der Umstand, dass der Papst zivilrechtliche Wege in Anspruch nimmt, um gegen die Satire vorzugehen, zeigt, dass er letztlich ein ganz normaler Mensch ist, genauso wie Du und ich. (ab)

(Bild: © WoGi – Fotolia.com)

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